Rubrik: Börsenvisionen

Bayer macht – so heißt es – Fortschritte den Rechtsstreit um eine möglicherweise krebsauslösende Wirkung des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup mit einem Elf-Milliarden-Dollar-Vergleich zu beenden. Ist das nun ein Grund zur Freude oder zur Trauer der Bayer-Aktionäre? Irgendwie beides. So richtig gute Laune haben die Anteilseigner von Bayer schon lange nicht mehr. Das hat einen Grund.

Grenke hat Warth & Klein Grant Thorntonals, eine führende mittelständischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland, für ein unabhängiges Gutachten mandatiert. Das Gutachten soll sich unter anderem auf die Marktüblichkeit der Bewertungen, die Vorteilhaftigkeit für Grenke und die Validierung der geschlossenen Kaufverträge einschließlich der beteiligten Parteien erstrecken. Leerverkäufer Fraser Perring hält wohl weiter an seiner Position fest. Was sollten Anleger tun?

Dem amerikanischen Elektro-LKW-Hersteller Nikola hat sich der Shortseller Hindenburg angenommen. Die Rede ist von Manipulation, Größenwahn, Vetternwirtschaft oder vortäuschen falscher Tatsachen. Nikola hat die Anschuldigungen zurückgewiesen und Anzeige bei der Börsenaufsicht gestellt. Jetzt ist Nikola-Gründer und -Chef Trevor Milton zurückgetreten. Nachfolger wird Stephen Girsk, bisher Verwaltungsratmitglied und ehemaliger General Motors-Manager. Geht die Talfahrt weiter?

Die Börse bleibt bei Grenke in Habachtstellung und die Aktie somit anfällig für – empfindliche – Rückschläge. Freunde der Schwarmintelligenz könnten nun unken, dass dann wohl doch etwas dran sei an den Vorwürfen des bekannten Leerverkäufers (Shortsellers) Fraser Perring und dem Bericht seines Research-Dienstes Viceroy. Das Unternehmen geht in die Gegenoffensive.

Ceotronics hat kürzlich ein Rekordjahr abgeschlossen. Insbesondere die staatlichen Sicherheitskräfte sollten sollten in den kommenden Jahren in Kommunikationssysteme investieren (Terrorbekämpfung, Clan-Kriminalität). Anziehende Ausgabe erwartet Ceotronics auch von der Industrie (Werksfeuerwehren oder Energieversorger). Das Unternehmen hat einen satten Auftragsbestand in den Büchern. Wird sich die Aktie weiter nach oben bewegen?

Es wurde nie Liebe. Und der Name hielt auch nicht das, was er versprach. Die Rocket Internet-Aktie war allenfalls für kürzere Phasen ihres nun (wohl) bald endenden Börsenlebens eine Rakete. Nun soll Rocket Internet durch ein Aktienrückkaufprogramm und einem Abfindungsangebot von 18,75 Euro von der Börse verschwinden. Die Aktie dürfte nicht vermisst werden.

Ach, was sollen all die schnöden Bewertungszahlen und noch langweiligeren Kenngrößen. Bei Tesla wird die Zukunft gehandelt, mindestens. Es geht um …? Ja, um was eigentlich? Autobau? Neue Mobilität? Künstliche Intelligenz? Bei Tesla scheint das egal. Für einen Kursanstieg von gut 50 Prozent seit dem 11. August reicht ein banaler Aktiensplit. Gepriesen sei Elon Musks Charisma und sein unternehmerisches Fortune. Wie es mit der Aktie weitergeht.

Geht es bei Tesla um den Fahrzeugverkäufe oder um etwas ganz anderes? Künstliche Intelligenz? Ist Tesla eine Art Facebook nur noch viel genialer? Daten sind der Rohstoff der Zukunft. Und Tesla kann mit seinen Fahrzeugen jede Menge davon sammeln. Dabei lässt sich Tesla diese Sammeldienste auch noch bezahlen. Das muss ein Unternehmen erst einmal schaffen. Die Börse ist euphorisiert.

Hypoport verkündet die für das erste Halbjahr 2020 erhobenen operativen Kennzahlen ihrer Segmente Kreditplattform, Privatkunden und Immobilienplattform. Alle Kennziffern dieser transaktionsbasierten Geschäftsmodelle für den privaten Wohnimmobilienerwerb stiegen um mehr als 30 Prozent an. Hierdurch zeigt sich die Robustheit der digitalen Plattformgeschäftsmodelle Hypoports trotz der allgemeinen konjunkturellenLage in Deutschland im Zuge des Corona-Virus. Die Aktie erreicht ein Allzeithoch. Kann der Anstieg weitergehen?

Es ist eine dieser Wunder-Aktien in die diesem Jahr, trotz Corona und all den anderen Widrigkeiten: Northern Data (früher Northern Bitcoin). Der Rechenzentrum-Betreiber ist einer der weltweit größten Anbieter von sogenannten High-Performance-Computing (HPC)-Lösungen. Die Investment-Geschicht ist mit Cloud, KI, Digitalisierung sehr verführerisch. Die Frage ist: Rechtfertigt das die aktuelle Bewerung?

Der DAX-Wert Wirecard stellt beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Das ist schon ein bisschen pleite. Häme ist allerdings unangebracht. Der Schaden bei den Stakeholdern ist immens. Auch dürfte die ohnehin kaum vorhandene Aktienkultur in Deutschland erneut gelitten haben. Ist die Wirecard-Aktie – quasi in Liquidation – noch etwas wert?

Die Suche nach den 1,9 Milliarden Euro geht bei Wirecard weiter – und das könnte für Wirecard existenzbedrohend werden. Chef Braun tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Zuvor spricht er noch von einem Betrugsfall. War das schon Realitätsverlust? Später twittert er von einem „starken Businessmodel“. Es bleibt nur noch Kopfschütteln. Anleger können die Aktie für längere Zeit vergessen, sie ist zum Zockerpapier verkommen.