Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Arne Dehn (CEO, im Bild oben links) und Michael Bülter (CFO) von Stemmer Imaging (A2G9MZ). Dabei geht es um die Korrektur der Umsatzprognose 2023, eine Ebitda-Marge im oberen Bereich der Guidance, eine Ausschüttungsquote von mindestens 70 Prozent sowie „spannende Zielmärkte“ für Akquisitionen. Bis zum Jahr 2026 will der bayerische Bildverarbeitungsspezialist die Umsatzerlöse auf 240 Millionen Euro steigern, der Zielbereich für die Ebitda-Marge liegt bei 17 bis 21 Prozent.
Herr Dehn, im ersten Halbjahr 2023 war Stemmer Imaging mit einer Wachstumsrate von 8,3 Prozent noch dynamisch unterwegs, im dritten Quartal konnten auch Sie sich jedoch dem konjunkturellen Gegenwind nicht mehr entziehen. Wie bewerten Sie das aktuelle Marktumfeld?
Arne Dehn: Grundsätzlich sehen wir die Markttreiber in der Bildverarbeitung intakt und sind davon überzeugt, dass es sich bei der aktuellen marktbedingten Schwächephase um eine vorübergehende Phase handelt. Die Bildverarbeitungsbranche ist nach wie vor eine Wachstumsindustrie und bietet mit allen Entwicklungen rund um die Künstliche Intelligenz weiteres großartiges und innovatives Wachstumspotenzial. Wir geben der KI die Möglichkeit zu sehen!
Herr Bülter, bei der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen im August waren Sie noch von einer Erholung im vierten Quartal ausgegangen. Warum haben sich diese Hoffnungen nun zerschlagen?
Michael Bülter: Zum Halbjahresbericht gingen wir – analog den damals aktuellen grundsätzlichen Konjunkturprognosen – noch von einer Verbesserung im vierten Quartal insbesondere beim Auftragseingang aus. Leider können wir im Moment nur eine leicht verbesserte Dynamik im Vergleich zum dritten Quartal erkennen, weshalb wir unsere Umsatzprognose 2023 angepasst haben. Ein weiterer Einflussfaktor waren weiterhin die nach wie vor hohen Lagerbestände bei unseren Kunden, die zu einer stärkeren Kaufzurückhaltung geführt haben, als wir dies noch zum Halbjahr erwartet hatten.
Trotz des nun erwarteten Umsatzrückgangs um drei bis sieben Prozent gegenüber 2022, prognostizieren Sie für das laufende Jahr eine Ebitda-Marge auf dem Vorjahresniveau von rund 18 Prozent und damit im oberen Bereich der prognostizierten Bandbreite von 15 bis 19 Prozent. Woraus resultiert diese Margenstärke?
Bülter: Die konsequente Umsetzung unserer strategischen Maßnahmen sorgt dafür, dass wir trotz verhaltener Marktdynamik und Einmalaufwendungen für die weitere Integration unseres spanischen Teilkonzerns weiterhin nachhaltig profitabel sind. Dazu gehört insbesondere die Implementierung unseres differenzierten Vertriebsmodells sowie ein ausgewogenes, strategisches Produktmanagement. Unsere konstant starke Ertragskraft ist aber auch Ausdruck der Skalierbarkeit und Digitalisierung unseres Geschäftsmodells, die durch Standardisierung und Automatisierung unserer Prozesse getrieben ist.
Auf diese Weise ermöglichen wir unseren Kunden einen effizienten Zugang zu unserem Portfolio und senken gleichzeitig die Transaktionskosten pro Vorgang. Die konsequente Weiterentwicklung unserer im April dieses Jahres neu gelaunchten Webseite ist hier ein großer Hebel. Ein weiterer Treiber für unsere Margenstärke ist der konsequente Ausbau unserer Mehrwertdienstleistungen im Rahmen unseres „Stemmer Imaging More“-Programms.
Können sich Ihre Aktionäre aufgrund dieser stabilen Ergebnisentwicklung für 2023 auf eine ähnlich attraktive Ausschüttung wie im Vorjahr einstellen oder war die Zahlung einer Sonderdividende zusätzlich zur regulären Dividende eine einmalige Sache?
Dehn: Im Rahmen der Aktualisierung unserer Mittelfrist-Guidance haben wir auch bekannt gegeben, zukünftig eine Ausschüttungsquote von mindestens 70 Prozent des Jahresergebnisses anzustreben. Die Dividende wird also nachhaltig attraktiv bleiben.
Herr Bülter, Sie haben die Integration Ihrer spanischen Tochter Infaimon angesprochen, diese verursacht einmalige Kosten im laufenden Jahr. Wie hoch sind diese und welche Vorteile erwarten Sie sich von einer stärkeren Einbindung des spanischen und lateinamerikanischen Teilkonzerns?
Bülter: Infaimon ist nun seit vier Jahren bereits Teil der Stemmer Imaging-Gruppe und wird ab dem kommenden Jahr ebenfalls unter dem Namen Stemmer Imaging auftreten. Diese Umfirmierung ist ein weiterer wichtiger Meilenstein im Integrationsprozess. Dabei werden wir die Stärken beider Gesellschaften bündeln und gemeinsam weiterentwickeln.
Aus der Harmonisierung und Zentralisierung von Strukturen, Prozessen und IT-Tools resultieren in Q3 Einmalkosten in Höhe von circa 1,2 Millionen Euro. Durch die damit ermöglichte Nutzung von Synergien im Rahmen der Zentralisierung von Funktionen werden wir zukünftig Einsparungen in Höhe von 1,7 bis 2,0 Millionen Euro pro Jahr realisieren. Ein weiterer belastender Ergebnis-Effekt von 0,9 Millionen Euro resultiert aus der außerplanmäßigen Abschreibung des Markennamens Infaimon. Wir sind davon überzeugt, dass durch diesen einheitlichen Unternehmensauftritt der Markenkern der Stemmer ImagingGruppe zum Wohle unserer Kunden weiter gestärkt wird.
Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf 2024? Gibt es bereits Anzeichen einer Entspannung beziehungsweise positiven Trendwende für die kommenden Quartale?
Bülter: Wir blicken vorsichtig optimistisch in das Jahr 2024 und gehen von einer Verbesserung insbesondere der Auftragseingangs- und Umsatzsituation spätestens im zweiten Halbjahr aus. Unsere bereits erwähnte geschärfte strategische Positionierung als Systemhaus der Bildverarbeitungstechnologie versetzt uns in die Lage, im Zuge einer allgemeinen konjunkturellen Erholung sowie im Rahmen des Abbaus der erhöhten Lagerbestände bei unseren Kunden wie in der Vergangenheit stärker als der Markt zu wachsen.
Kommen wir zurück zur Ergebnisentwicklung: Im Rahmen Ihrer neuen Mittelfrist-Guidance stellen Sie für das Jahr 2026 eine Ebitda-Marge von bis zu 21 Prozent in Aussicht. Was sind die größten Hebel für eine weitere Erhöhung der Profitabilität?
Dehn: Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass eine Verbesserung der Profitabilität nur möglich wird im Kontext der konsequenten Umsetzung unserer strategischen Stoßrichtung. Wir haben unsere strategische Positionierung in den vergangenen Monaten geschärft und platzieren uns als das Systemhaus der Bildverarbeitungstechnologie, das auf Basis eines starken Distributionsgeschäfts das gesamte Leistungsspektrum der Bildverarbeitung anbietet: von wertsteigernden Service, über die Entwicklung von Subsystemen bis hin zu eigenen Produkten. Damit sehen wir uns gut aufgestellt, auch weiterhin nachhaltig profitabel zu bleiben. Dies spiegelt die Erhöhung des Zielkorridors unserer Ebitda-Marge in unserer neuen Mittelfrist-Guidance wider.
Als neues mittelfristiges Umsatzziel haben Sie die Marke von 240 Millionen Euro bis zum Jahr 2026 ins Visier genommen. Welches organische Wachstum liegt dieser Planung zugrunde und welchen Anteil sollen Zukäufe am geplanten Umsatzsprung um rund 90 Millionen Euro in drei Jahren haben?
Bülter: Im Rahmen unserer Mittelfrist-Guidance gehen wir von einem zweistelligen organischen Umsatzwachstum aus. Hierbei ist die konsequente Umsetzung unserer Strategie ein wesentlicher Stellhebel, um die Möglichkeiten der intakten Langfristtrends im Markt zu nutzen und entsprechendes Wachstum zu generieren.
Unser mittelfristiges Umsatzziel beinhaltet darüber hinaus anorganisches Wachstum in Höhe von etwa 30 Millionen Euro. Spannend sind hierbei für uns Zielmärkte außerhalb von Europa, insbesondere in den USA, wo der Bildverarbeitungsmarkt noch deutlich weniger stark konsolidiert ist wie in Europa.
Apropos Buy-and-Build: Welche Kriterien muss Ihr nächstes Akquisitionsziel erfüllen und in welcher Dimension könnten Sie zukaufen?
Bülter: Natürlich sondieren wir laufend den Markt nach interessanten Targets. Seit Beginn der Corona-Pandemie haben wir aus unserer Sicht oft ungerechtfertigt hohe Bewertungen am Markt gesehen. Die Kaufpreiserwartungen haben sich in den vergangenen Monaten wieder normalisiert, was für uns natürlich Möglichkeiten bietet. Wir fußen unsere Entscheidungen hier im Wesentlichen auf drei Säulen: regionale Expansion, Stärkung unseres Technologieportfolios und kultureller Fit. Es muss auf allen Ebenen passen.
Herr Dehn und Herr Bülter, vielen Dank für das schnelle Interview!