Rubrik: Zatarra

Der DAX-Wert Wirecard stellt beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Das ist schon ein bisschen pleite. Häme ist allerdings unangebracht. Der Schaden bei den Stakeholdern ist immens. Auch dürfte die ohnehin kaum vorhandene Aktienkultur in Deutschland erneut gelitten haben. Ist die Wirecard-Aktie – quasi in Liquidation – noch etwas wert?

In den vergangenen Wochen verschickte Wirecard eine Vielzahl an Pressemitteilungen – allesamt mit positiven Inhalt. Meist ging es um neue Kunden, um neue Anwendungen oder neue Produkte. Zudem lieferte der Spezialist für Zahlungslösungen vor dem Weihnachtsfest noch sehr gute Quartalszahlen. All dies war auch nötig, damit die Aktie nun endlich ihren kurzfristigen Abwärtstrend brechen konnte – mit dem Sprung über die Marke von 43 Euro. Was ist nun die richtige Wahl? Aktie, Turbo oder Bonus?

Wirecard erhöht seine Prognose für das Jahr 2017. Der Betriebsgewinn (Ebitda) wird nun in einer Bandbreite von 382 bis 400 Millionen Euro erwartet. In den ersten neun Monaten kletterte der Betriebsgewinn um 35,1 Prozent von 158,4 Millionen Euro im Vorjahr auf 213,9 Millionen Euro. Der Cash-flow aus laufender Geschäftstätigkeit belief sich auf 179,2 Millionen Euro (2015: 133,3 Millionen Euro). Läuft, könnte man sagen …

Wirecard zählt wieder zu den Top-Performern im TecDAX. Auf Jahressicht steht nun ein Plus von knapp 26 Prozent bei einem Kursniveau von 45,80 Euro. Grund dafür sind gute Unternehmensnachrichten. Der Spezialist für Zahlungsabwicklung und Issuing steigerte den Umsatz im zweiten Quartal um 32,9 Prozent auf 240,2 Millionen Euro. Beim Betriebsgewinn (Ebitda) ging es überproportional um 34,3 Prozent auf 70,2 Millionen Euro nach oben. Auch auf der Akquise-Seite gibt es positive News …

Das Frühjahr war hektisch für das Wirecard-Management. Das bis dahin unbekannte Research-Haus Zatarra hatte ein Kursziel für die Wirecard-Aktie von 0 Euro genannt, gleichzeitig brach eine heftige Short-Attacke über die Aktie herein. Von einem Niveau bei 47 Euro (Ende Januar) rauschte die Aktie bis auf 31 Euro in den Keller, obwohl Vorstandschef Markus Braun jede Menge Aktien am Markt aufkaufte. Anschließend beruhigte sich die Situation. Jetzt können Anleger die Konsolidierung nutzen …

Muddy Waters zweifelt so ziemlich alles an, was Ströer macht, sagt und veröffentlicht: Das Geschäftsmodell laufe längst nicht so gut wie behauptet, der Cash-flow (laut Veröffentlichung: 92,4 Millionen Euro) sei signifikant niedriger und die Profitabilität sei eigentlich schlecht. Ströer verschleiere Transaktionen und die Angaben in den veröffentlichten Bilanzen seien ein Fake. Das sind sehr heftige Vorwürfe. Ströer sagt dazu: „Der Bericht ist weit hergeholt, mindestens tendenziös und im Ergebnis vollkommen haltlos.“

Wir erinnern uns: Das völlig unbekannte, selbsternannte Research-Haus Zatarra hatte ein Kursziel für die Wirecard-Aktie von 0 Euro (in Worten: Null Euro) genannt. Gleichzeitig war die Aktie einer heftigen Short-Attacke ausgesetzt. Von Kursen bei 47 Euro Ende Januar war der Titel bis in den Bereich von 31 Euro gedrückt worden, obwohl Wirecard-Vorstandschef Markus Braun jede Menge Wirecard-Aktien am Markt aufkaufte. Schon in den vergangenen Tagen stabilisierte sich die Wirecard-Aktie oberhalb der 30-Euro-Marke.

Der DAX nimmt vor dem Wochenausklang noch einmal so richtig Schwung und schiebt sich deutlich über die wichtige Chart-Marke von 9.300 Punkten. Dabei reißt er erneut eine kleine Kurslücke (Gap). Schluss nach oben scheint derzeit bei rund 9.600 Zählern zu sein. Dort befindet sich das Hoch vom 22. Februar und knapp darüber verläuft auch der kurzfristige Abwärtstrend, der sicherlich schon seinen Schatten vorauswirft. Was man spürt: Der DAX hat derzeit einen gewissen Aufwärtsdrang, den er aber nicht in vollen Zügen auslebt.

Wenn man nicht gerade selbst engagiert ist, liebt man als Börsianer doch solche Geschichten: Da meldet sich der bisher nahezu unbekannte [kein Mensch wusste von dem Laden zuvor] Research-Dienst Zatarra Research [ist das ein russischer Troll?] mit einer Studie zu Wirecard zu Wort. Kursziel, um es gleich vorweg zu nehmen: 0,00 Euro [in Worten: null Euro]. Grund: betrügerisches Geschäftsgebaren. Wirecard reagiert prompt und weist die Vorwürfe mit Nachdruck zurück und hat rechtliche Schritte gegen die Urheber des Berichts eingeleitet.

Das wundert nicht, denn die Aktie rauschte von 42 auf 32 Euro (minus 24 Prozent – siehe Chart) nach unten. Eine Attacke von Hedgefonds (Short-Sellern – Lesenswert: Wie Short Seller arbeiten. Interview mit Florian Homm). Inzwischen hat sich der Kurs wieder auf rund 36 Euro erholt. Aber die Unsicherheit ist im Markt.