Rubrik: Notenbank

Nun will die Federal Reserve und ihre Vorsitzende Janet Yellen also geduldig sein bei der Normalisierung der Geldpolitik. Geduldig steht schon vom Wortsinn her für einen sehr dehnbaren Zeitbegriff, allein von daher ist das Wort hervorragend gewählt, aus Sicht einer Notenbankerin. Geduld beinhaltet aber auch immer Nachsicht. Nicht so streng sein. Auch mal ein Auge zudrücken. Es gibt keine genauen Vorschriften, die das weitere Handeln regeln.

Eine Idee setzt sich durch
Auch die Notenbank konnte sie mit einer Leitzinserhöhung von 10,5 auf 17 Prozent nicht aufhalten. Trader haben sich entschieden den russischen Rubel, angesichts möglicher neuer Sanktionen, in den Keller zu handeln. Es herrschte blanke Panik an den Märkten. Der Rubel befand sich gegenüber Euro und Dollar zeitweise im freien Fall und erreichte neue Tiefststände.

Die russische Wirtschaft, die ohnehin schon in eine Rezession gerutscht ist, dürfte sich nun am Abgrund bewegen. Um den Kapitalabfluss und den Rubel-Verfall zu stoppen hat die russische Notenbank in einer Verzweiflungstat den Leitzins in der Nacht von 10,5 auf 17 Prozent angehoben. Die Maßnahme verpuffte recht schnell. Es ist ein Kantersieg für die Trader und Hedgefonds, die gegen den Rubel wetten und gewettet haben. Die russische Notenbank scheint inzwischen machtlos dem Rubel-Absturz gegenüber zu stehen. Man kennt das von anderen Währungskrise. Zuletzt in Asien und auch in Russland 1998.

Es wird ernst. Hedgefonds haben sich nun intensiver des russischen Rubels angenommen. Allein im vergangenen Monat hat der Rubel im Vergleich im Euro damit rund 35 Prozent an Wert verloren. Erst am vergangenen Donnerstag sah sich die russische Notenbank genötigt, den Leitzins auf von 9,5 auf 10,5 Prozent anzuheben. Genützt hat das wenig – aber wer weiß, wo der Rubel ohne diese Erhöhung notieren würde.

Hat Börse etwas mit Wirtschaft zu tun? Spontan ist man versucht zu sagen: ja, natürlich. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht, zumindest in Japan nicht. Dort läuft die Börse derzeit prächtig, nach all den Jahren der Maläse. Der Nikkei hat seinen langfristigen Abwärtstrend lang schon hinter sich gelassen und seit den Tiefpunkten 2003 und 2009 gut 10.000 Punkte zugelegt. Jetzt hat er ein 8-Jahreshoch erreicht und steht bei knapp 18.000 Zählern. Wird die Hausse auf diesem Niveau wieder in sich zusammenfallen, wie 2007? Darauf sollte man besser nicht wetten. Auch nicht, weil die Regierung in Tokio gerade bekanntgegeben hat, dass die Wirtschaft im dritten Quartal um 1,9 Prozent geschrumpft ist – und nicht, wie bislang prognostiziert um 1,6 Prozent. In Japan gelten mittlerweile andere Wirtschaftsgesetze.

Am Donnerstag tagt der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) zum letzten Mal in diesem Jahr. Präsident Mario Draghi wird im Anschluss an die Sitzung die geldpolitische Strategie der Notenbank darlegen. Viel Neues dürfte es nicht geben. Er wird sich vermutlich alle Möglichkeiten offenhalten, besonders die für weitere Lockerungen. Der Euro sinkt gegenüber dem Dollar schon mal – proaktiv – unter die Marke von 1,24 Dollar. Der Devisenhandel rechnet wohl schon fest mit Quantitative Easing (QE), also dem massenhaften Aufkauf von Staatsanleihen mit frisch gedrucktem Geld. Inzwischen sind schon die ersten Wunschlisten bei Draghi eingegangen …

Natürlich die Schweizer. Das Land mit all den Tresoren. Das war schon bei Asterix bei den Schweizern so, als man sich vor den Häschern in Schließfächern versteckt hat. In die Tresore der Schweizer Nationalbank (SNB) soll jetzt auch wieder Gold, so möchte es die Volksinitiative „Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)“. Mindestens 20 Prozent der Notenbank-Aktiva. Das Gold muss zudem in der Schweiz lagern und darf nicht mehr verkauft werden. Die Schweizer stimmen darüber am 30. November ab.

Jens und Mario begegnen sich in der Kantine des neuen EZB Gebäudes. Jens kommt gerade aus Passau. Mario am Mittwoch aus dem Wochenende.

Mario: Na Jens, das ist schon was anderes als dein grauer Klotz. Wir mögen es halt unkonventioneller.

Jens: Ich finde Beamte …

Mario: Ja, ja, bloß nixe inflationiere. Was nimmst du? Ich nehme die Spaghetti Arrabiata.

Jens: Vielleicht was Kleines … einen Salat … oder den Leberkäse mit Spiegelei …

Mario: Jens, ich lad‘ dich ein. Meine Karte ist frisch randvoll mit Geld aufgeladen. Wenn es hier an einem nicht mangelt, dann ist es Geld! Andere in der Kantine blicken bei dem Wort Geld auf.

Jens: Ach …

Es scheint angerichtet zu werden. Die Finanzmärkte mischen gerade einige klassische Zutaten für eine veritable Finanzkrise in Russland zusammen. Kapitalflucht: Wann immer es in einem Land bald krachen könnte, lässt schon ein Knarren die Köpfe starr aufrichten. Lauschen. Fliehen. 130 Milliarden Dollar (105 Milliarden Euro) werden wohl in diesem Jahr aus Russland abgezogen werden. Besonders schlimm ist das, wenn die Wirtschaft von ausländischem Kapital dominiert wird. Lediglich 30 Prozent der russischen Aktien wird von Russen gehalten. Wie sollen in dieser Stimmungslage neue Investitionen finanziert werden, ohne die Aussicht auf frisches Geld? Wie lassen sich Kredite bedienen oder eine Anschlussfinanzierung aushandeln? Derzeit wohl gar nicht. Dabei stehen russische Firmen im Ausland mit 330 Milliarden Euro in der Kreide. Der Brandgeruch eines Meltdowns des Industriesektors mit anschließenden Bankenpleiten ist schon zu riechen.

Japan hat vor allem ein Problem. Seine Wirtschaft kommt nicht in Gang. Zwar ist es nicht mehr so schlimm wie noch vor ein paar Jahren, aber so richtig gut ist es auch nicht. Das Wirtschafswachstum soll als Internationalen Währungsfonds in diesem und im nächsten Jahr bei knapp einem Prozent liegen. Wenigsten die Inflationsraten scheinen anzuziehen. Sie könnten nach jahrelanger Deflation oder Fast-Deflation 2,5 beziehungsweise 3,0 Prozent erreichen. Dafür hat Japan gewaltig was getan. Seit dem Amtsantritt von Premier Shinzo Abe Ende 2012 verfolgt die Bank von Japan eine ultralockere Geldpolitik. Flankiert wird diese Strukturreformen und staatliche Konjunkturprogramme für die Infrastruktur. Die Staatsverschuldung ist dadurch (und die vielen Konjunkturprogramme zuvor) bereits auf knapp 250 Prozent des Bruttoinlandprodukts geschnellt. Die Notenpressen der Zentralbank laufen bereits zügig.

All das reicht aber offenbar nicht. Japan muss Wachstumspünktchen immer teurer einkaufen. Ein Grund dafür könnte auch die alternde Bevölkerung sein, die immer weniger konsumiert und die wesentlichen Anschaffungen im Leben bereits getätigt hat. Nun sollen die Notenpressen noch schneller laufen. Die monetäre Basis soll verbreitet werden, wie es heißt.

I could spoil the markets with a single thought. Bildquelle: ECB [bearbeitet] [View the story „The hidden Draghi speaking“…