Rubrik: Europa

In diesen Tagen ist man ja Kummer gewohnt. Der September war mal wieder ein schlimmer Börsen-Monat. Gut, dass er vorbei ist, werden sich viele denken. Die Hoffnungen ruhen nun auf dem Jahresende und der traditionell zu diesem Zeitpunkt stattfindenden Kurs-Rallye. Doch wer weiß schon, ob diese nicht ausfällt, wegen China, wegen VW oder wegen der Fed oder … Auf jeden Fall tut es in diesem Börsen-Herbst gut, sich auch mal etwas Schönes anzusehen, zum Beispiel den Kursverlauf der VTG-Aktie.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat inzwischen nochmal nachgerechnet: Bis 2018 werden für Griechenland rund 50 Milliarden Euro Schulden fällig. So viel Geld braucht man somit allein zum tilgen, zusätzlich zu dem, was sonst noch so bezahlt werden muss. Wir haben es schon lange geahnt: Griechenland wird seine Schulden nicht mehr zurückzahlen können – nie mehr. Der IWF fordert deshalb nun einen Schuldenschnitt und 20 Jahre Ruhe, in denen Griechenland keine Schulden mehr zurückzahlen muss.

Geht! Bitte! Merkt ihr? Wir flehen schon fast. Wir wollen Ruhe! Macht alles dicht! Grenzen, Konten, Häfen, Geldautomaten und was es sonst noch so alles gibt. Die Schulden müsst ihr auch nicht mehr zurückzahlen, könnt ihr ohnehin nicht. Geschenkt. Ein Europa ohne diese Kinderkacke ist uns dies wert.

Am Freitag braucht Griechenland Geld, viel Geld, 1,95 Milliarden Euro muss das krisengeschüttelte Land berappen, um fällige Schulden zu begleichen. Woher nehmen und nicht stehlen? Der Internationale Währungsfonds (IWF) will bezahlt werden und es ist eine Staatsanleihe über 1,6 Milliarden Euro zu tilgen. Jetzt soll die Eurogruppe Hilfsgelder, die zugesagt sind, schneller überweisen. Aber eigentlich wollen die Griechen eigentlich kein Geld mehr von der EU oder man will es doch – man weiß es inzwischen nicht mehr.

Es geht um Schulden, Preise, Notenpressen. Das sind die großen Themen dieser Tage. Die Bild-Zeitung lässt Selfies machen, als Protest gegen die „gierigen Griechen“. Weil diese ihre Schulden nicht zurückzahlen wollen. Wer sich dazu hergeben mag, bitte. Finanzminister Wolfgang Schäuble soll „fassungslos“ sein, über das Verhalten von seinem Kollegen Yanis Varoufakis, weil dieser schon wieder mit seinem Schuldenschnitt daherkommt.

Doch – mal ehrlich – wer denkt heute noch daran, seine Schulden zurückzubezahlen?

Ulrich Reinhardt, ist Zukunftswissenschaftler bei der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen. Er beschäftigt sich mit dem gesellschaftlichen Wandel, mit dem Freizeit- und Konsumverhalten sowie der Europaforschung.

Time is Money. Antworten Sie: quick & clean. Smart wäre auch gut. Also effiziente Antworten, schließlich geht es um Wirtschaft.

Hat der Kapitalismus gesiegt?
In Zeiten der Globalisierung gibt es keine realistische Alternative. In aufstrebenden Ländern wollen die Bürger ihren Lebensstandard erhöhen. Hierfür muss in die Industrialisierung und die dafür notwendige Infrastruktur investiert werden – was der Kapitalismus leistet.

Hat der Kapitalismus noch eine Zukunft?
Vorläufig sicherlich. Allerdings schreitet die Spaltung der Welt immer weiter voran: Das Vermögen der drei reichsten Menschen übertrifft mittlerweile die Wirtschaftsleistung – BIP – der 57 ärmsten Nationen. In Deutschland verfügt das obere Zehntel der Bevölkerung über zwei Drittel des Gesamtvermögens, während das untere Zehntel Schulden hat.

Und sie bewegen sich doch. Lange Zeit schien es ja als sei die schwarze Null der transzendentale Urklang der Haushaltspolitik. Ihr bedingungsvolles Vibrieren war der Takt für Alles im Euroraum. Keine neuen Schulden lautete das Mantra teutonisch-fiskalpolitischer Befindlichkeit. Andere stöhnten ebenso gleichförmig und andauernd deswegen auf.

Der Euroraum leidet unter einer hartnäckigen Wachstumsschwäche. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält dagegen indem sie immer mehr Geld ins Finanzsystem pumpt, in der Hoffnung, dass dadurch die Kreditvergabe anspringt und wieder mehr investiert wird. Dabei schreckt sie selbst vor unkonventionellen Maßnahmen, wie die EZB selbst sagt, nicht zurück. Aber was helfen all die Milliarden, wenn sie nicht ihren Weg in die Wirtschaft finden. Banken halten sich mit der Darlehen zurück, weil sie ihre Bilanzen sanieren müssen und Konsumenten scheuen sich vor neuen Anschaffungen, weil sie um ihren Arbeitsplatz bangen. So bewegt sich wenig, zu wenig.

Weck die Kinder! „Wake the kids!“ ruft Rudolf E. Havenstein in einem Tweet. Darüber der Screenshot eines CNBC-Beitrags mit dem…

Die Woche der Entscheidung. Am Donnerstag tagt die EZB und entscheidet über die künftige geldpolitische Ausrichtung. Was kommt? Leitzinssenkung? Negative Einlagenzinsen für Banken? Zweckgebundene Geldzuteilung (für die Kreditvergabe)? Der DAX erreicht im frühen Handel ein neues Rekordhoch, kann dieses aber nicht halten. Nach wie vor herrscht eine kindliche Aufgeregtheit wegen der Marke von 10.000 Punkten. Keine Sorge, sie wird fallen. Bittere Erkenntnisse aus dem Einkaufsmanagerindex für die Eurozone für Mai. Frankreichs Wirtschaft (49,6 / 51,2 April) liegt danach inzwischen hinter Griechenland (51,0 / 51,1). Spanien erreicht mit 52,9 den höchsten Wert seit 4 Jahren. Deutschland fällt von 54,1 auf 52,3 zurück. Insgesamt gibt der Index in der Eurozone von 53,4 auf 52,2 nach. Der Euro scheint unter Frankreichs Schwäche zu leiden. In China gewinnt die Wirtschaft an Kraft. Das freut ganz besonders den Nikkei, der gut 2 Prozent zulegt. Gold tendiert weiter abwärts.