Rubrik: Eon

Die Baisse bei Eon hat inzwischen schon fast etwas Meditatives. Auf alle Fälle bleibt sie überraschend. Kaum glaubt man, sie würde auslaufen, da kommt der nächste Schlag. Diesmal in Form einer Wertberichtigung von 2,9 Milliarden Euro und einer Drohverlustrückstellung in Höhe von 0,9 Milliarden Euro auf die neue Konzern-Tochter Uniper, in der künftig die traditionellen Kraftwerksaktivitäten gebündelt werden. Die Abschreibungen führen im ersten Halbjahr zu einem Konzernfehlbetrag von gut 3 Milliarden Euro. Die Börse bestraft das umgehend mit einem deutlichen Kursverlust.

War da was? Brexit-Votum? Die deutsche Wirtschaft nimmt es erstaunlich gelassen, zumindest wenn man dem Ifo-Geschäftsklimaindex folgt. Er ist im Juli nur leicht zurückgegangen. Ja, deutsche Unternehmer blicken weniger zuversichtlich in die Zukunft, aber insgesamt präsentiert sich die Konjunktur hierzulande doch „widerstandsfähig“. Die Prognosen waren von einem deutlicheren Rückgang ausgegangen. In der Wirtschaft scheint aber die Überzeugung zu herrschen, dass es schon nicht so schlimm kommen werde. Kommt es womöglich zu einer Sommer-Rallye im DAX?

Die Eon-Aktie hat sich damit ähnlich entwickelt wie der Strompreis. Denn wer sich vor fünf Jahren Eon-Aktien ins Depot gelegt hat, sitzt nun auf einem Minus von rund 50 Prozent. Allein auf Jahressicht ging es knapp ein Viertel in den Keller. Kurzfristig sieht es hingegen besser aus. Denn auf Sicht von drei Monaten steht sogar ein kleines Plus. Dies deutet auf eine Stabilisierung der Eon-Aktie hin. Hauptgrund dürfte sein, dass das Papier inzwischen fundamental recht günstig ist.

Des einen Freud‘, des anderen Leid. Der DAX versuchst energisch die Brexit-Scharte wieder auszuwetzen. Dabei setzt er – natürlich – Sie ahnen es … richtig … auf Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) und Retter alles Europäischen. Er soll die Geldpolitik (noch) weiter lockern, um die Brexit-Schmerzen für Europa und die insbesondere für die Eurozone weiter zu lindern. Doch für die Finanzbranche sind die sinkenden Zinsen längst zur Belastung geworden.

Charttechnisch bewegt sich die Eon-Aktie seit September 2015 in einem leichten Aufwärtstrend. Das September-Tief bei rund 7,00 Euro wurde bislang zumindest nicht wieder unterschritten, was ein positives Zeichen ist. Auch hat die Aktie in den zurückliegenden Monaten (April, Mai, Juni) immer wieder versucht die 200-Tage-Durchschnittslinie zu überwinden. Letztlich gelungen ist das nicht, doch es zeigt doch einen gewissen Willen nach oben zu kommen.

Da gucken die Aktionäre gewaltig in die Röhre: RWE wird für das abgelaufene Geschäftsjahr keine Dividende zahlen! Sauer ist vor allem die Gruppe der Altaktionäre der öffentlichen Hand, also beispielsweise die Stadt Essen, die wie andere 129 Städte und Kreise rund 24 Prozent der RWE-Aktien halten. Viele Kommunen müssen nun Haushaltslöcher stopfen, denn die Dividenden waren ein fixer Anker in vielen Haushaltsplänen. Schließlich hat RWE 60 Jahre lang brav die „Kohle“ abgeliefert.

Fed-Chefin Janet Yellen bleibt vorsichtig. Die Vorsitzende der amerikanischen Notenbank Federal Reserve machte recht deutlich, dass es Zinserhöhung in den USA nicht so bald anstehe. Sie sorgt sich wohl um die Weltkonjunktur, die nicht sonderlich floriert, vor allem China bereitet weiter Kopfzerbrechen. Damit rückt Yellen noch ein Stück weiter von ihrer Linie ab, die sie im Dezember mit der leichten Leitzinserhöhung eingeschlagen hat. Da wollte man eigentlich signalisieren, dass die Finanzkrise endgültig abgehakt sei und sich die Wirtschaft wieder zufriedenstellend entwickle. Es kam anders mit den entsprechenden Marktturbulenzen und dem Fall des Öl-Preises.

Nun hat sich der DAX doch noch dazu durchgerungen die Liquiditätsgeschenke Mario Draghis gebührend zu feiern. Das Plus zum Wochenschluss fällt beachtlich aus. Man ist wieder versöhnt mit der Europäischen Zentralbank (EZB) und ihrem Präsidenten. Am Tag der Entscheidung noch ein wenig geschockt über die fülle der Maßnahmen … da machte sich so mancher Börsianer doch wieder Gedanken über die Solidität der Finanzwelt, insbesondere in der Eurozone. Aber, vergessen und vorbei. Draghi hat mehr geliefert als er musste. Erstaunliches tut sich nach wie vor bei den Aktien der Commerzbank und der Deutschen Bank. Sie bestätigen ihre derzeit positive Grundaussicht.

Der DAX schaukelt so vor sich hin. Charttechnisch erweist sich der Widerstandsbereich bei 9.600 Punkten doch als recht robust. Mal ganz abgesehen von der Kurslücke (Gap), die noch bei etwa 9.000 Zählern klafft und sicher noch geschlossen werden will [haben wir hier ja bereits häufiger angesprochen]. Also wartet man am Aktienmarkt erstmal ab, was noch so passieren könnte. Aber es bleibt doch eine gewisse positive Grundstimmung spürbar, was auf der Long-Seite hoffen lässt.

Jetzt werden weitere Argumente nachgeliefert. Der Ifo-Index sinkt zum dritten Mal in Folge. Der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn beschreibt das so: „Dies ist der dritte Rückgang in Folge. Die Unternehmen waren erstmals seit mehr als einem Jahr mehrheitlich pessimistisch bezüglich ihrer Geschäftsaussichten. Die aktuelle Lage wurde hingegen etwas besser eingeschätzt. Die Sorgen der deutschen Wirtschaft werden größer, insbesondere in der Industrie.“ Der DAX nimmt das recht gelassen mit einem leichten Rückgang, aber er hat ja bereits in den vergangenen Wochen kräftig vorgearbeitet. Die Lage in der Weltwirtschaft ist nicht sonderlich rosig, das wird nun auch nach und nach mit Zahlen unterlegt.

Der Steuerzahler soll wieder mal ran bei den Versorgern Eon und RWE, was die Verschrottung der Kernkraftwerke angeht. Darüber freut sich natürlich die Börse, weil dann sehr wahrscheinlich deutlich weniger Kosten auf die Versorger zukommen würden. Die Kurse der Aktien von Eon und RWE steigen kräftig.

Die Situation an den Börsen bleibt angespannt, auch wenn sich die Erholung im DAX noch trägt. Treibende Kraft ist dabei die Erholung des Öl-Preises. Offenbar zeigt die Ankündigung Russlands und Saudi-Arabiens doch Wirkung, zumindest psychologische. Man hat die Short-Seller verunsichert – und das reicht einstweilen. Faktisch dürften die Folgen eher gering sein. Die Produktion und damit das Angebot dürften hoch bleiben, schon allein, weil Russland und Saudi-Arabien nicht auf die Einnahmen aus dem Öl-Geschäft verzichten können. Ungeklärt bleibt auch, wie sich der Iran verhalten wird, der bald wieder auf den Markt treten wird.