Rubrik: Draghi

Der Kurs der Deutschen-Bank-Aktie rutscht zeitweise unter die Marke von 10 Euro. Verantwortlich dafür soll eine konzertierte Aktion von Shortsellern (Hedgefonds) sein. Angeblich sollen Hedgefonds auch ihre Geschäftsbeziehungen zu der Deutschen Bank reduzieren. Natürlich stellen sich hier sofort die üblichen Fragen: Wer ist der Gute? Wer ist der Böse? Was ist der Grund? Und was ist die Folge?

Fuck up! Machen wir uns nichts vor. Es steht Spitz auf Knopf in der deutschen Bankenwelt. Seit Tagen gibt Gerüchte über Staatshilfen bei der strauchelnden Deutschen Bank. Den Kurs des Bankhauses rammt es einstweilen in den Börsenboden. Es wird beschwichtigt und dementiert, natürlich. Die Sache soll nicht noch schlimmer werden als sie ohnehin schon ist. Aber je mehr abgewiegelt wird, desto skeptischer werden die Märkte neudeutsch Crowd. Und jeder weiß, wenn es hart auf hart kommt, dann wird der Staat bei der Deutschen in die Bresche springen. Bail out. Bail in. Was auch immer.

Auf meiner persönlichen ewigen Liste der verpassten Börsen-Chancen nimmt Barrick Gold einen ganz besonderen Platz ein. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um mögliche Short- oder Long-Engagements gehandelt hätte. Als (kleiner/winziger) Trost bleibt: wenigstens kein Geld verloren [das bekannte Mantra aller Sparbuch-Inhaber]. Auf dieses Niveau hat einen die Aktie des Goldminen-Betreibers schon gebracht. Ich hoffe, anderen (Spekulanten/Anlegern) ist es besser ergangen. [Realistisch betrachtet fürchte ich das Gegenteil]. Warum überhaupt soll man sich die Aktien eines Unternehmens ins Depot legen, dessen Geschäftszweck darin besteht, Golderz aus dem Boden zu holen, das darin enthaltene Gold herauszuwaschen und anschließend einzuschmelzen?

Briten in Panik? Die Furcht vor einem wirtschaftlichen Einbruch nach dem Brexit scheint doch inzwischen sehr ausgeprägt, was auch nicht weiter verwunderlich ist nach den jüngsten Einkaufsmanager-Index-Daten. Die fielen erschreckend schlecht aus. Also sah sich nun die Bank von England zum Handeln gezwungen. Sie senkte den Leitzins von 0,5 auf 0,25 Prozent. Das ist der tiefste Stand in ihrer 322-Jährigen Geschichte. Zudem wird das QE-Programm ausgeweitet. Bislang hatte es einem Umfang von 375 Milliarden Pfund. Jetzt sollen es 435 Milliarden Pfund werden. Geplant ist auch der Aufkauf von Unternehmensanleihen in Höhe von 10 Milliarden Pfund. Notenbank-Gouverneur Mark Carney wandelt auf den Spuren von EZB-Präsident Mario Draghi.

Des einen Freud‘, des anderen Leid. Der DAX versuchst energisch die Brexit-Scharte wieder auszuwetzen. Dabei setzt er – natürlich – Sie ahnen es … richtig … auf Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) und Retter alles Europäischen. Er soll die Geldpolitik (noch) weiter lockern, um die Brexit-Schmerzen für Europa und die insbesondere für die Eurozone weiter zu lindern. Doch für die Finanzbranche sind die sinkenden Zinsen längst zur Belastung geworden.

Briten wollen gehen und stimmen für den Austieg aus der EU. Lassen wir sie gehen, denn Reisende soll man ja bekanntlich nicht aufhalten. Wir haben wohl unterschätzt wie skurril unsere Insel-Nachbarn sein können. Gut, wir werden auch ohne sie zurechtkommen. Es geht ja immer weiter, irgendwie. Der DAX bricht in einer ersten Reaktion um 10 Prozent ein. Er wird sich auch wieder erholen, wenn sich der Rauch gelegt hat.

Wir haben uns daran gewöhnt: Die Kurse von Bundesanleihen steigen immer und damit auch der Bund Future. Entsprechend rückläufig sind die Renditen für deutsche Staatspapiere. Die Umlaufrendite (ein Durchschnitt der Renditen von Bundespapieren) ist negativ, die Rendite von zehnjährigen Bundesanleihen war negativ, ist nun aber mit 0,105 Prozent wieder leicht positiv. Die Auktion für dreißigjähre Bundesanleihen erreicht allerdings mit 0,65 Prozent soeben ein neues Rekordtief. Wird das „ewig“ so weitergehen mit den sinkenden Renditen? Vielleicht ist es an der Zeit über einen Bund-Future-Short nachzudenken.

Was für eine albtraumhaft schöne Bullen-Falle. Dienstag sah alles noch so gut aus im DAX. Die amerikanischen Arbeitsmarktdaten waren mäßig gewesen und die Vorsitzende der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), Janet Yellen, murmelte etwas davon, dass sie sich mit einer Leitzinserhöhung womöglich doch noch etwas Zeit lassen könnte. Oh, dachten sich die Märkte, das ist ein gutes Zeichen, mehr Liquidität, mehr Fun, mehr steigende Kurse. Der DAX überschritt den seit Dezember (2015) vorherrschenden Abwärtstrend – es konnte weiter aufwärts gehen.

Die Deutsche Bank hat nun eine düstere Studie mit dem Titel „Die EZB muss Kurs ändern“ vorgelegt. Darin ist von „extremen geldpolitischen Maßnahmen die Rede, die zu „Fehlallokationen“ in der Wirtschaft führen. Diese lassen sich nur zu immer höheren Kosten beseitigen. Wenn man so weitermache riskiere man die Stabilität der Eurozone und es könne auch zur Katastrophe kommen.

Was Sparern und Lebensversichern die Tränen in die Augen treiben dürfte, ist natürlich für den DAX ganz nach seinem Geschmack. Das Anleihen-KGV tendiert bei einer negativen Umlaufrendite in Richtung unendlich [lim x→+∞], was schon sehr sensationell ist, rein gedanklich. Bei diesen Werte gibt es für Aktien – nach der traditionellen Lehre, anno dazumal hat man mal Anleihen- mit Aktien-Bewertungen verglichen – keine Konkurrenz mehr für Aktien.

Natürlich wird kaum jemand den 500-Euro-Schein wirklich vermissen, aber es geht ein fatales Signal davon aus, diesen nicht mehr zu drucken: Ist das nur der Auftakt dafür, Bargeld ganz abzuschaffen? Sind das schon die Vorbereitungen für Negativzinsen auch für Privatsparer?

Beim DAX hat grob zwischen 8.800 und 9.800 Punkten eine Bodenbildung stattgefunden. Es hat sich dabei eine umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formation herausgebildet, die nach oben verlassen wurde, was positiv ist. Als Bestätigung für den Aufwärtstrend wurde die 200-Tage-Durchschnittslinie überwunden. Als nächste große Hürde wartet der mittelfristige Abwärtstrend (seit Anfang 2015) bei rund 10.900 Zählern.