Rubrik: WTI

Der Öl-Preis ist wieder ins Rutschen geraten. Wird daraus ein neuer Abwärtstrend oder pendelt sich der Preis in der Bandbreite zwischen 45 und 60 Dollar ein? Überraschend ist die Zunahme der US-Rohöllagerbestände. Hängt das mit dem Preis für das Fracking zusammen? Eine interessante Anlage-Alternative im Seitwärtstrend könnten Inline-Optionsscheine sein.

So viel Marktwirtschaft hätte man einen saudischen Energie-Minister gar nicht zugetraut. Ein Eingreifen in den Öl-Markt halte Khalid Al-Falih für nicht notwendig. Der Markt würde sich selbst ausbalancieren. Er bewege sich in die richtige Richtung. Salem aleikum. Das klingt so gar nicht nach einer Förderbegrenzung, wie sie von vielen erdölexportierenden Staaten gefordert wird. Es bleibt wohl beim Einfrieren, wie dies schon seit Monaten der Fall ist. Man wird nun weiter rätseln, wie die Überkapazitäten am Markt verschwinden sollen.

Manchmal ist es ganz einfach an der Börse: Wenn das Angebot größer ist als die Nachfrage, dann sinkt der Preis. Am Öl-Markt ist das derzeit so. Dort sind die Lager mit Rohöl und Benzin randvoll gefüllt. Zugleich gibt es aber keine Nachfrage-Steigerungen, weil die Weltwirtschaft nicht sonderlich gut läuft. Und: Es wird so viel nach Öl gebohrt wie schon lange nicht mehr. Offenbar versuchen Öl-Konzerne Erlösrückgänge beim Verkauf aufgrund niedrige Preise durch mehr Angebot auszugleichen. Logischer wäre es eigentlich, dass mit sinkenden Preisen die Bohraktivitäten weniger werden. Aber Märkte sind bekanntlich manchmal und auch länger irrational.

Sie schütteln nun ungläubig den Kopf? Ein Öl-Preis von Null? Bei der Sorte WTI gab es bereits vor einigen Wochen sogar schon einen Preis von unter Null. Wer Rohöl abgenommen hat, bekam dafür sogar noch eine pekuniäre Belohnung. Der Grund: Es war so viel Öl auf dem Markt und in Tankern vor der Küste, dass man gar nicht mehr wusste, wohin mit der ganzen klebrigen Pampe. Also hat man das Öl verschenkt beziehungsweise man hat noch was draufgelegt, nur um es loszuhaben, weil die Lagerung und die Tanker schließlich auch Geld verschlingen. Buy one barrel – get one barrel free.

Der Öl-Preis bleibt somit stark angeschlagen. Charttechnisch ist die Unterstützungslinie bei 40 Dollar (Sorte Brent) noch ein Bollwerk, das im August auch gehalten hat. Dennoch wirkt der Chart so, als gäbe es noch Ambitionen auf deutlich niedrigere Kurse, Richtung 30 Dollar, vielleicht sogar 20 Dollar. In diesem Jahr wurden 21 Jahre Aufwärtstrend gebrochen, da ist viel kaputt gegangen und vieles kann nun passieren. Außerdem sieht die Kursbewegung bei Mai wie ein Flagge in einem Abwärtstrend aus. Häufig stehen diese erst für die Halbzeit einer Kurs-Bewegung.

Charttechnisch steht der Öl-Preis (Brent) auf der Kippe. Der Kurs ist im Juli wieder unter den Aufwärtstrend gesunken. Kann das jetzige Niveau nicht gehalten werden, dürfte ein Öl-Preis (Brent) von 40 Dollar die Folge sein.

Charttechnisch hängt Öl (Brent) nur noch einem dünnen Schmierfaden. Sackt der Preis unter das jetzige Niveau (57 Dollar) ab, könnte es rasch bis auf 40 Dollar abwärts gehen. Und dann womöglich noch deutlich tiefer. Es hat fast den Anschein, als brauche die Welt bald kein Öl mehr oder es kommt so viel Öl auf den Weltmarkt (durch den Iran), dass dieser damit überschwemmt wird.

Ein Schweine-Zyklus geht in der Wirtschaft so: Zunächst sind die Preise niedrig und ein paar Anbieter teilen sich den Markt. Dann ziehen die Preise an, weil sich immer mehr Verbraucher für das Produkt begeistern können. Die Folge: Die wenigen Anbieter können ihre Gewinn-Marge ausweiten, da ihre Kosten im Prinzip gleich bleiben, aber sie eben mehr verlangen können. Eine schöne Situation. Daran würde sich wahrscheinlich auch so schnell nichts ändern, wenn nicht die Preise für das Produkt weiter steigen würden. Irgendwann verdienen sich die wenigen Anbieter, um es einmal so auszudrücken, dumm und dämlich, was andere nachdenklich werden lässt. Wieso diesen Wenigen den Markt und die Riesen-Rendite überlassen?

Das schlägt dem Fass den Boden aus, dem Öl-Fass. Und ohne Boden, da geht es steil abwärts, gut geschmiert sozusagen. 120, 100, 80, 60, 50, 40, 30 … wo wird wohl der Preis für Öl (der Nordseesorte Brent) stoppen? Momentan sieht es fast so aus, als würde die charttechnische Unterstützungszone bei 50 Dollar auch nicht halten.

Dafür liebe ich die Börse. Sie ist so unglaublich flexibel. Heute so, morgen wieder anders, ganz ungehemmt. Da ist der Öl-Preis. Eigentlich gilt die Grundregel: Ein fallender Öl-Preis ist gut für die Weltwirtschaft und eine steigender Öl-Preis schlecht. Die Argumentation dabei ist schlüssig. Wenn die Industrie für Energie oder Rohstoffe viel aufwenden muss, bleibt weniger Gewinn oder wenn höheren Preise für Endprodukte durchsetzbar sind, bleibt dem Verbraucher weniger zum Konsumieren. Beides ist schlecht für die Konjunktur.

Wird Öl zum Retter der Weltwirtschaft? Bereits drei mal hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft in diesem Jahr schon nach unten genommen. Zuletzt auf 3,3 Prozent für 2014. Vor allem in der Eurozone und in Japan geht es nur im Kriechgang mit plus 0,8 Prozent beziehungsweise plus 0,9 Prozent voran. Die Prognosen wurden um 0,3 Prozentpunkte beziehungsweise 0,7 Prozentpunkte nach unten genommen. Da kommt der Rückgang des Ölpreises sehr gelegen. Die Sorte West Texas Intermediate (WTI) kostet zuletzt im Tief gut 75 Dollar das Fass (Barrel / 159 Liter), im Juni waren es noch 100 Dollar. Der Rückgang um 25 Prozent könnte der Weltwirtschaft ein Plus von 0,5 Prozentpunkten bescheren. Die Faustformel lautet: Sinkt der Ölpreis um 10 Prozent, bedeutet das einen Anstieg des globalen Bruttoinlandsprodukts um 0,2 Prozentpunkte, ungefähr.