Rubrik: Müller

Bei Hugo Boss geht Vorstandschef Mark Langer zum 30. September 2020. Dies ist bereits seit März bekannt, wobei die Trennung offiziell im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt. Allerdings kommt der neue Chef erst viel später. Der von Tommy Hilfiger abgeworbene Daniel Grieder startet voraussichtlich erst am 1. Juni 2021. Bis dahin soll Finanzvorstand Yves Müller die Fahne an der Firmenspitze hochhalten, ehe er sich wieder auf den CFO-Posten konzentrieren kann. Die Börse reagiert verhalten.

Grammer hat Zahlen vorgelegt, doch was heißt Zahlen, es sind eher Rekorde: Der Umsatz steigt um 18,9 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Der Betriebsgewinn (Ebit) verbessert sich um 71 Prozent auf 73,0 Millionen Euro. Das Konzernergebnis verdoppelt sich auf 45,2 Millionen Euro. Der Ausblick? Natürlich positiv. Bedeutet das – automatisch – weitere Kurs-Steigerungen? Und was wird sich auf Hauptversammlung tun, wo ein schwarzer Ritter den Vorstand absetzen möchte?

Charttechnisch hat sich im Monatschart der Commerzbank-Aktie ein Doppelboden herausgebildet. Das ist positiv. Die Februar-Kerze ist ein Doji, der Nervosität signalisiert. Die Marktteilnehmer wissen nicht so recht wohin. Der langfristige Abwärtstrend ist nach wie vor nicht gebrochen, aber die Aktie bemüht sich immer wieder. Es scheint somit ein gewisser Aufwärtsdrang vorhanden.

Spannende Sache: Da mehren sich die Negativ-Meldungen zu Volkswagen (VW) und was macht die Aktie? Sie steigt. Dabei sind neue Sammelklagen auch in Deutschland – ja die tüchtigen US-Anwaltskanzleien erweitern ihr Geschäftsfeld –bestimmt keine gute Nachricht für VW. Es ist auch nicht erfreulich, dass der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn laut einem Brief schon Wochen früher von den Manipulationen gewusst haben könnte. Und sicher ist auch die Kommunikationsstrategie des Schweigens und die Arbeit von Neu-Vorstand Matthias Müller und Neu-Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch nicht dazu angetan, die US-Behörden milde zu stimmen. Bislang jedenfalls ist nicht das Gefühl entstanden, dass das Duo Müller-Pötsch wirklich daran interessiert ist, dass sich der Diesel-Abgas-Nebel lichtet. Im Gegenteil, man scheint froh darüber, wenn es undurchsichtig bleibt.

Vorstandschef Müller begreift die Krise als Chance, auch wenn das floskelhaft klinge und er möchte den Konzern kräftig umbauen. Insgesamt weniger zentralistisch, schlanker, mehr Silicon Valley, die unteren Ebenen sollen mehr Verantwortung bekommen. Müller hat Pflöcke eingeschlagen und er hat erkannt, wie es scheint, woran es hapert und worauf es ankommt.