Rubrik: Syriza

Es ist ein stiller Bank Run. 4,2 Milliarden Euro wurden im Dezember von griechischen Konten geräumt, im Januar dürften es kaum weniger werden. Mehr wurde bislang nur im Juni 2012, auf dem Höhepunkt der Euro-Krise, in Sicherheit gebracht. Investoren sind auf der Flucht. Neu-Premier Alexis Tsipras macht ernst mit dem Politikwechsel und hat erstmal die Privatisierungen gestoppt und will auch noch 12.000 entlassene Beamte wieder einstellen. Konter-Reformen.

Die einen wollen, die anderen wollen nicht. Aber beide wissen, dass es so nicht weitergehen kann. Es geht um Griechenland und einen möglichen Schuldenschnitt (englisch: Haircut). Natürlich hätten die Griechen gerne einen. Wer würde das nicht wollen an ihrer Stelle? Erst Schulden machen – und dann nicht mehr zurückzahlen. Praktisch. Klar, dass all jene, welche die Kredite vergeben haben auch ihr Geld wieder zurück haben wollen. Wäre ja noch schöner, erst über die Verhältnisse leben und dann den Deckel nicht bezahlen wollen.

Der DAX legt, wenn auch nur leicht, aber alle Achtung. In Griechenland scheint ja gerade die Wirtschaftswelt unterzugehen und wenn nicht die, dann zumindest die Bankenwelt. Griechische Bank-Aktien verlieren heute knapp 30 Prozent. Investoren sind auf der Flucht. Der neue Chef Tsipras macht ernst mit dem Politikwechsel und hat erstmal die Privatisierungen gestoppt. Das heißt: Es kommt kein Geld auf diese Art in die klammen griechischen Kassen, kam es zwar vorher auch nicht, aber da war es wohl mehr Mauschelei – und nun ist es eine richtige Ankündigung.

Der DAX wirkt heute etwas erschöpft, aber wer will es ihm verdenken, nach dem steilen Anstieg der vergangenen Tage. Zudem hat es bei rund 10.500 Punkten eine kleine Kurslücke (Gap) gerissen, die sicher noch geschlossen werden will. Überhaupt: ein gewisses Durchatmen hat noch nie geschadet, vor einem weiteren Anstieg. Ob dieser tatsächlich kommt? Vermutlich ja. Aktien sind derzeit einfach zu verlockend im Vergleich zu Zinspapieren. Allein für die rund 6 Prozent Kursgewinn seit Beginn der vergangenen Woche müsste man mit dem Tagesgeldkonto 30 Jahre hinsparen, um auf einen ähnlichen Betrag zu kommen. So krass sind derzeit die Gegensätze.

Es ist die Woche nach der EZB-Entscheidung künftig Staatsanleihen aus der Eurozone mit frisch gedruckten Geld zu kaufen und es ist auch die Woche nach den Neuwahlen in Griechenland. Beides sind Wegmarken. Die Eine-Billion-Euro-Show des Mario Draghi unterhält die DAX-Börsianer nach wie vor glänzend. Der deutsche Leitindex legt rund ein Prozent zu.

So viel griechischer Wein muss gar nicht mehr sein, dieser Tage, um über die griechische Wirtschaftstragödie zu kommen. Der Grexit ist vertagt, was bleibt sind die Neuwahlen am 25. Januar. Dann wird wohl der nächste griechische Premierminister Alexis Tsipras heißen. Er kommt von der Linkspartei Syzria und war der Auslöser für die Unruhe zuvor, bei der sich sogar die deutsche Bundesregierung genötigt sah, darüber zu orakeln, ob ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro wirklich so schlimme Folgen hätte, wie noch vor ein paar Jahren behauptet. Damals hieß es ja, wer den Euro gefähre, der gefähre Europa, als die ganz große Nummer.

Der GRexit macht die Runde. Bleibt Griechenland in der Eurozone? Auch nach Neuwahlen am 25. Januar, wenn die Linkspartei Syriza siegen sollte? Wahrscheinlich ja. Kaum vorstellbar, das Syriza genügend Stimmen für eine Alleinregierung bekommt. Sie wird ohne einen Koalitionspartner nicht regieren können. Die Verhandlungen werden Zeit brauchen – und Griechenland braucht Geld, Geld von den Europartnern. Die werden aber nur zahlen, wenn Bedingungen erfüllt werden, wie die Fortsetzung der Spar- und Reformpolitik, was Syriza grundsätzlich ablehnt. Es scheint so, als wird in Griechenland wieder alles/vieles auf Los gesetzt. Das Resultat könnte dann so aussehen: Ein wenig Schuldenschnitt, ein wenig Reform-Versprechen, ein wenig Geld, also ein sehr europäischer Kompromiss.

Griechenland wird es so nicht schaffen. Kann es nicht schaffen. Die Schuldenlast ist einfach zu groß. Das Land wird in diesem Jahr rund 179 Milliarden Euro erwirtschaften (Bruttoinlandprodukt). Gleichzeitig lasten auf Hellas Schulden in einer Höhe 315 Milliarden Euro. Das sind 176 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zum Vergleich: Die von Deutschland liegt bei 77 Prozent und die von Finnland, mit einer ähnlichen/etwas stärkeren Wirtschaftsleistung wie Griechenland, bei 59 Prozent. Griechenlands Schulden lähmen alles, weil die Perspektive fehlt und sich immer alles um das eine Thema dreht: Wie kommt man runter von diesen Schulden?