Rubrik: Schuldenschnitt

Die vergangenen Wochen haben die Märkte – mal wieder – in Aufruhr versetzt und die eigentlich überwunden geglaubte Euro-Krise wieder aufkochen lassen. Was ist passiert? Italien hat gewählt und sich mehrheitlich für Populisten am rechten und am linken Rand des Spektrums entschieden. Der Koalitionsvertrag dieser unwahrscheinlichen Allianz enthält eine Vielzahl teurer Versprechen; ein garantiertes Mindesteinkommen für jeden, Steuersenkungen und ein früherer Renteneintritt. Jeder Wähler sollte glücklich gemacht werden. Eine einzige Frage bleibt offen. Wie sollte das ganze finanziert werden?

Den deutschen Finanzminster Wolfang Schäuble hat sicherlich nicht gefreut, als der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, heute über die Notwendigkeit eines Schuldenschnitts (oder es heißt dann Umschuldung) für Griechenland sprach. Obwohl, auch Wolfgang Schäuble weiß, dass daran kein Weg vorbei führt. Aber Schäuble ist auch Polit-Profi genug, den richtigen Zeitpunkt dafür zu finden.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat inzwischen nochmal nachgerechnet: Bis 2018 werden für Griechenland rund 50 Milliarden Euro Schulden fällig. So viel Geld braucht man somit allein zum tilgen, zusätzlich zu dem, was sonst noch so bezahlt werden muss. Wir haben es schon lange geahnt: Griechenland wird seine Schulden nicht mehr zurückzahlen können – nie mehr. Der IWF fordert deshalb nun einen Schuldenschnitt und 20 Jahre Ruhe, in denen Griechenland keine Schulden mehr zurückzahlen muss.

Der Poker im Griechenland-Schuldenstreit geht weiter. Wer blufft? Wer wird sich verzocken? Wessen Einsatz wird zu hoch sein? Griechenland wird schon bald das Geld ausgehen, wenn es keine Entscheidungen gibt. Das würde eine Staatspleite und wohl auch einen unkontrollierten Austritt aus der Eurozone bedeuten. Wird das jemand wollen? Kaum. Weder die Griechen noch die Verantwortlichen in der Eurozone.

Die einen wollen, die anderen wollen nicht. Aber beide wissen, dass es so nicht weitergehen kann. Es geht um Griechenland und einen möglichen Schuldenschnitt (englisch: Haircut). Natürlich hätten die Griechen gerne einen. Wer würde das nicht wollen an ihrer Stelle? Erst Schulden machen – und dann nicht mehr zurückzahlen. Praktisch. Klar, dass all jene, welche die Kredite vergeben haben auch ihr Geld wieder zurück haben wollen. Wäre ja noch schöner, erst über die Verhältnisse leben und dann den Deckel nicht bezahlen wollen.

Der DAX wirkt heute etwas erschöpft, aber wer will es ihm verdenken, nach dem steilen Anstieg der vergangenen Tage. Zudem hat es bei rund 10.500 Punkten eine kleine Kurslücke (Gap) gerissen, die sicher noch geschlossen werden will. Überhaupt: ein gewisses Durchatmen hat noch nie geschadet, vor einem weiteren Anstieg. Ob dieser tatsächlich kommt? Vermutlich ja. Aktien sind derzeit einfach zu verlockend im Vergleich zu Zinspapieren. Allein für die rund 6 Prozent Kursgewinn seit Beginn der vergangenen Woche müsste man mit dem Tagesgeldkonto 30 Jahre hinsparen, um auf einen ähnlichen Betrag zu kommen. So krass sind derzeit die Gegensätze.

Griechenland wird es so nicht schaffen. Kann es nicht schaffen. Die Schuldenlast ist einfach zu groß. Das Land wird in diesem Jahr rund 179 Milliarden Euro erwirtschaften (Bruttoinlandprodukt). Gleichzeitig lasten auf Hellas Schulden in einer Höhe 315 Milliarden Euro. Das sind 176 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zum Vergleich: Die von Deutschland liegt bei 77 Prozent und die von Finnland, mit einer ähnlichen/etwas stärkeren Wirtschaftsleistung wie Griechenland, bei 59 Prozent. Griechenlands Schulden lähmen alles, weil die Perspektive fehlt und sich immer alles um das eine Thema dreht: Wie kommt man runter von diesen Schulden?

Es redet niemand, der ein bisschen was von der Sache versteht, im Ernst von einem weiteren Schuldenschnitt für die privaten…