Rubrik: Rainer Voss

Leuterung kommt immer gut an. Die Geschichte vom Saulus zum Paulus. Da steht er nun, der ehemalige Banker, im ehemaligen Trading-Room und blickt aus großen grauen Fenster auf die Branche. Will hier der Regisseur schon ein Menetekel zeichnen? Trading-Rooms wird es schon bald nicht mehr geben und Händler auch nicht. Wobei Menetekel … wäre das wirklich ein Unheil? Braucht die Welt Trader, die nur um das Tradens Willen traden, dabei Millionen verdienen und womöglich ganze Staaten in Unheil stürzen? Rainer Voll, der Protagonist, der Interviewte, der Ex-Banker, beschreibt eine Gilde, die sich vor allem mit sich selbst beschäftigt. Finanzmastubation. So kann nichts Neues entstehen. Man lebt anscheinend in einer Sekte oder Kommune. Seychellen, New York, früher mit der Concorde zum Haareschneiden, London, fährt mit dem Lambo die Bockenheimer Landstraße auf und ab, Handelsraum. Besser unter sich bleiben. Die Außenwelt versteht ohnehin nichts von der eigenen Religion, wie auch. Soll sie auch gar nicht. Diese Religion ist nicht als Heilslehre gedacht und soll auch nicht allen Wohlstand und Segen bringen, eher nur wenigen. Man betet vor den Monitoren, sie sind die Altäre und Tabernakel, die Zahlenkolonnen taugen zur ewigen Anbetung. Boni werden als Hostien verteilt, für besonders gute Deals oder für besonders fragwürdige. Eine sehenswerte Dokumentation, wenn auch etwas einseitig, weil Finanzen dann doch nicht in einer vollkommenden Hülle, in einem rechtsfreien Raum existieren können. Wir alle sind teil der Branche, mit Lebensversicherungen, Pensionskassen, Altervorsorge und unserem Streben nach Mehr. Diese Mehr ist nicht per se schlecht, aber wenn Systeme pervertieren, Selbstzweck werden, wo auch immer, ist Wachsamkeit geboten. Letztlich hat es der Souverän in der Hand, welche Gesellschaft er will.