Rubrik: Mario Draghi

Honey, Mario [Draghi], du hast die Zinsen geschrumpft. Mal wieder. Die Umlaufrendite der Bundesbank, ein Rendite-Durchschnittswert aller Bundesanleihen, hat die magische Zahl von null Prozent erreicht. Zinsen gibt es immer weniger. Irgendwann haben wir uns mal eingebildet [wie lange ist das eigentlich her?], dass Geld etwas Wert sei und der Preis für das Geld sei der Zins. Klang auch logisch, da man, wenn man etwas sparen wollte, im Hier und Jetzt auf so manches Schöne im Leben verzichten muss [Konsum-Verzicht], um später etwas mehr zu haben oder überhaupt noch etwas zu haben.

Der Geist von Magic Mario, alias EZB-Präsident Mario Draghi, wabert schon über das Börsen-Parkett. Der Euro fällt und der DAX steigt. [Wir haben das auch hier im Video bereits thematisiert.] Die Konjunktur in der Eurozone (und auch weltweit) läuft aus Sicht der Notenbanker nicht gut genug, um tatenlos zusehen zu können. Weitere Lockerungsmaßnahmen werden erwartet. Beispielsweise könnte das derzeitig Anleihe-Kaufprogramm mit einem Volumen von monatlich 60 Milliarden Euro noch ausgeweitet werden. Oder der Einlagezinssatz könnte von aktuell minus 0,3 Prozent erneut gesenkt werden. Die EZB möchte Inflation und dazu muss die Kreditvergabe angeregt werden. Also sollen die Geschäftsbanken, wenn sie ihre Einlagen bei der EZB hinterlegen, dafür Strafe bezahlen. Das Geld soll unter die Investoren, was auch sinnvoll ist, nur müssen sich auch Investoren einfinden.

Also wieder China. Das ist der Grund, warum der DAX fällt. Die Exporte der Volksrepublik sind zum fünften Mal in Folge zurückgegangen. Man sieht schon, wirklich neu ist dieser Trend nicht. Und es dürfte sich auch inzwischen herumgesprochen haben, dass China wohl auch genau das will. Weg von den Exporten hin zu einer mehr binnenorientierten Volkswirtschaft. Aber gut, wenn Argumente für fallende Kurse gesucht werden, findet man diese auch.

Der DAX: Er scheint nun etwas mit den Schultern zu zucken. Wohin? Nach den Arbeitsmarktdaten in den USA vom Freitag ist eine US-Leitzinserhöhung im Dezember durch die Federal Reserve (Fed) wieder ein klein wenig unwahrscheinlicher geworden. Aber. Aber. Dennoch wird die Fed im Dezember handeln, nachdem sie sich nun schon so derart festgelegt hat. Alles andere würde sie doch erheblich Glaubwürdigkeit kosten. Das wird auch am Euro-Dollar-Kurs deutlich. Der Euro befindet sich nach wie vor doch sehr weit unten bei 1,07 Dollar. Der Markt hat bereits eine Leitzinserhöhung durch die Fed eingepreist.

Der Euro fällt gegenüber dem Dollar deutlich zurück, Gold fällt leicht und der Dow Jones steigt spürbar. Das sind die Reaktion auf die Fed-Sitzung im Oktober. Die amerikanische Notenbank hat auch in diesem Monat die Leitzinsen mit neun Ja-Stimmen und einer Gegenstimme unverändert gelassen. Aber was nicht ist, kann ja noch kommen, im Dezember.

Wenn die Blätter beginnen zu fallen, steigen wieder die Kurse. Alte Börsenregel. Der September geht zu Ende als schlimmster aller Börsen-Monate – und schon kommt wieder etwas Kaufinteresse auf. Zufall? Mag sein. Vielleicht ist es auch Window-Dressing von Fondsgesellschaften oder Banken, die noch ihre Bücher vor Quartalsschluss aufhübschen wollen. Oder es war halt einfach wieder so weit.

Charttechnisch hat sich im Kerzenchart des DAX so etwas wie ein Doppelboden gebildet.

Wir brauchen all das billige Geld, wir lieben es, auch wenn es unvernünftig ist und wir keine Krise mehr wollen, eigentlich, paradox, du ahnst das. Die Schuldenberge sind ohnehin viel zu gewaltig, als dass die Zinsen merklich steigen dürften. Wenn, dann bliebe es mehr bei symbolischen (homöopathischen) Dosen. Aber seit gestern wissen wir, auch hier ist offenbar Vorsicht angebracht.

Die Griechen sollen allein in dieser Woche rund vier Milliarden Euro von ihren Konten bei griechischen Banken abgezogen haben. Rekord. Aber Hand auf die Brieftasche/Geldbörse: Würden Sie? Nein. Auf keinen Fall. Griechische Banken sind schwarze Löcher im Finanz-Universum. Wer dort sein Geld hat, muss um es fürchten.

1.140.000.000 Euro. So viel will der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, uns schenken [unter Notenbankern sagt man dazu: drucken]. Ab März kauft Draghi Monat für Monat Staatsanleihen aus der Eurozone im Wert von 60 Milliarden Euro mit frisch gedruckten Geld auf. Das nennt sich Expanded Asset Purchase Program, kurz EAPP. Schluss soll dann im September 2016 sein. Aber wer weiß, Schluss ist vermutlich erst dann, wenn die Inflationsraten in der Eurozone steigen und die Konjunktur floriert.

Der Hausjurist des Europäische Gerichtshof (EuGH), der Spanier Pedro Cruz Villalón, hat den Weg für umfangreiche Staatsanleihenkäufe – Quantitative Easing – QE – wohl freigemacht. Alles müsse nur „verhältnismäßig“ sein und dürfe nicht zu einer direkten Staatsfinanzierung führen. Aber was heißt das schon, verhältnismäßig, ein sehr dehnbarer Begriff. Jens kommt in das Büro von Mario.

Mario: Jens, du siehst aber schlecht aus.

Jens: Warum grinst du so, wenn du das sagst.

Auf und nieder immer wieder, so lassen sich recht treffend die DAX-Bewegungen in den vergangenen Handelstagen beschreiben. Auffällig bleibt: Erst mit der Eröffnung der Wall Street kristallisiert sich so etwas wie ein Trend heraus. Vorher wird eher lustlos vor sich hingehandelt. Wall Street könnte ja rauf – oder runter oder … Heute also abwärts und der DAX kratz wieder an der Dreiecksformation, aus der er gestern ausgebrochen ist.