Die Aktie von Friwo (620110), einem international tätigen Hersteller von Ladegeräten und E-Antriebslösungen, macht einen kräftigen Satz nach oben – eine Gegenreaktion im Abwärtstrend oder doch mehr? Bereits seit Oktober 2022 befindet sich das Papier in einem (intakten) Abwärtstrend und hat Mitte März mit gut 22 Euro ein neues Tief (in diesem Zyklus) markiert. Am Fallen ist auch die 200-Tage-Durchschittslinie. Aus technischer Sicht also – bislang – keine sonderlich guten Aussichten für eine Trendwende.
Was war der Grund für den deutlichen Kursanstieg? Die Börse schöpfte nach einer Meldung, Friwo straffe seine Produktionsaktivitäten in Vietnam, Hoffnung. Will heißen: Mit der Hongkonger Group Intellect Power Technology (GIPT) wurde ein Asset-Deal geschlossen, wonach GIPT Vermögenswerte und Materialien für die Komponentenfertigung in der Nähe von Saigon übernimmt und künftig als Zulieferer von Teilkomponenten für die in Vietnam gefertigten Produkte und Systemlösungen von Friwo agieren. Über den Kaufpreis wurde zwischen den Parteien Stillschweigen vereinbart. Bereits Ende 2023 trennte sich Friwo von seinen Produktionskapazitäten am Standort Ostbevern (Verkauf an Private Assets SE & Co. KGaA – A3H223)
Durch diesen Schritt werde sich die Bilanzqualität, das Working Capital und der Cash-flow von Friwo durch die Übertragung nennenswerter Assets und Lagerbestände sowie eines substanziellen Goodwills bereits in 2024 deutlich verbessern. Auch die Kosteneffizienz werde nach Abzug der Kosten für die Auftragsfertigung der Komponenten erhöht, da sich die Zahl der in Vietnam tätigen Mitarbeitenden um rund 500 auf etwa 1.100 reduziert.
Der Geldsegen dürfte Friwo guttun, denn die Bilanz hatte (zum Halbjahr) mit Schulden (kurz- und langfristig) von 65,1 Millionen Euro gegenüber einem Eigenkapital von 20,9 Millionen Euro (plus 3,3 Millionen Euro Zahlungsmittel) doch ein recht deutliches Übergewicht bei den Verbindlichkeiten bekommen.
Für das Jahr 2023 wird ein Umsatz von 110 Millionen Euro und ein Betriebsergebnis (Ebit) mit einem Verlust im mittleren einstelligen Millionen-Euro-Bereich erwartet. Das Eigenkapital könnte somit nochmals schmäler werden.
Für das laufende Geschäftsjahr 2024 ist Friwo wieder optimistischer und rechnet, insbesondere angesichts der ab dem zweiten Quartal erwarteten Ergebnisbeiträge aus dem E-Mobility-Joint-Venture in Indien, mit einer Rückkehr in die Gewinnzone. Eine Umsatzprognose bleibe aber schwierig, da sich die Nachfrage im Kerngeschäft in Europa aus dem Zweiradbereich erst allmählich stabilisiere.
Testierte Kennzahlen des Geschäftsjahrs 2023 will Friwo am 25. April 2024 vorlegen, bislang war der 28. März angedacht, aber die Vietnam–Transaktion habe doch erhebliche Auswirkungen auf den Abschluss.
Von einer nachhaltigen Wende bei der Friwo-Aktie zu sprechen ist noch zu früh. Der Verkauf der Produktion in Ostbevern und Saigon dürfte nur ein erster Schritt zur Stärkung der Kapitalbasis sein. Eine Kapitalerhöhung ist nicht ausgeschlossen. Die Frage wird sein, ob die Beteiligungsgesellschaft VTC (hält 81,59 Prozent) diese mitgeht, sich verwässern lässt oder sogar Stücke abgibt.
Derzeit kommt Friwo aktuell auf einen Börsenwert von rund 240 Millionen Euro, was bei einem Umsatz von 110 Millionen Euro kein Schnäppchen ist, auch wenn das Geschäftsfeld sehr reizvoll ist. Anleger sollten abwarten, ob die Aktie bei 25 Euro einen Boden bildet.
Friwo-Aktie (Tageschart): noch keine Bodenbildung