Plusvisionen

Warum die Eurozone weniger Zinsen als die USA zahlen muss

Euro, Dollar, Kurs, Fed, EZB, ECB, Draghi

Quelle: Bundesbank

Korkenknallen in den Finanzministerien der Eurozone. Gefeiert werden niedrige Zinsen und der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Er ist der Magier der Märkte. Fast auf den Tag genau – es war am 26. Juli 2012 – hielt er in London seine „What-ever-it-takes-Rede“. Er sprach jene inzwischen gepriesenen Sätze: „Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.“ Es wird reichen. Das war die Ansage an alle Spekulanten und Hedgefonds. Aus heutiger Sicht kann man sagen: es hat gereicht – reichlich. Schon allein die Ankündigung verschreckte alle, die auf steigenden Zinsen, Staatspleiten und schließlich ein Auseinanderbrechen der Eurozone wetteten. Sie zogen sich schmollende zurück, hielten kurz inne und kehrten mit dem Ziel zurück, fortan auf sinkende Renditen und somit steigende Kurse von Staatanleihen in der Eurozone zu setzen. Short Shortselling – sozusagen.

Seitdem sind die Renditen in der Eurozone drastisch gesunken. So müssen Griechen heute für ihre Schulden mit zehn Jahren Laufzeit eine Rendite von 5,8 Prozent, Portugiesen von 3,6 Prozent oder Italiener von 2,7 Prozent bieten. Weniger war noch nie. Besonders interessant: Spanien bezahlte kürzlich nur noch 2,46 Prozent und Deutschland 1,12 Prozent. In Spanien sind die Renditen damit auf den tiefsten Stand seit 1789 gesunken (siehe Grafik unten). Im Schnitt kann sich die Eurozone, erstmals seit 2007, derzeit günstiger finanzieren als die USA, die 2,48 Prozent zu diesem Zeitpunkt für ihre Treasuries (US-Staatsanleihen) bieten mussten.

Dabei hat sich die Schuldensituation seit Ausbruch der Finanzkrise 2008/2009 in der Eurozone verschlechtert. Spanien etwa hatte 2008 eine Schuldenlast von rund 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIPs) zu tragen. Heute sind es knapp 97 Prozent. Deutschland lag 2008 bei 67 Prozent und heute bei 77 Prozent. Insgesamt kletterten die Staatsschulden in der Eurozone von rund 70 Prozent des BIPs auf nun fast 94 Prozent. Tendenz: stagnierend.

Rein vom Umfang der Schulden her dürften die Renditen gar nicht gesunken sein. Warum taten sie es dennoch und teilweise noch drastischer als in den USA? Die nominalen Renditen sind immer nur die halbe Wahrheit. Blickt man auf die realen Renditen, also abzüglich Inflation beziehungsweise plus Deflation, kommt man für die USA auf 0,38 Prozent, für Deutschland auf 0,32 Prozent und für Spanien auf 2,76 Prozent. So gesehen, gibt es schon noch einen üppigen Risikoaufschlag für die Schulden der Spanier, die in eine Deflation zu rutschen drohen, zumindest relativ zu den USA und Deutschland.

Doch das Renditeniveau sank insgesamt, einschließlich der USA, wo die Schuldenquote von 2008 bis heute von 73 auf 106 Prozent gestiegen ist, also noch deutlicher als in der Eurozone. Die Erklärung dafür ist einfach: Es gibt keine Marktpreise mehr. Die Notenbanken schöpfen sozusagen die Risiken ab. Die amerikanische Notenbank (Fed) kaufte zeitweise Monat für Monat im Wert von 85 Milliarden Dollar Anleihen auf. Inzwischen hat sie den Betrag auf 25 Milliarden Dollar pro Monat reduziert. Angehäuft wurde dadurch eine Bilanzposten von 4,1 Billionen Dollar. Die Anleihen werden bis zu ihre Fälligkeit bei der US-Notenbank bleiben

Immerhin funktioniert der Markt noch soweit, als dass er die Schulden der USA aufgrund der höheren Schuldenquote und den Anleihekäufe der Notenbank mit einem größeren Risiko belegt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat das längst nicht in diesem Umfang getan, sie hat vor allem mit Worten agiert (siehe Grafik).

[highlight] Bilanzsummen von EZB und Fed[/highlight][divider_flat]

[highlight]Zinsentwicklung in Spanien[/highlight][divider_flat]

Exit mobile version