Plusvisionen

Fallende Preise in der Eurozone // Übertriebene Deflationsfurcht?

Ups! Die Preise fallen in der Eurozone. Im Dezember um 0,2 Prozent (siehe Grafik unten). Das ist nicht viel, aber immerhin. Sind rückläufige Preise eigentlich schlimm? Es klingt manchmal so. Als Verbraucher werden Sie sagen, prima, wenn die Preise fallen, dann bekomme ich mehr für mein (verdientes) Geld, zumal wenn es Lohn- und Gehaltssteigerungen gibt. Die Kaufkraft steigt – und das ist zunächst einmal gut so. Damit nimmt gewissermaßen auch der Wohlstand zu, weil man sich mehr leisten kann. Mehr Kleid, mehr Anzug, mehr Kühlschrank, mehr … Die Japan leben schon seit Jahren mit wenig Inflation oder sogar rückläufigen Preisen. Dabei wirkt es keineswegs so, als wäre das Land in einer Krise, die Infrastruktur ist exzellent, es gibt wenig Arbeitslose und keine Armut.

Weshalb also diese Aufregung über (leicht) fallende Preise? Leute der Wirtschaft argumentieren gerne, dass ohne Preissteigerungen die Kaufanreize fehlen, weil immer auf weiter fallende Preise gewartet wird. Würde das so eins zu eins stimmen, dürfte es beispielsweise keine Computer-, Waschmaschinen-, Kühlschränke-, Foto- oder Fernseher-Industrie mehr geben. In diesen Bereichen sind die Preis seit Jahren rückläufig, aber dennoch werden Computer, Tabletts, Smartphones, Fotoapparate oder Fernseher gekauft. Sinkende Preise sind wirtschaftlich vor allem dann schädlich, wenn sie drastisch (und plötzlich) absacken und wenn es keinen technologischen Fortschritt gibt.

Nun aber sind die 0,2 Prozent Preisrückgang im Dezember vor allem auf sinkende Energiepreise zurückzuführen (siehe Grafik unten). Der Öl-Preis scheint im freien Fall. Die Nordseesorte Brent kostete bereits zeitweise unter 50 Dollar. Im vergangenen Sommer waren es noch knapp 120 Dollar. Diese Rückgang ist wohl durch einen Mix aus höherem Angebot (Fracking Öl der Amerikaner) und einer nachlassenden Nachfrage (schwache chinesische Konjunktur und neue Energien) zurückzuführen. Auf jeden Fall wird dadurch in die Eurozone Deflation importiert, wobei der schwache Euro gleichzeitig wieder für importierte Inflation sorgt.

Die Furcht vor einer Deflationsspirale ist somit (maßlos) übertrieben. Deflationsspiralen gehen so: Wenn die Unternehmen keine höheren Preise durchsetzen können, sinken die Gewinne und wenn die Gewinne abnehmen, müssen Arbeitnehmer entlassen werden, wodurch die Nachfrage schwächer wird und die Preise abermals gesenkt werden müssen …

Wahrscheinlicher ist, dass fallende Preise nicht so gut ins große Geld-Konzept passen, schließlich gibt es in der Eurozone viele Staaten mit vielen Schulden, die durch Deflation für die Gläubiger (Sparer) an Wert gewinnen und für die Schuldner schwer zurückzuzahlen sind und durch Inflation praktischerweise entwertet (weginflationiert) werden. Stellen Sie sich vor, sie verdienen heute 100 Euro und nehmen auch einen Kredit über 100 Euro mit 10 Jahren Laufzeit und Nullzinsen auf. In diesen 10 Jahren verdienen sie pro Jahr 3 Prozent mehr (Inflation). Ihre Kaufkraft beträgt dann nach 10 Jahren 134 Euro, aber der Kredit beträgt noch immer 100 Euro – er ist somit quasi ein Drittel weniger wert (weil Sie sich dann auch ein Drittel weniger kaufen werden können). Genau das möchte man, hohe Inflationsraten und niedrige Zinsen, um die Schulden so auf lange Sicht loszuwerden. Dafür wird die Europäische Zentralbank (EZB) demnächst vermutlich auch Staatsanleihen im großen Stil aufkaufen (Quantitative Easing).

 

Bildquelle: Jakob Ehrhardt / pixelio.de

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