Plusvisionen

Italien Aktien Anleihen // Wem die Populisten wirklich nützen

Die vergangenen Wochen haben die Märkte – mal wieder – in Aufruhr versetzt und die eigentlich überwunden geglaubte Euro-Krise wieder aufkochen lassen.  Was ist passiert? Italien hat gewählt und sich mehrheitlich für Populisten am rechten und am linken Rand des Spektrums entschieden. Der Koalitionsvertrag dieser unwahrscheinlichen Allianz enthält eine Vielzahl teurer Versprechen; ein garantiertes Mindesteinkommen für jeden, Steuersenkungen und ein früherer Renteneintritt. Jeder Wähler sollte glücklich gemacht werden. Eine einzige Frage bleibt offen. Wie sollte das ganze finanziert werden?

Die Antwort war einfach: Erst durch einen Schuldenschnitt bei den bestehenden Krediten und dann durch die Aufnahme neuer Schulden. Praktisch also durch ein Geschenk der alten und neuen Gläubiger. Dass das bei den betroffenen Anlegern nicht gut ankommt, versteht sich von selbst. Innerhalb kürzester Zeit stiegen die Zinsen für italienische Staatsanleihen von etwa 1,75 Prozent auf über 3,00 Prozent. Gleichzeitig brachen sowohl der italienische Aktienmarkt als auch der Wert des Euro deutlich ein. Binnen 14 Tagen wurden Werte im Milliardenbereich verbrannt. Das Vertrauen von Investoren ist nachhaltig gestört.

Zahlen für das Chaos und für die von vornherein zum Scheitern verurteilten Versprechen wird am Ende der italienische Steuerzahler.  Jeder Prozentpunkt mehr Zinsen bedeutet rund 23 Milliarden Euro mehr Zinsaufwand im Jahr. Geld, das anderswo fehlt, zum Beispiel bei Sozialleistungen.  Auch ein Schuldenschnitt trifft zuerst die Italiener selbst. Mehr als 50 Prozent der Staatsschulden werden von italienischen Banken, Versicherungen, Unternehmen und Privatpersonen gehalten. Damit treffen die Konsequenzen der überzogenen Forderungen in hohem Maße die eigenen Wähler.

Weiterer großer Verlierer sind die italienischen Banken. In den vergangenen fünf Jahren durch gigantische Summen fauler Kredite in Schieflage geraten, trifft die Zinserhöhung sie zusätzlich. Sowieso schon knappe Refinanzierungsmöglichkeiten werden jetzt noch teurer. Der Wert bisher stabil geglaubter italienischer Staatsanleihen fällt und sorgt für zusätzliche Verluste. Und von der EZB und dem ESM unterstützte Rettungspläne werden noch unwahrscheinlicher, wenn auf der anderen Seite offen mit einem Ausstieg aus dem Euro gedroht wird.

Wer gewinnt durch das Chaos? Zumindest kurzfristig Deutschland, dem aktuellem Lieblingsfeindbild italienischer Politiker. Nämlich dadurch, dass es noch weniger Zinsen für seine Staatsschulden zahlen muss. Gut zu sehen ist das an der Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen. Sie sank von etwa 0,75 Prozent im Januar auf jetzt nur noch 0,25 Prozent. Ein großer zusätzlicher Beitrag zur Schwarzen Null im Haushalt!

Der Grund für den Unterschied im Preis zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen ist schnell gefunden. Es ist keine Manipulation der EZB oder Deutschlands, es ist Vertrauen. Das Vertrauen der Anleger, egal ob Fondsmanager oder Kleinanleger, dass sie ihr Geld am Ende auch wiederbekommen. Dieses Vertrauen haben die Populisten in Italien kräftig erschüttert und damit ihren Wählern einen Bärendienst erwiesen.

Leider zieht der Vertrauensschaden weite Kreise und bleibt nicht nur auf Italien begrenzt. Es trifft vor allem die europäischen Aktienmärkte und hier die Aktien von Banken und Versicherern. Sie haben zum Teil hohe Bestände an italienischen Staatsanleihen im Portfolio. Entsprechend hoch sind die Verlustrisiken.

Für Anleger heißt es jetzt wachsam bleiben ohne in Panik zu verfallen. Gewinne sollten bei den immer noch hohen Kursen realisiert oder abgesichert werden. Bei der Auswahl sollten defensive Aktien bevorzugt werden. Die Krisen 2008 und 2011 sind hier ein guter Anhaltspunkt. Nichtsdestotrotz bleibt ein gewisser Aktienanteil im Portfolio auch weiterhin alternativlos. Denn der Zinsrutsch in Deutschland wirft sämtliche Chancen auf steigende Zinsen bei Tagesgeld und Co. mindestens um ein weiteres Jahr zurück.      

Der Autor

Patrice Kaiser, Merkur Bank, Vermögensverwaltung, Sparen,

Patrice Kaiser, Vertriebs- und Produktmanager für Vermögensanlagen
Patrice Kaiser, 39 Jahre alt, Bankbetriebswirt, verantwortet seit 2011 die fachliche Seite des Anlagegeschäfts in der MERKUR BANK. Im Vordergrund seiner Arbeit steht, die Komplexität einer Vielzahl von Anlageformen und -strategien für den Kunden aufzulösen. Um die individuell beste Lösung bieten zu können, trifft er die Wertpapierauswahl an Hand quantitativer und qualitativer Kriterien. Sein Ziel: die Anlagen zu finden, die langfristig überdurchschnittlich gut abschneiden.
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Bildquelle (Titelbild): Baumeister Ing. Engelbert Hosner, EUR ING. www.bauwissen.at / pixelio.de; Portrait: Merkur Bank

 

 

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