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Merkur Bank Lingel über Bitcoins und das Wirtschaftswunder Draghi

Marcus Lingel, Merkur Bank

Bildquelle: Marcus Lingel, Merkur Bank, bearbeitet

Time is money: Schnell ein paar Fragen zu Geld, Banken, Börse und Bitcoins an Marcus Lingel, persönlich haftenden Gesellschafter der Merkur Bank in München. Die Merkur Bank weist inzwischen eine Bilanzsumme von rund einer Milliarde Euro aus. Sie wurde 1959 gegründet und 1986 von der Familie Lingel übernommen. Seit 1999 notiert die Bank an der Börse.

Herr Lingel, zunächst der Rundumschlag: Was ist Bank heute?
Bank ist heute wie früher eine Umverteilung von Geld in Kredite. Geld wird von der Bank von denjenigen gesammelt, die Geld haben und anschließend in Form von Krediten weitergereicht an diejenigen, die Geld brauchen.

Inzwischen ein ungewöhnlicher Gedanke, wenn man bedenkt, dass die Europäische Zentralbank Geld umsonst verteilt.
Das stimmt so nicht. Eine Bank müsste erst Anlagen am Kapitalmarkt tätigen, die sie dann an die Zentralbank verpfänden könnte. Wer keine Anlagen in verpfändbare Wertpapiere macht, der bekommt von der EZB auch kein Geld. Bei der Merkur Bank ist das so. Wir refinanzieren keinen einzigen Euro über die EZB.

Welchen Zweck könnte Bank in Zukunft erfüllen?
Die Bank wird Transformator vom Sparer zum Kreditnehmer bleiben. Diese wird sich verfeinern, aber vom Kern her, wird es so bleiben.

Bank wird auch in Zukunft gebraucht?
Davon bin ich felsenfest überzeugt. Deshalb will ich die Bank in die nächste Generation führen – und ich habe auch keine Verkaufsabsichten. Banken werden immer gebraucht, aber sie müssen eine Wertschöpfung für die Gesellschaft erzielen.

Wann kommt die selbstfahrende Bank?
Selbstfahrend wird die Bank nie, doch es gibt heute schon Bereiche, die selbstfahrend sind. Die Fintechs wickeln heute Dienstleistungen ab, die früher Banken gemacht haben. Teilweise machen sie das auch besser.

Welchen Einfluss haben die sogenannten Fintechs auf die Branche?
Ich finde sie eine wunderbare Ergänzung. In einigen Massenbereichen werden Fintechs bessere Leistungen erbringen als Banken. Deshalb muss man sich als Bank überlegen: Wo kann ich meine Dienstleistung weiterhin zur Verfügung stellen und wo ist ein Bedarf da?

Zum Geld: Ist Geld eine Anlage?
Geld ist keine Anlage an sich. Geld kann ich speichern, aufbewahren, aber ich kann es auch anlegen.

Tagesgeld ist somit keine Anlage?
Tagesgeld ist schon eine Anlage. Es hat eine hohe Verfügbarkeit und somit eine kleine Rendite. Man kann es einem Portfolio beimischen, aber es ist nicht das Heilmittel, um eine gute Rendite zu erwirtschaften. Im Gegenteil, mit Tagesgeld wird man – zukünftig – die Inflationsraten nicht schlagen können.

Bargeld lacht – oder ein Auslaufmodell?
Ich persönlich könnte darauf verzichten, allerdings glaube ich, Bargeld ist so fest in der Bevölkerung verankert, dass ich nicht denke, dass es irgendwann kein Bargeld mehr geben könnte. Dennoch wird der Bargeld-Verkehr deutlich abnehmen.

Haben Sie schon mit Bitcoins spekuliert?
Ich bin kein Spekulant. Ich halte von Bitcoins nichts.

Ist Kryptogeld das Geld der Zukunft?
Ich habe lange recherchiert, was hinter Bitcoins steht. Ich habe den Eindruck: es ist nichts. Für mich ist es eine Angstwährung. Ich glaube nicht, dass dies auf Dauer gut geht.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, ist für Sie …?
Herr Draghi ist für mich ein Wirtschaftswunder. Er hat es geschafft, acht, zehn Jahre lang eine Konjunktur zu schaffen.

Wird er es weiter schaffen?
Vorübergehend ja. Langfristig … Die extrem niedrigen Zinsen haben dazu geführt, dass die Wirtschaft an Fahrt aufgenommen hat. Wenn das Gift entzogen wird, könnte es zu Krisen kommen. Wo und wie stark lässt sich aber nicht absehen. Momentan ist es jedoch ein Wirtschaftswunder.

Was sagen Sie zur stattlichen EZB-Bilanz als Banker?
Ich betrachte das mit Sorge. Ich befürchte, dass der Ausstieg aus dem billigen Geld nicht reibungslos an uns vorbeigehen wird.

Wann könnten die Zinsen wieder steigen?
Ich habe leider auch nicht den Blick in die Glaskugel. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass in den kommenden zwei Jahren nicht viel passieren wird. Die langfristigen Zinsen könnten etwas steigen.

Brauchen wir den Euro eigentlich?
Ich bin ein überzeugter Euro-Fan – und ich glaube, er ist wichtig und richtig.

Wie könnte für Sie Börse 3.0 aussehen, also Börse in Zeiten künstlicher Intelligenz und selbstlernender neuronaler Netze?
Die Börse ist ein wichtiger Teil unseres Wirtschaftslebens, deswegen glaube ich auch, dass diese langfristig bleiben wird. Die neuronalen Netze spielen mehr in der Entscheidung eine Rolle und nicht in der Abwicklung über Börsen.

Wie funktioniert künftig Finanzierung? Alles durch die Crowd?
Crowd-Finanzierungen werden zunehmen, allerdings bin ich skeptisch, weil es für mich kein kontrollierter Markt ist. Ich denke auch, dass für Marktteilnehmer, die Finanzierungen suchen, die Crowd-Lösungen die teureren sein werden. Banken können Bonitäten besser einschätzen.

Wird die Aktie als Finanzierungsmittel bleiben?
Ich würde mir sogar wünschen, dass mehr Unternehmen an die Börse gehen und mehr Bürger in Aktien investieren, um besser am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben zu können. Wir selber als Merkur Bank sind auch an die Börse gegangen. Ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung sagen, dass die Börse viele Vorteile bringt, sowohl für den Anleger als auch für das Unternehmen.

Was könnte einen Anleger dazu bewegen in die Merkur-Bank-Aktie zu investieren?
Wir sind ein sehr konservativ ausgerichtetes Haus. Wenn jemand eine wertstabile Aktie ins Portfolio hineinnehmen und auch eine vernünftige Dividende haben möchte, verbunden mit einer positiven Zukunftsaussicht, dann sind wir zumindest ein Papier, das man sich anschauen sollte. Wir haben einen hohen Substanzwert, unsere Aktie notiert – leider – noch immer unter dem bilanziellen Eigenkapital und wir haben bei einer Dividende von zuletzt 26 Cent eine gute Dividenden-Rendite. Wir spekulieren nicht und wir gehen keine Zinsänderungsrisiken ein. Unser Risiko ist, dass Kreditkunden ausfallen. Das können wir bei der jetzigen Konjunkturlage gut kalkulieren.

Wie ist ihre Dividenden-Historie? Gab es schon Ausfälle?
Wir haben immer relativ hohe Dividenden ausgezahlt. Vor drei Jahren haben wir die Dividenden-Politik für uns festgelegt: Wir schütten in der Regel 50 Prozent des Gewinns aus, soweit es die regulatorischen Anforderungen zulassen. So haben wir die Dividende in den zurückliegenden drei Jahren von 20 auf 26 Cent erhöht. Im kommenden Jahr werden wir voraussichtlich die Dividende nochmals anheben.

Ihre Prognose für den DAX 2018?
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich der DAX positiv weiterentwickeln wird. Im Vergleich zu Immobilien ist der DAX mit der 14-fachen Kapitalisierung noch immer recht günstig bewertet.

Hier das komplette Interview als Podcast. Das Gespräch wurde am 7. Dezember 2017 aufgezeichnet.

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