Plusvisionen

Große Oper bei der EZB

Heute ist Götterdämmerung. Die Ouvertüre fand bereits auf der vergangenen Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) statt. Damals sagte deren Chef, Mario Draghi, dass man sich wohl fühle beim nächsten Mal zu „handeln“. Dass man keine zu niedrige Inflation dulden werde. Er mache sich „ernste Sorgen“. Schon diese kleine „handeln“ war ein Paukenschlag. Eigentlich legen alle Notenbanken großen Wert darauf nicht ausrechenbar zu werden, keine Ankündigungen zu machen. Doch auf jener Sitzung entschloss sich Draghi auf der Pressekonferenz zu diesem Paradigmenwesel.

Spätestens da war klar: es brennt. Wobei die Flammen nicht den Opern-Horizont in feuriges Rot tauchen, sondern der Brand schwelt eher, was nicht minder schlimm ist. Man sieht den Qualm. Das Feuer frisst sich durch unseren guten alten Kapitalismus wie wir in bislang kannten. Uns dämmert: Geht es womöglich zu Ende mit ihm?

Kapitalismus sieht in den großen Industrienationen heute häufig so aus: Arbeitslosigkeit und geringes Wachstum – und auch das wird nur durch immer höhere Schulden erkauft. Um diese hohen Schulden dann noch schultern zu können, müssen die Zinssätze gnadenlos gesenkt werden. Wie in jenem Rammstein-Song Dalai Lama: „Weiter, weiter ins Verderben“. 3 Prozent, 2 Prozent, 1 Prozent, 0 Prozent – und nun: in Minus. Bald werden die Banken zahlen müssen, um ihr zuvor kostenlos bei der EZB geschöpftes Geld wieder bei dieser parken zu dürfen. Denn parken sollen die Banken nicht, sie sollen Kredite vergeben, was sie aber nicht tun, weil sie noch zu viele faule Kredite in der Bilanz oder ihren Bad Banks stehen haben. So bekommen kleine und mittelständische Unternehmen nur schwer Geld für Investitionen, mit der Folge, dass die Wirtschaft lahmt und die Arbeitslosigkeit hoch bleibt. Sichtbares Symptom dieser Krise: Die Preise steigen nicht mehr – Deflation droht.

Das versuchen die Notenbanker mit aller Gewalt zu verhindern. Schließlich sagt der Godfather aller Monetaristen, Milton Friedman, sehr verkürzt: Konjunkturprobleme seien nichts anderes als Liquiditätsproblem. Ergo: gehe es der Wirtschaft schlecht, müsse man nur genug Geld hineinpumpen, damit es wieder laufe. Leider, leider, so einfach scheint es nicht zu sein. Japan, England, die USA und die Eurozone probieren diese nun schon seit Jahren, aber die Konjunktur kommt nicht mehr so richtig in Schwung, wobei allerdings der totale Absturz (bislang) verhindert werden konnte.

Geld hat keinen Preis, keinen Zins, keine Zeit mehr. Der Zins soll eigentlich Investitionen in die richtige Richtung lenken. Dort ist etwas rentabel, dort risikoreich, dort gibt es nichts zu verdienen, aber es ist wenigsten sicher. All diese Zusammenhänge wurden außer Kraft gesetzt. Es herrscht Zins-Planwirtschaft.

Und wenn Geld nichts mehr Wert ist, dann bekommen auch Sparen nichts mehr für ihr Erspartes. Sollen sie auch nicht. Sie sollen ihr Geld ausgeben, damit die Konjunktur ins Laufen kommt. Dumm nur, dass darunter auch die Altersvorsorge leidet – aber darum kümmern wir uns später, vielleicht. Und nicht nur, dass man für sein Erspartes nichts mehr bekommt, es wird auch, bei negativen Realzinsen und womöglich auch schon bald negativen Nominalzinsen, immer weniger über die Jahre. Was für die Schulden gut ist, wenn sie weniger werden, ist für den Sparer ärgerlich, vorsichtig ausgedrückt. Ist es noch sinnvoll sein Geld bei Nullzins auf der Bank zu lassen, die ja pleite gehen kann? Nein.

Doch wenn jeder sein Geld abhebt, was logisch wäre, wenn man dafür bezahlen muss, gerät das System noch mehr ins Wanken. Vermutlich muss der Staat Bargeld abschaffen oder es künftig zumindest rationieren, also noch mehr Planwirtschaft.

Es geht also auch um ein neues Sparen. Aktien sind in dieser Situation eine gute Alternative. So kann man über die Unternehmensgewinne von der Geldschwemme profitieren. Oder man spart nicht mehr und geht in die Oper.

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Rammstein – Dalai Lama von Cynamai

Bildquelle: EZB / Bundesbank

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