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Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Philipp Vorndran zu Krise, Gold und Aktien-Märkten

Philipp Vorndran, Flossbach von Storch, Interview

Bildquelle: Philipp Vorndran, Flossbach von Storch

Philipp Vorndran, der für die Deutsche Bank, Julius Bär und Credit Suisse tätig war. Von 1991 bis 1996 managte er den damals größten Derivatefonds weltweit. Seit 2009 ist er als Kapitalmarktstratege operativ für die Vermögensverwaltung Flossbach von Storch, tätig, davor war er längere Zeit deren Aufsichtsrat.

Antworten Sie: quick & clean. Smart wäre auch gut. Also effiziente Antworten, schließlich geht es um Wirtschaft.

Haben wir uns in den vergangenen Jahren umsonst Sorgen gemacht? Nicht, dass man sich eine Krise herbeiwünscht, aber gekommen ist sie auch nicht. Oder?
Die Sorgen sind weiter berechtigt. Echte Besserung gab es kaum. Realwirtschaftlich hat sich nicht viel geändert. Es wurde viel Geld von den Notenbanken in den Kreislauf gepumpt, was zu einem Anstieg der Vermögenspreise geführt hat. Gleichzeitig haben wir keine Marktzinsen mehr, sondern planwirtschaftlich festgelegte Zinsen nahe Null.

Der Dow Jones erreicht neue Rekordstände. War der dortige massenhafte Aufkauf von Anleihen mit frisch gedruckten Geld – Quantitative Easing – somit ein Erfolg?
Die Notenbanken haben den Regierungen durch Quantitative Easing Zeit geschenkt. Das ist eine der Voraussetzung für durchgreifende strukturelle Änderungen. Tatsächlich sind die USA hier weiter als Europa und Japan. Vor allem die Probleme im Finanzsektor wurden in den USA beherzter angegangen und viele Banken geschlossen. Aber auch in den USA sehe ich keinen tragfähigen Aufschwung. 2015 wird ein Jahr des Übergangs. Danach ist denkbar, dass die amerikanische Notenbank wieder ein QE-Programm auflegen muss.

Müssen uns die aufgeblähten Notenbankbilanzen mit all ihren Anleihebeständen Kopfschmerzen bereiten?
Natürlich! Aber es ist alleine eine Frage des Vertrauens der Bevölkerung, ob und wie lange solche Maßnahmen der Notenbanken fortgesetzt werden können. Inzwischen beginnt ein immer größerer Teil der Bevölkerung zu spüren, dass etwas falsch läuft, ohne konkret zu wissen, was genau das ist.

In der Schweiz gibt es Ende November ein Gold-Referendum, welches dem ein Riegel vorschieben soll. Der richtige Weg?
Ob es gerade Gold sein muss als Deckung und dieses, wie im Referendum vorgeschlagen, auch bei einem Abschmelzen der Notenbankbilanz nicht mehr verkauft werden darf, lass ich mal dahingestellt. Aber eine Deckung ist sinnvoll. Ich würde mir 50 Prozent Aktiendeckung in der Notenbankbilanz wünschen. Die Dividendenerlöse könnte dann die Notenbank auch als ehrliche Gewinne an den Staat abführen.

Gold sinkt auf ein Mehrjahrestief. Ist Gold ein großer Anlageirrtum?
Gold ist eine Versicherung und die ultimative Währung. Ich rate zu einem Anteil von physischem Gold von etwa 10 Prozent im Privatvermögen.

Was macht Aktien reizvoll?
Sie sind eine Beteiligung am Produktivkapital. Zudem kann man sich mit ihnen hervorragend global diversifizieren und viele sind auch ein sehr guter Inflationsschutz. Für mich sind Aktien derzeit die Anlage mit dem interessantesten Chance-Risiko-Verhältnis. Sie sind auch ein großer Profiteur der Null-Zinspolitik, denn ihre Fremdkapitalkosten fallen. So können Gewinne steigen ohne dass die Erträge steigen müssen. Ich bin davon überzeugt, dass gute Qualitätsunternehmen auch bei rauer See weiter 4 bis 5 Prozent Gewinnrenditen erwirtschaften können.

Warum fällt den Deutschen nichts Besseres ein als Billionen Euro bei Nullzinsen aufs Sparkonto zu legen?
Die Deutschen leiden nach wie vor unter den Erfahrungen mit der Telekom-Aktie und des Neuen Marktes. Sie sind einfach sehr unerfahren an den Kapitalmärkten. Sie scheuen die Kursschwankungen bei Aktien und gehen dadurch – unbewusst – langfristig viel höhere Risiken ein. Sie verlieren sukzessive Kaufkraft auf durch negative Realrenditen auf dem Sparkonto oder richtiges Geld mit abenteuerlichen Anlagen in Hochrisikoprodukten wie Prokon oder so mancher Mittelstandsanleihe.

Sparen wir die Wirtschaft kaputt? Wir könnten konsumieren, investieren, all das, was die Banken nicht mit unserem Geld machen, das sie ohnehin nicht mehr wollen.
Wir haben jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt. Wir haben auch in Deutschland auf Pump konsumiert und dadurch Wachstumsraten von 2,5 Prozent künstlich erzeugt. Jetzt erfolgt eine Angleichung an das langfristig machbare und Sparen ist Ausdruck dieser veränderten Situation. Künftig werden wir uns ohne Kreditdrogen in Deutschland im Durchschnitt wohl mit Wachstumsraten von 1 Prozent zufrieden geben müssen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble spendiert Deutschland und der Eurozone 10 Milliarden Euro. Ist das die Abkehr von der schwarze Null?
Eigentlich sollte sich Herr Schäuble hinstellen, und auf einer Pressekonferenz für die nächsten 10 Jahre jeweils ein Haushaltsdefizit von 4 Prozent für Deutschland verkünden – keine Sorge, dass wird er nie und nimmer machen. Mit den geliehenen Milliarden sollten echte Investitionen für kommende Generationen getätigt werden, Straßen, Brücken, Schulen, Forschung … Das wäre ein Schocker für die Kapitalmärkte und unsere europäische Nachbarn. Die Renditen für Bundesanleihen würden nach oben schnellen und mit ihnen die der anderen Staatsanleihen in der Eurozone. Das Paradox: In der Summe würde die Eurozone geringere Defizite aufweisen, nur anders verteilt, denn mit den deutlich höheren Renditen wären die anderen Staaten in der Eurozone endlich gezwungen den Gürtel enger zu schnallen, während wir dringend notwendige Investitionen in Angriff nehmen könnten.

Ist ein niedriger Euro nun gut oder schlecht?
Ein niedriger Euro ist schlecht für uns Sparer, da dann die Kaufkraft des Geldes sinkt, das jeder einzelne erarbeitet hat. Und gut für Schuldner, denn dadurch steigt die Inflation und ihre reale Schuldenlast wird geringer. Eine Währung ist ein Barometer für den Zustand einer Volkswirtschaft. Geht es ihr gut, dann steigt auch die Währung.

Ver-Wunderland Japan?
Ich war im vergangenen Jahr in Japan im Urlaub. Dort gibt es eine Top-Infrastruktur, die Menschen sind gepflegt gekleidet und erscheinen fröhlich, man sieht praktisch keine Bettler und Obdachlose. Also, Deflation scheint auf den ersten Blick gar nicht so schlecht zu sein …

Liegt das vielleicht daran, dass Japan wie kein anderes Land Geld druckt und seine Staatsverschuldung ausdehnt?
Klar! Die Staatsverschuldung wird von der Bevölkerung finanziert. Zunächst also: kein Problem. Doch irgendwann droht das Schuldenfass überzulaufen. Dann muss man handeln. Selbst die japanische Regierung empfiehlt inzwischen seiner Bevölkerung dringen Aktien – Produktivkapital –, auch im Ausland, zu kaufen.

Kann Japan bald die Steuern abschaffen, wenn die Staatsausgeben über die Notenpresse finanziert werden?
Die traditionellen Steuern, vielleicht. Aber irgendwie kommt der Staat schon zu seinem Geld. Die Bevölkerung zahlt ja beispielsweise ein Art Steuern an den Staat indem sie auf Zinsen verzichtet und dem Staat das Ersparte „umsonst“ überlässt.

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