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Serviceware Aktie // Börsengang mit Erinnerungen an SAP

In Deutschland steht mal wieder der Börsengang (im Prime Standard der Frankfurter Börse) eines Softwareunternehmens an. Nachdem in den vergangenen Jahren bevorzugt Immobilien-, E-Mobility- und Internetfirmen auf das Börsenparkett strebten, hat nun mit der Serviceware eine reinrassige deutsche Software-Company den IPO (Initial Public Offering, Börsengang) angekündigt. Im zweiten Quartal soll es soweit sein, heißt es in der Ankündigung, was in der Regel heißt, dass es dann nur noch wenige Wochen oder gar Tage dauert, bis die Platzierung beginnt.

Bei Serviceware fühlt sich die Story irgendwie bekannt an: Ein paar Freunde, die in jungen Jahren beschlossen haben, die IT-Branche aufzumischen. Ein Softwaresegment, das erst neu entsteht. Ein Produkt, bei dem digitale Standardisierung das bisherige Wirrwarr handgestrickter Lösungen am Markt ordnen soll. Eine fast klammheimlich erarbeitete marktführende Stellung. Das Ganze gestartet in einer Kleinstadt am Rande einer deutschen Metropolregion. Und nach knapp zwei Jahrzehnten Firmengeschichte soll es dann an die Börse gehen. Gab’s so ähnlich schon mal … vor 30 Jahren. Damals hieß das Softwareunternehmen SAP und hat sich anschließend an der Börse gar nicht mal so schlecht entwickelt: heute ist es mehr als 100 Milliarden Euro wert.

Jetzt also (sozusagen zum 30jährigen Jubiläum des bisher erfolgreichsten deutschen Software IPOs) Serviceware. Die Gründer kennen sich seit dem Studium, haben 1998 das Unternehmen im hessischen Bad Camberg gegründet. Bei SAPs Plattner & Hopp hieß das Erfolgssegment betriebliche Standardsoftware (ERP) – bei Martin und Popp ist es ESM. Die Gründer von Serviceware, Dirk Martin und Harald Popp setzen nämlich auf Enterprise Service Management Software, haben eine Plattform mit eigenen Softwareprodukten gebaut, die Serviceprozesse in Unternehmen digital macht, sie effizient steuern und mit Blick auf die Kosten wirtschaftlich abbilden soll. Da Service für Unternehmen immer wichtiger wird, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz bildet und trotzdem nicht zu viel Geld verschlingen soll, klingt das zunächst mal recht aussichtsreich. Zumal das Segment in digitaler Form erst relativ frisch ist und es international keine Plattform gibt, die so breit aufgestellt ist wie die von Serviceware, sagt Serviceware.

Klar, dass bei der Beschreibung der Plattform ein paar Modewörter wie „integriert“ und „modular“ nicht fehlen dürfen, typischer PR-Berater und Investmentbanker-Sprech. Sie scheint aber tatsächlich nicht so schlecht zu sein, die Plattform, zumindest bescheinigen Branchenresearcher wie Gartner eine mal mindestens europaweit führende Stellung und vier der sieben größten deutschen Unternehmen nutzen die Serviceware-Plattform bereits.

Wie liest sich so eine Stellung in Zahlen? 44,3 Millionen Euro Umsatz mit einem hohen Anteil (60 Prozent) an wiederkehrenden Erträgen hat Serviceware im vergangenen Jahr gemacht. Da hätte man vielleicht sogar noch mehr erwartet bei dieser Marktstellung. Auf der anderen Seite, SAP war 1987 im Jahr vor dem Börsengang mit umgerechnet 77 Millionen Euro auch noch nicht Lichtjahre weiter. Auch bei den Mitarbeitern (468 SAP in 1987 und 285 Serviceware in 2017) passt die Relation ungefähr. Bei Serviceware blieb im vergangenen Jahr ein Betriebsgewinn (Ebit) von 5,6 Millionen Euro hängen, eine Steigerung von 57 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Der Börsengang soll nun Geld in die Unternehmenskasse von Serviceware spülen, um weiter zu wachsen. Internationalisierung und weiterer Ausbau des Produktportfolios durch Zukäufe werden als geplante Verwendung der Mittel aus dem Börsengang angegeben. Sehr positiv zu vermerken ist, dass die in diesem Zusammenhang geplante Kapitalerhöhung offenbar den Löwenanteil des IPOs ausmachen soll, die Kassen der Altaktionäre sollen also nicht gefüllt werden. Altaktionäre sind übrigens immer noch die Gründer von damals.

Ein starkes Bankenkonsortium aus Commerzbank und Hauck & Aufhäuser hat sich für den Börsengang zusammengefunden. Offenkundig sind diese beiden Banken recht optimistisch für die Software Company aus Bad Camberg am Taunus – und sie haben sich vielleicht auch mit deutscher Industriegeschichte im Softwarebereich beschäftigt.

Nun darf man auf die Bewertung zum Börsengang gespannt sein. Dazu haben sich Unternehmen und Banken nämlich noch nicht geäußert. SAP wurde damals übrigens zum Börsengang mit umgerechnet rund 450 Millionen Euro gepreist, das war knapp der sechsfache Umsatz. In der Rückschau war das natürlich ausgesprochen günstig, aber einerseits ist man – auch an der Börse – hinterher immer schlauer und andererseits konnte SAP zur Vermarktung der Aktie bei Investoren ja nicht das Killerargument aller nachfolgenden Softwarefirmen anbringen: dass hier womöglich die zweite SAP am Start ist …

Bildquelle: Bernd Sterzl / pixelio.de
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