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Finanzkrise in Russland // From Russia with Love?

Es scheint angerichtet zu werden. Die Finanzmärkte mischen gerade einige klassische Zutaten für eine veritable Finanzkrise in Russland zusammen. Kapitalflucht: Wann immer es in einem Land bald krachen könnte, lässt schon ein Knarren die Köpfe starr aufrichten. Lauschen. Fliehen. 130 Milliarden Dollar (105 Milliarden Euro) werden wohl in diesem Jahr aus Russland abgezogen werden. Besonders schlimm ist das, wenn die Wirtschaft von ausländischem Kapital dominiert wird. Lediglich 30 Prozent der russischen Aktien wird von Russen gehalten. Wie sollen in dieser Stimmungslage neue Investitionen finanziert werden, ohne die Aussicht auf frisches Geld? Wie lassen sich Kredite bedienen oder eine Anschlussfinanzierung aushandeln? Derzeit wohl gar nicht. Dabei stehen russische Firmen im Ausland mit 330 Milliarden Euro in der Kreide. Der Brandgeruch eines Meltdowns des Industriesektors mit anschließenden Bankenpleiten ist schon zu riechen.

Rubelverfall: Wenn Auslandskapital abgezogen wird, dann gerät die Landeswährung unter Druck. In Russland scheint der Rubel schon außer Kontrolle zu sein. Im Vergleich zum Euro ist der Rubel seit Jahresbeginn um knapp 30 Prozent gefallen, gegenüber dem Dollar sieht es noch schlimmer aus. Dabei hat Zentralbankchefin Elwira Nabiullina zuletzt wahrscheinlich mit umgerechnet bis zu 25 Milliarden Euro dagegengehalten. Noch kann sich Russland dies leisten. Das Land verfügt über einen gewaltigen Devisenschatz von rund 320 Milliarden Euro. Doch die Erfahrungen zeigen: Währungsrücklagen schmelzen in heißen Krisen schnell dahin. 20 Prozent sollen sie in diesem Jahr schon weniger geworden sein. Ab 2015 will die russische Notenbank den Rubel deshalb freigeben. Vorher (Ende Oktober) hat Nabiullina den Leitzins aber noch um 1,5 Prozentpunkte auf 9,5 Prozent erhöht. Zudem hat sie die Beschränkung aufgehoben, dass die Notenbank täglich nur Rubel in einem Gegenwert von 350 Millionen Dollar aufkaufen darf. Man wolle jetzt in ausreichendem Maß auf Veränderungen am Devisenmarkt reagieren.

Was bei Russland im Gegensatz zu üblichen Währungskrisen fehlt ist ein Leistungsbilanzdefizit. Russland hat in diesem Jahr einen vom International Währungsfonds erwarteten Überschuss von 56 Milliarden Dollar oder von 2,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Russland leidet vor allem unter Sanktionen, seiner Politik, seinen stark auf den Rohstoffsektor ausgerichteten Wirtschaftsstrukturen und damit verbunden unter dem sinkenden Ölpreis. Ein Problem für die Bevölkerung ist auch die hohe Inflation.

Wie wird Putin reagieren? Vielleicht gibt es dazu Hinweise auf dem G20 Gipfel in Bisbane. Wird er dem Westen in der Ukraine-Frage entgegenkommen, sodass die Sanktionen gelockert werden? Oder setzt er weiter auf eine starke Politik, um von den wirtschaftlichen Problemen im Land abzulenken?

Spannend: Im zurückliegenden Jahrzehnt hat Putin Russlands Goldreserven auf 1.150 Tonnen verdreifacht. Laut World Gold Council soll Russland allein im vergangenen Quartal 55 Tonnen Gold gekauft haben. Will man so Devisenreserven umtauschen und/oder traut man dem eigenen und dem globalen Finanzsystem nicht mehr?

Der russische Aktienmarkt inzwischen spottbillig, wenn man an eine Lockerung der Sanktionen glaubt. Aber selbst Russland scheint lieber in Gold als in die eigenen Unternehmen (Aktien) zu investieren.

Wer dennoch langfristig am russischen Aktienmarkt investieren will, sollte dies über ETFs tun, wobei diese in der Regel nicht währungsgesichert sind.

 

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