Plusvisionen

Jens & Mario // Zwei Türme oder der Reverse-Ponzi-Trick

Gläsern und schroff erheben sich die beiden Türme im Osten der Stadt 185 Meter in die Höhe; dort wo dereinst Obst und Gemüse verkauft wurden, wird heute Geld gehandelt. Es ist die letzte Sitzung in diesem Jahr und die erste in den Türmen. Grandiose Aussicht vom Sitzungssaal.

Handelnde Personen
Jens: Deutscher und Notenbanker mit Hang zur Sparsamkeit
Mario: Italiener und Notenbanker mit Hang zur Lockerheit (Dolce Denaro)

 

Jens: Kennst du eigentlich Carlo Pietro Giovanni Guglielmo Tebaldo Ponzi?

Mario: Wen?

Jens: Ponzi. Ein Landsmann von dir.

Mario: Einer von uns?

Jens: Du meinst, ein Notenbanker?

Mario: Ja.

Jens: Ja … ähm … nein. Nein!

Mario: Was jetzt?

Jens: Nein. – Was machst du eigentlich?

Mario: Ich rechne. Ich brauche eine Billion.

Jens: Wozu das?

Mario: Für die Bilanz.

Jens: Und?

Mario: Versteht du eh nicht …

Jens: Der Italiener hat sein Geld in Schubladen, Waschkörben und einfach auf dem Boden gesammelt, weil er nicht wusste wohin damit.

Mario: Interessant, wie hieß der nochmal?

Jens: Ponzi.

Mario: Kommt mir irgendwie bekannt vor. Sicher, dass es kein Notenbanker ist? Die kenne ich eigentlich alle. – Was hat er gemacht?

Jens: Versprechen.

Mario [erstaunt]: Das machen wir auch. Doch einer von uns?

Jens: Er war mal Bankangestellter.

Mario: Wusste ich’s doch. Also doch.

Jens: Nur kurz.

Mario: Einmal Banker, immer Banker. Wie ging sein Versprechen?

Jens: 50 Prozent in 45 Tagen oder Verdopplung in 90 Tagen.

Mario: Und?

Jens: Die Leute haben ihn zugeschüttet mit Geld. Und mit dem eingezahlten Geld hat er die Gewinne ausgezahlt.

Mario [denkt nach]: Ach … inspirierend …

Jens: Er ging aber pleite, weil ihm irgendwann das eingezahlte Geld für die Auszahlungen ausging oder weil zu viele ihre Geld und ihre Gewinne sehen wollten …

Mario: Na ja, Jens, das kann uns ja nu nicht passieren. Wir sitzen ja sozusagen an der Quelle. – Jens, so was brauchen wir auch, nur umgekehrt.

Jens: Du meinst doch nicht etwa wir sollten …

Mario: Genau! Wir bringen einfach immer mehr Geld in Umlauf, bis keiner mehr anders kann, als es auszugeben und nennen es die Reverse Ponzi Long-Term Refinancing Operation. RPLTRO.

Jens: Meinst du nicht, dass die Leute mit Ponzi im Namen stutzig werden könnten?

Mario: Santo cielo! Wir verwenden einfach nur die Abkürzung, ist eh griffiger. Und anstatt Rendite gibt es gar keine Zinsen mehr, dann spart auch keiner. Prächtige Idee Jens!

Jens: Ich hab doch gar nicht …

 

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