Plusvisionen

Warten auf Mario

PERSONEN
Janet
Mario
Börsianer
Alter Mann

 

ERSTER AKT
Börse. Ein einzelner Monitor. Morgen.

Mario robbt auf allen Vieren über das leere Parkett. Er scheint etwas zu suchen. Wirkt erschöpft dabei. An einer Ritze hält er kurz inne. Kratzt mit dem Finger. Kopfschütteln. Er sucht weiter und gibt dann auf.

Mario: Nichts. Nichts zu machen.

Er stößt an die Fesseln von Janet, die plötzlich mit gespreizten Beinen vor ihm steht. Er hat sie nicht kommen sehen.

Mario: Ich glaube es nicht. Das kann doch nicht sein. Ich kann das einfach nicht zulassen. Ich wehre mich gegen diesen Gedanken. Mario, du hast nur noch nicht alles versucht. Ich werde den Kampf nicht aufgeben. Er verharrt bei dem Gedanken an den Kampf. Zu Janet: Was machst du hier? Bist du weiter?

Janet: Meinst du?

Mario: Doch, du bist es. Verzweifelt. Du darfst alles machen.

Janet: Lass dich erstmal umarmen. Mario steht schwerfällig auf. Sie umarmen sich.

Mario: Ich dachte schon, du wärst weg. Weit vorausgegangen. Für immer und ich hänge nach, hänge hier fest. Da bist du also wieder. Schön. Darf man fragen, wo die Dame war?

Janet: Im Aufschwung. Dort ist alles gut. Es gibt keine Rückfälle. Man muss sich keine Sorgen machen, um die Schulden und die Banken.

Mario: Matt. Wie wunderbar das klingt. Ich dachte schon, so etwas gibt es gar nicht mehr.

Janet: Hat man dich geschlagen?

Mario: Mit glänzenden Augen. Ja, dort in der Ecke. Sie haben mich in diese getrieben. Ich habe mich gewehrt. Ich habe gesagt, dass ich bereit bin alles zu tun – und das dies auf jeden Fall ausreichen werde. Ich konnte nicht mehr anders. Verstehst du das? Verstehst wenigstens du mich?

Janet: Haben sie dann abgelassen von dir?

Mario: Es ist viel besser geworden. Aber ich habe Gegner, die mir meine Erfolge missgönnen. Der Preusse will nicht, dass ich alles tue. Er sagt immer wieder: das sei schlecht, das gehöre sich nicht für unsereins. Aber was gehört sich schon in diesen Zeiten? Warum hat er etwas dagegen.

Janet: Ach hör einfach nicht auf ihn. Er versteht uns nicht, die es auch unkonventionell mögen.

Mario: Kling sehr depressiv. Ich liege meist hier unten. Alles fällt um mich herum – und ich habe das Gefühl, ich kann es nicht aufhalten, so sehr ich mich auch mühe. Börsianer geht pfeifend vorbei. Zu Janet: Sie sind die einzigen, die sich freuen, über das, was ich tue. Aber sie sind undankbar. Kein gutes Wort ist von ihnen zu hören, obwohl ich sie gerettet habe und ihnen glänzende Gewinne beschere.

Janet: Das kenne ich. Ben ging das auch so. Alan haben sie noch gefeiert. Aber alles ist selbstverständlich geworden. Wir sind zu ihren Dienern verkommen.

Mario: Ich habe manchmal genug. Vielleicht sollte ich einfach aufgeben? Ein letztes Fanal. Ich ziehe einfach die Schraube fester an … dann bricht alles zusammen. Börse. Banken. Staaten.

Janet: Mach das nicht. So hätten sie einen Schuldigen. Vielleicht waren sie nur darauf.

Ein alter Mann geht vorbei und murmelt etwas davon, dass er immer recht hat.

Janet: Wer war das?

Mario: Kennst du ihn nicht? Du kennst ihn? Er ist der Schlimmste von allen. Er gibt sich immer so unschuldig, so als hätte er mit alledem nichts zu tun. Er hat keine Seele, weil er eigentlich gar nicht ist und doch ist er ständig da. Wir sind er.

Janet: Kann man ihn nicht aufhalten?

Mario: Nein, das geht nicht. Er läuft immer weiter, unbeirrt. Ich habe es versucht. Du kannst ihn einschüchtern. Ja, er weicht zurück. Aber sobald du nachgibst, kommt er aus seinem Loch gekrochen und fängt an dich zu triezen. Flüstert zu Janet: Ich habe Angst vor ihm. Mario siehst sich panisch um. Aber bitte sag das keinem. Wenn er weiß, das du Angst vor ihm hast, ist es aus. Er darf nie wissen, was du denkst, was du tun wirst.

Alter Mann kommt wieder vorbei. Man versteh in kaum. Er sagt: immer dieses Warten.

Janet: Sehr leise zu Mario. Auf was wartet er? Er wirkt so krank.

Mario: Lass dich davon nicht täuschen. Er ist nicht krank. Taxiert den alten Mann, der Mario fragend anblickt. Er tut immer nur so. In Wirklichkeit ist er sehr agil. Er wartet. Das ist gut so. Wenn er wartet, macht er nicht viel. Ich kenne ihn.

Janet: Woher?

Mario: Ich war früher selber einer von ihm. Er wartet auf dich und mich. Was wir tun werden. Wann wir es tun werden.

Janet: Warum sagen wir es ihm nicht einfach?

Mario: Werden wir, aber nicht alles. Wieder zuversichtlicher. Das ist unsere Macht. Nur so können wir ihn beherrschen. Wenn wir etwas sagen, wird er sich gleich austoben, aber dann muss er wieder warten. Ob wir ihm zu fressen und zu saufen geben.

Janet: Du redest wie von einem Tier.

Mario: Er kann zu einem werden.

 

Bildquelle: sigrid rossmann  / pixelio.de

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