Plusvisionen

Stada Aktie // Abend ohne Abend, aber mit Wasser und Müsli-Riegel

Chaos und Spannung, aber auch ein enorm dickes Sitzfleisch erforderte der Besuch der Stada-Hauptversammlung am vergangenen Freitag in Frankfurt, die erst kurz vor Mitternacht endete. Der institutionelle Investor „Active Ownership Capital“ (AOC), der sich weit weniger aktivistisch gab, als es vorher in der Presse zu lesen war, legte in der Aussprache mehrfach die Finger in die Wunden des Aufsichtsrats, wies auf Fehler in der Vergangenheit hin, zeigte Unfähigkeiten der Stada-Verwaltung auf und sparte dabei nicht mit harten Fakten, beispielsweise beim Thema PR-Beratung. So verwunderte es den Großteil der anwesenden Stada-Aktionäre und Aktionärs-Vertreter, dass der AR-Vorsitzende Martin Abend eine eigene PR-Agentur (mit guten Kontakten zur FAZ) beschäftigt, die neben der PR-Agentur des Vorstands für Stada arbeitet. Während der aktuelle Stada-Vorstandschef Matthias Wiedenfels und sein CFO Helmut Kraft die an sie gerichteten Fragen recht kurz, aber klar und deutlich beantworteten, schwamm Abend von Frage zu Frage, meist, ohne wirkliche neue Fakten zu liefern. Seine Antworten entwickelten sich für die Zuhörer, zu denen auch der Autor dieser Zeilen gehörte, immer mehr zum Langweil-Faktor. Gut, dass gleichzeitig im Vorraum die Essensaufnahme schon möglich war.

Richtig spannend wurde es, als die ersten Abstimmungen nach 18 Uhr anstanden. Dabei lief es zunächst rund – in der ersten Wahlrunde. Doch Versammlungsleiterin Karin Arnold, die vom Aufsichtsrat als externe und neurale Leiterin – richtigerweise – beauftragt worden war, unterlief ein Formfehler, der eine erste lange Unterbrechung nach sich zog. So musste die erste Wahlrunde wiederholt werden. Dabei wurden alle Vorstände (auch Ex-Chef Hartmut Retzlaff) und alle Aufsichtsräte entlastet. Allerdings schmetterten die Anteilseigner ein neues Vergütungssystem für den Vorstand ab. Dies zeigte, dass die institutionellen Anteilseigner, die AOC teilweise unterstützten, gegebenenfalls Mehrheiten gegen die bisherige Stada-Verwaltung zusammenbekommen können. Bei den dann folgenden Wahlen neuer Aufsichtsratsmitglieder wurden zunächst zwei Kandidaten gewählt, die von Stada und von AOC unterstützt wurden. Als dann aber jeweils zwei Kandidaten der bisherigen Verwaltung und zwei von AOC vorgeschlagene Personen jeweils keine Mehrheit für ihre Wahl erhielten, war das Chaos perfekt. Denn Sitzungsleiterin Arnold musste zunächst juristischen Rat einholen, wie in diesem Fall weiter zu wählen sei. Dies sorgte für die nächste längere Unterbrechung.

Letztendlich kam es dann zu Stichwahlen, bei denen sich ein Vertreter der alten Stada-Verwaltung und ein AOC-Kandidat gegenüberstanden. Dabei setzte sich – überraschend deutlich – jeweils der Stada-Kandidat durch. Dies wiederum sorgte bei der im Publikum gut erkennbaren AOC-Riege für schlechte Laune. Doch noch war die letzte Kugel nicht verschossen, wenngleich der anwesende Caterer seine Zelte vor Sitzungsende gegen 22 Uhr abbrach, aber immerhin Wasser im Tetrapak und Müsli-Riegel zurückließ. Denn es stand noch der Antrag auf Abwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Abend und seines Stellvertreters Carl Ferdinand Oetker an. Während sich Oetker eine breite Unterstützung der Eigner sicherte, war nach mehr als 13 Stunden Versammlungszeit das Ende von AR-Chef Abend bei Stada besiegelt. Die Anteilseigner entzogen dem Dresdner Rechtsanwalt das Vertrauen, wohl vor allem, weil er als Handlanger und Befehlsempfänger des ehemaligen Vorstands Retzlaff gilt, aber auch, weil er in der Versammlung mehrfach einen inkompetenten Eindruck hinterlassen hatte. Wie aus Gesprächen im Publikum zu entnehmen war, stimmten dabei auch mehrere alte Stada-Aktionäre und selbst treue und loyale Stada-Mitarbeiter gegen den AR Abend. Als sein Nachfolger wurde mit dem Schweizer Pharma-Top-Manager Eric Cornut ein AOC-Kandidat ins Gremium gewählt, der in einem kurzen persönlichen Gespräch mit dem Autor dieser Zeilen einen kompetenten, zudem ruhigen und sachlichen Eindruck hinterließ.

Cornut war damit der einzige echte AOC-Kandidat, dem der Einzug ins Aufsichtsgremium gelang. Trotzdem waren die Versammlung und das generelle Engagement bei Stada für die junge AOC-Riege ein Erfolg. Denn wohl nur deren Einsatz in den vergangenen Wochen ist es zu verdanken, dass auch im Vorstand und sogar im Aufsichtsrat der Wille entstand, alte Strukturen aus der Retzlaff-Ära aufzubrechen und neue Ideen schnell umzusetzen. Und auch die Aktionäre dürfen AOC dankbar sein, denn der Höhenflug der Stada-Aktie in den vergangenen Monaten dürfte zu einem Großteil auf das AOC-Konto gehen.

Dass in tiefer Nacht, im Anschluss an die HV, als der Autor dieser Zeilen endlich auf dem Heimweg war, Carl Ferdinand Oetker zum neuen Aufsichtsratschef gewählt wurde, erscheint folgerichtig. Er kennt Stada, ist bereit für neue Wege und stammt zudem aus einer sehr bekannten Unternehmerfamilie. Gleichzeitig ist er als Ex-Chef des Bankhauses Lampe (im Besitz der Familie Oetker) mit den Eigenarten des Finanzmarkts bestens vertraut. Mit den neuen Aufsichtsratsmitgliedern hat er nun zudem ausreichend fachspezifische Kompetenz für die Weiterentwicklung des Stada-Konzerns um sich. Dies wiederum dürfte für die zukünftige Stada-Kursentwicklung wichtig sein. Dem Papier billigen wir daher weiteres Potenzial zu. Die Aktie (725180), die am heutigen Montag aufgrund des Dividenden-Abschlags (0,70 Euro) etwas leichter eröffnete, bleibt also langfristig ein Kauf.

Aber auch das zuletzt vorgestellte Bonus-Zertifikat von Vontobel (VN1U5G) darf weiter ins Depot. Bleibt die Barriere bei 40 Euro (Abstand: 15,5 Prozent) bis zum Stichtag am 16. Dezember 2016 unverletzt, winkt eine Bonus-Rendite von 11,2 Prozent oder 35,5 Prozent p.a. Bei den vorher schon vorgestellten Papieren VS9NXD, VN1ANA und VN1ANC sind hingegen kaum noch oder nur noch geringe Restrenditen zu erzielen. Hier können Gewinne mitgenommen werden oder aber das Laufzeitende abgewartet werden, wenn das investierte Geld nicht benötigt wird.

[highlight]Stada-Aktie (Wochenchart): Top-Formation[/highlight][divider_flat]

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Bildquelle: Stada
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