Plusvisionen

Grenke-Aktie // Ein zweites Wirecard?

Bildquelle: Grenke

Hätte es den Wirecard-Skandal nicht gegeben, wäre die Situation anders. So befürchten viele Marktteilnehmer, dass sich auch hinter Grenke ein Firmengeflecht befindet, welches das Frisieren von Bilanzen zulässt. Denn der bekannte Short-Seller Fraser Perring hat über seinen sogenannten Reserch-Dienst Viceroy eine extrem negative Studie in Umlauf brachte, die genau eine derartige Manipulation vermutet.

Der Vorwurf lautet Bilanzfälschung! Da wird der Markt derzeit hellhörig, zu Recht nach der Skrupellosigkeit bei Wirecard. Und das Timing war perfekt: Der Aktienmarkt lief sehr ruhig, da die Marktteilnehmer vor der US-Zinsentscheidung kaum umschichteten oder neu investierten. Fraser Perring hatte die entsprechenden Short-Positionen bereits aufgebaut. Und schon waren bei Fraser einige Millionen verdient, während der Grenke-Aktionär üble Verluste hinnehmen musste.

Denn als Folge der Veröffentlichung knickte die Grenke-Aktie (A161N3) von Kursen um 60 Euro bis ein Zwischentief bei 25,90 Euro ein. Aktuell erholte sich das Papier immerhin wieder in den Bereich um 30 Euro. Es kam also trotzdem in etwa zu einer Kurshalbierung.

Doch was steckt hinter Grenke. Der Finanzdienstleister aus Baden-Baden ist seit vielen Jahren im Leasinggeschäft aktiv. Schwerpunkte sind dabei alle Dinge rund um die IT, also Telefonanalgen, Computer, Notebooks und so weiter.

Hier ist Grenke der Pionier der Branche. Das Wort „Leasing“ verschwand aber vor geraumer Zeit aus dem Namen, da Firmengründer und Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Grenke, der den Konzern viele Jahrzehnte führte, neue Geschäftsfelder hinzufügte. Dies ist das Factoring, also die Abrechnung für andere Firmen und eine eigene Bank, die immerhin über Einlagen von 1,3 Milliarden Euro verfügt.

Die Firma kam schon im Jahr 2000 an die Börse, interessanterweise ein halbes Jahr nach dem IPO von Wirecard. Auffällig ist Grenke dabei aber eher selten geworden, da die Prognosen meist gehalten werden konnten.

Und auch der Wechsel von Wolfgang Grenke, der das Unternehmen als Student schon 1978 gründete, vom Vorstand in den Aufsichtsrat im Frühjahr 2018 verlief problemlos. Operativ gilt Grenke allerdings eher als ein aggressiver Verkäufer. Doch Klappern gehört bekanntlich zum Handwerk.

Die aktuelle Vorstandchefin Antje Leminsky verwies die Anschuldigungen in einer ersten Stellungnahme ins Reich der Fabel. So konnte sie einen zentralen Vorwurf schnell widerlegen, der lautete, dass von den im Halbjahresfinanzbericht 2020 ausgewiesenen 1,08 Milliarden Euro an liquiden Mitteln gar nicht existiere.

Per 30. Juni lagen davon aber 849 Millionen Euro auf Konten der Deutschen Bundesbank. Und auch heute schlummern dort 761 Millionen Euro. Aktuell arbeitet das Management – sicherlich unter Volldampf – an einer ausführlichen Stellungnahme und behält sich auch rechtliche Schritte gegen den Short-Seller vor, der aber auch in der Vergangenheit nie juristisch greifbar war.

Zunächst gibt es aber weiter große Unsicherheit, weshalb der Kurs der Aktie auf niedrigem Niveau verweilt. Lösen sich die Vorwürfe und die Short-Positionen in Luft auf, dürfte der Kurs durch die Decke gehen und zumindest in den Bereich um 50,00 Euro klettern. Darauf zu setzen, bleibt aber hochriskant, weshalb auch wir zunächst zum Abwarten raten, bis die ausführliche Antwort vorliegt. Dies wird schon am morgigen Freitag der Fall sein, wie das Unternehmen inzwischen mitteilte.

Risikofreudige können aber beispielswiese ein Discount-Zertifikat (DFN0DF) ins Kalkül ziehen. Es läuft bis 18. Dezember 2020. Notiert die Aktie dann über dem Cap bei 20 Euro, gibt es exakt 20 Euro in Cash zurück. Auf Basis des aktuellen Zertifikate-Kurses von 15,70 Euro, ergibt sich eine Renditechance von 27,5 Prozent (hochgerechnete 139 Prozent p.a.). Geht die Aktie unter 20 Euro ins Ziel, rutschen Anleger erst bei Kursen unter 15,70 Euro in den Verlust. Dazu muss sich das Papier vom aktuellen Niveau also nochmals halbieren. Solche Konditionen sind für Discounter natürlich nicht normal, sie zeigen aber, wie sinnvoll ein Einsatz dieser Produkte bei extremen Kursschwankungen (also bei einer hohen Aktienvolatilität) sein kann.

Sollten sich die Vorwürfe aber als richtig erweisen und der Kurs der Grenke-Aktie sich analog zum Wirecard-Papier zum nahezu wertlosen Penny-Stock entwickeln, ist auch mit dem Discounter der Einsatz größtenteils verloren. Daher sollten Anleger die Position glattstellen, wenn der Basiswert unter das Cap-Niveau fällt und damit Verluste eng begrenzen.

Grenke-Aktie (Tageschart): massiver Absturz nach Short-Attacke

grenke, aktie, chart

Bildquelle: Grenke
Exit mobile version