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Interview Bernhard Oberschmidt – USU Software // Mittelfristig deutlich lukrativer

USU Software

Bildquelle: USU Software

Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Bernhard Oberschmidt, Vorstandsvorsitzender von USU Software, über die Bundeswehr & IKEA, Chatbots, den Wandel hin zum SaaS-Geschäft und potenzielle Übernahmen. Bei dem „eher niedrigen USU-Aktienkurs“ sieht Oberschmidt „aktuell keine Basis dafür, dass Großaktionär Udo Strehl seine USU-Papiere hergeben würde.“ Und auch die Analysten sehen das Kursziel für die USU-Aktie (A0BVU2) durchschnittlich bei mehr als 30 Euro.

Herr Oberschmidt, USU Software bezeichnet sich selbst als „den führenden Lösungsanbieter für digitale IT & Kundenservices“. Könnten Sie unseren Lesern bitte an zwei konkreten Beispielen erläutern, welche Lösungen Sie Ihren Kunden anbieten?
Bernhard Oberschmidt: Gerne. Beispielsweise statten wir die Bundeswehr mit einer zentralen Plattform für ihre vielfältigen IT-Services aus. Herausforderungen sind die sehr heterogene, komplexe IT-Infrastruktur und die anspruchsvollen Sicherheitsvorgaben. Unsere Lösung unterstützt bei der transparenten Verwaltung von mehreren hunderttausend IT-Geräten mit ihren Konfigurationen, Verträgen und so weiter, bei der optimalen Beschaffung von Hard- und Software oder allen IT-Problemen und Service-Aufträgen.

Ein weiteres Beispiel ist IKEA. Dort kommen unsere Wissensmanagement-Lösungen im weltweiten Kundenservice zum Einsatz. Täglich erhalten über 100.000 Kundinnen und Kunden aus über 30 Ländern bedarfsgerechte Informationen oder IKEA-Services, die ihnen über verschiedene Kommunikationskanäle wie Website, Chat, E-Mail oder via klassischem Anruf qualitätsgesichert angeboten werden. Das geht hin bis zu Tipps, wie sie Rotweinflecken aus dem Sofabezug am besten entfernen können.

Künstliche Intelligenz (KI) im Allgemeinen und ChatGPT im Speziellen sind derzeit groß in den Schlagzeilen. Für USU Software sind dies mehr als reine Buzzwords. Welche Rolle spielen Chatbots schon heute für USU?
Die Entwicklung ist in diesem Bereich sehr dynamisch, daher beobachten wir den Markt genau. Chatbots sind für uns seit einigen Jahren eine wichtige Ergänzung unseres Kundenservice-Portfolios. Wenn diese auf den jeweiligen Einsatzzweck des Kunden zugeschnitten sind, können sie hohen Nutzen stiften, indem sie Service-Teams von Routineanfragen entlasten, zum Beispiel Auskünfte zur Lieferfähigkeit von Produkten oder Terminvereinbarungen. Fortgeschrittene Systeme können sogar aktiv Handlungen vornehmen, zum Beispiel Buchungen ausführen oder im IT-Bereich Laufwerke anbinden oder den Drucker einrichten.

Da ein einzelner Chatbot nur begrenzte Funktionen abdecken kann, haben wir aus einem Forschungsprojekt heraus das Konzept von miteinander vernetzten Chatbots – eines „Bot Universe“ – entwickelt. Durch die einfache Erstellung kleiner, übersichtlicher und wiederverwendbarer Chatbots ist es so möglich, mit geringem Aufwand leistungsfähige Dialogsysteme zu bauen. Und natürlich lassen sich in eine solche Multibot-Architektur auch generative KI-Sprachmodelle wie ChatGPT integrieren.

Wie kommt die neue Chatbot-Lösung von USU bei den Kunden an? Und wie könnten KI-Sprachmodelle wie ChatGPT den Kundenservice revolutionieren?
Chatbots sind als Teil unserer Customer-Service-Lösung bei vielen Kunden im Einsatz. Zunehmend nutzen diese auch unser bereits erläutertes neues Technologie-Konzept. Und natürlich loten wir derzeit zusammen mit unseren Kunden die Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT aus. Wenn es um Textzusammenfassungen, die Textklassifizierung und die Generierung von Texten bei eng begrenzten, weniger kritischen Themen und konsistent aufbereiteten Inhalten geht, kann generative KI ihre Stärken ausspielen – zum Beispiel beim Nennen von Öffnungszeiten. Auf die Frage „haben Sie am Mittwoch nachmittags geöffnet“, liefert das System nicht nur die Seite mit den Öffnungszeiten, sondern antwortet konkret: „Ja, wir haben am Mittwoch auch nachmittags von 14.00 bis 16.30 Uhr geöffnet.“ Auf jeden Fall bleibt die weitere Entwicklung sehr spannend.

Im ersten Quartal ist USU erneut zweistellig gewachsen, wobei diesmal die Auslandsumsätze etwas stärker zugelegt haben. Wie zufrieden sind Sie mit dem Start ins Jahr 2023?
Ich bin überaus zufrieden mit dem Geschäftsverlauf im Auftaktquartal, wobei diese Dynamik wohl nicht auf das Gesamtjahr hochgerechnet werden kann, da wir im Zuge des wirtschaftlichen Abschwungs insbesondere in Deutschland eine gewisse Verunsicherung sehen, die zu einer Kaufzurückhaltung führen kann. Dennoch gehen wir mit einem deutlichen Schwung ins Jahr und haben ja auch beim Auftragsbestand deutlich zulegen können, so dass die Guidance für das Gesamtjahr 2023, die ein Umsatzwachstum auf 134,0 bis 139,0 Millionen Euro und einen Ebitda-Ausbau auf 16,5 bis 18 Millionen Euro vorsieht, weiterhin Bestand hat.

Beim Blick auf die Q1-Zahlen fällt auf, dass die Ebitda-Marge mit 11,4 Prozent trotz höherem Umsatz etwas unter dem Vorjahreswert lag. Was ist die Ursache dafür?
Wir hatten ja bereits in unserem Ausblick auf das laufende Jahr mit Verkündung der Geschäftszahlen 2022 angekündigt, dass wir im Zuge des von uns forcierten Wandels vom Einmal-Lizenzgeschäft hin zum Software-as-a-Service- / SaaS- Geschäft mit rückläufigen Lizenzerlösen rechnen, was dann auch so eintrat. Zwar konnten wir dies durch steigende SaaS- und Beratungsumsätze abfangen, aber letztlich bedeutet dieser Wandel eine Umsatz- und Margenverschiebung in die Zukunft, da SaaS kurzfristig weniger ertragsreich ist als ein Lizenzumsatz, mittelfristig aber deutlich lukrativer.

Wenn man berücksichtigt, dass Sie nach dem ersten Quartal bereits 33,3 Millionen Euro Umsatz in den Büchern haben, liegen die Wachstumserwartungen für Q2 bis Q4 unter dem Wachstum, das Sie für Q1 gezeigt haben. Bewusst konservative Guidance oder rechnen Sie mit einem langsameren Wachstum in den Folgequartalen?
Wie erwähnt erkennen wir eine gewisse Skepsis im Markt, was die gesamtwirtschaftliche Entwicklung betrifft, da wir uns ja aktuell in einer sogenannten technischen Rezession befinden. Nach zwei Quartalen mit rückläufigem Bruttoinlandsprodukt sind die Erwartungen für die Folgequartale auch eher bescheiden. Und aus Vorsichtsgründen müssen wir die Marktstimmung und auch das Feedback potenzieller Kunden in unserer Guidance berücksichtigen. Dennoch haben wir ja unsere Guidance für 2023 und auch die Mittelfrist-Guidance, die ein durchschnittliches jährliches Umsatzwachstum von zehn Prozent bei einer kontinuierlich steigenden Ebitda-Marge, die bis 2026 auf 17,0 bis 19,0 Prozent ausgebaut werden soll, bekräftigt.

Sie sprachen bei der Prognose für das Gesamtjahr von einem „deutlich ansteigenden Anteil von SaaS-Abschlüssen bei Neukunden und einem Wachstum der SaaS-Umsätze mehr als 25 Prozent“ – beruht diese Prognose auf bereits laufenden Projekten / Anfragen oder worauf stützt sich dieser Umstand?
Zum Teil beruht diese Prognose auf bereits gewonnenen Projekten, was sich ja unter anderem im Rekord-Auftragsbestand widerspiegelt, zum anderen forcieren wir SaaS in diesem Jahr gegenüber Lizenzabschlüssen unter anderem durch eine angepasste Vertriebs-Provisionierung und Kundenberatung.

Der Hauptversammlung am 20. Juni werden Sie eine Dividende von 0,55 Euro je Aktie vorschlagen. Im Vergleich zum Vorjahr stellt dies eine Anhebung um zehn Prozent dar. Dürfen Ihre Anleger auch in den Folgejahren auf weitere Steigerungen hoffen?
Wir haben ja eine klare Dividenden-Policy, nach der wir etwa die Hälfte des Gewinns an unsere Aktionärinnen und Aktionäre ausschütten wollen, wobei die Dividende nie unter dem Vorjahr liegen soll. Insofern sind aufgrund der geplanten Gewinnsteigerungen auch entsprechend höhere Dividenden absehbar, wobei ich nicht versprechen kann, dass dies bereits für das laufende Geschäftsjahr der Fall sein wird.

An der M&A-Front war es zuletzt sehr ruhig bei USU, insbesondere aufgrund der hohen Preisvorstellungen auf der Verkäuferseite. Hat hier inzwischen teilweise ein Umdenken stattgefunden?
Zukäufe sind ja neben der Entwicklung und Vermarktung eigener Innovationen und dem Ausbau der Internationalisierung eine klar definierte Wachstumssäule unserer strategischen Planung. Auch wenn insbesondere bei Private-Equity-Unternehmen das Geld nicht mehr so locker sitzt, haben sich die Preisvorstellungen vieler Verkäufer noch nicht an das Marktumfeld angepasst, so dass ich kurzfristig keinen positiven Abschluss erwarte.

Und mittelfristig? In welchen Bereichen würden Sie sich gerne mit Zukäufen verstärken?
Mittelfristig werden die Preise bestimmt wieder realistischer werden und genau dann möchte ich die Gunst der Stunde nutzen. Was das Akquisitionsziel betrifft, haben wir eine klare M&A-Roadmap, an der wir uns bei der Suche nach potenziellen Zukäufen orientieren: Ein potenzieller Übernahmekandidat sollte unser Portfolio und /oder die internationale Marktpräsenz erweitern und kulturell zu uns passen.

Deutsche Software-Aktien standen zuletzt auffällig oft im M&A-Fokus, wie zum Beispiel aktuell die Software AG, GK Software und auch SNP. Sehen Sie auch USU selbst als Übernahmekandidaten?
Mein Ziel ist es, den Unternehmenswert unserer Gesellschaft langfristig zu steigern und so einen Mehrwert für die Anteilseigner zu schaffen. Da der Gründer und Aufsichtsratsvorsitzende Udo Strehl über 50 Prozent der Aktien hält, ist eine Übernahme nur mit seiner Zustimmung möglich. Und ich sehe bei dem eher niedrigen USU-Aktienkurs aktuell keine Basis dafür, dass er seine USU-Aktien hergeben würde, zumal er ebenso wie ich von der positiven Entwicklung unserer Gesellschaft überzeugt ist und hieraus eine wesentlich bessere Aktien-Performance erwartet, als dies eine kurzfristige Übernahme bringen würde.

Herr Oberschmidt, besten Dank für das schnelle Interview.

Bildquelle: USU Software
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