Plusvisionen

Twitter bleibt auf der Suche

Er hat sich bemüht, redlich, fleißig, strebsam, aber es hat nicht sein sollten. So könnte es in seinem Zeugnis stehen. Der Chef des Kurznachrichtendienstes Twitter, Dick Costolo, wirft hin. Die Twitter-Aktie freut sich anfänglich sehr, dann doch nicht mehr so arg. Umsatz, User und vor allem der Gewinn blieb unter der Ägide von Costolo weit hinter den Erwartungen der Aktionäre zurück. Längst war der Sprung in die Gewinnzone erwartet und gefordert worden. Die Zahlen des ersten Quartals waren eine Katastrophe. Die Twitter-Aktie zwitscherte von mehr als 50 Dollar auf unter 40 Dollar ab – und dort steht sie noch jetzt.

Costolo ist es vor allem nicht gelungen die Schar der User deutlich zu erweitern und populärer zu werden. Twitter kommt nach wie vor etwas intellektuell daher, da User sehr von dem überzeugt sind, was sie von sich geben, selbst bei banalsten Alltagsdingen. Bashing ist Alltag. Es fehlt ein wenig an Lockerheit, dafür scheint immer eine gewisse überdrehte Grundaufgeregtheit zu herrschen.

Genial ist Twitter im beispielsweise Finanz- und Politikbereich (finde ich). Der Nachrichtenstrom hier kann mit jeder Agentur mithalten – echter Crowd-Journalismus. Gerade diese Kurznachrichten machen Twitter vermutlich nach wie vor für einen Internet-Giganten wie Google interessant, der über wenige eigene geschriebene Inhalte verfügt.

Großen Spaß machen bei Twitter die neuen Dienste Vine und Periscope. Bei Vine lassen sich Mini-Videos (6 Sekunden) veröffentlichen und teilen. Periscope ist quasi ein TV-Sender. Jeder kann mit ihm zum Live-Streaming-Kameramann und Regisseur werden. Die Zuschauer können Fragen stellen und kommentieren, wunderbar, spannend. Periscope klingt durchaus vielversprechend.

Interessant ist auch, dass Twitter die 140-Zeichen-Begrenzung bei seinen Direktnachrichten aufgibt. Das ist ein Schritt Richtung Messenger. Allerdings ist es bei Twitter meist so, dass man Follower hat, die man nicht persönlich kennt (anders als bei Facebook oder Whatsapp). Ein Twitter-Messenger hat daher wahrschneinlich nicht das gewaltige Potenzial. Allerdings hat Twitter kürzlich noch weitere Regeln geändert: Zum Erhalten von Direktnachrichten muss man sich nicht mehr gegenseitig folgen und zudem kann man Direktnachrichten an viele Nutzer schicken (Gruppenchat). Das erweitert die Möglichkeiten.

Bleibt noch das schnöde Geldverdienen. Costolo ist beim Entwickeln eines Geschäftsmodells sicher weitergekommen, aber noch nicht weit genug. Twitter muss in die schwarzen Zahlen kommen, das wird die vordinglichste Aufgabe von Interimsnachfolger Jack Dorsey (Twitter-Mitgründer) sein, neben der Suche nach einem neuen CEO. Anders wird die Twitter-Aktie nicht aus dem Kurs-Keller kommen.

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Bildquelle: Twitter @jack

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