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Antonio Goncalves Devexperts Interview // Big Data, Prognosen und virtuelles Trading

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Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Antonio Goncalves von Devexperts. Er spricht mit Plusvisionen über Big Data in der Finanzwelt, Prognosen in der Zukunft und virtuelle Handelsräume.

Hier das komplette Interview als Podcast. Das Gespräch mit Antonio Goncalves von Devexperts wurde am 3. Mai 2018 am Rande der DKF 2018 in München aufgezeichnet:

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Börsensäle im klassischen Sinne gehören bereits der Vergangenheit an. Werden Handelsräume generell verschwinden?
Auch diese werden mehr und mehr verschwinden. Es wird noch irgendwo Rechnerzentralen geben, aber schon in den kommenden zwei bis drei Jahren wird die Entwicklung dahin gehen, dass wir uns beispielsweise Microsoft-Goggles aufsetzen und unseren eigenen Arbeitsplatz aufbauen, selbst wenn sich jemand auf einer Jacht in Monte Carlo befindet. Die unterschiedlichen Geräte und Apps werden dann via Wlan mit Fingerschnipp aktiviert. Experimentell ist das schon heute möglich, was wir auf unserem Messe-Stand bereits zeigen.

Sehen wir schon in den kommenden Jahren Trader in Cafes sitzen, die wild gestikulieren?
Absolut. Es wird sogar die Möglichkeit geben von verschiedenen Standorten weltweit im selben virtuellen Handelsraum zu agieren, beispielsweise um Volatilitäten zu handeln.

Wie weit wird Big Data die Finanzmärkte beeinflussen beziehungsweise wie hat Big Data die Finanzmärkte schon beeinflusst?
Big Data hat quasi an den Finanzmärkten begonnen. Ich war lange an der New-York-Stock-Exchange. Dort zeigt sich: Börsen werden vom Hochfrequenzhandel bestimmt. Es gibt mehr Wertpapieraufträge pro Sekunde als weltweit Klicks bei Google. Wir als Menschen können nicht mehr als eine bestimmte Anzahl von Klicks generieren, aber eine Maschine kann das – und sie machen es. Die ersten gewaltigen Datenmengen wurden so an den Finanzmärkten verarbeitet.

Sehen Sie einen Vorteil in diesem schnellen Trading und diesen großen Datenmengen?
Es gibt sicherlich einen Vorteil hinsichtlich der Liquidität, zudem wird die menschliche Intervention auf die Finanzmärkte weniger. In den Nachrichtensendungen heißt es zwar, dies und jenes sei der Grund für Kurssteigerungen oder fallende Notierungen, aber in Wirklichkeit weiß niemand den wirklichen Grund, da die Märkte eben vom Hochfrequenzhandel dominiert werden.

Beruhigt Sie das oder beunruhigt Sie das? Macht Ihnen der Computer mehr Angst oder der Mensch – an der Börse, wohlgemerkt?
Mir macht nichts Angst. Man muss die Zukunft nehmen wie sie kommt. Mein Rat: Man soll sich nicht gegen Technologie stemmen, weil keiner gegen den Fortschritt gewinnen kann.

Glauben Sie, bezogen auf die Finanzmärkte, dass der Computer irgendwann den Menschen ersetzen könnte – oder wird es ein Miteinander geben?
Ja, es wird ein Miteinander geben, aber mehr und mehr braucht es in der Finanzwelt auch Softwareentwickler mit mathematischen Kenntnissen und mit Finanzwissen. Der klassische Trader mit bloßen Kenntnissen über die Finanzmärkte wird aussterben. Was es in Zukunft braucht: Spezialisten, die das menschliche Know-how in Codes umwandeln können. Bereits in den zurückliegenden Jahren hat das Maschinen-Trading zugenommen.

Sie sagten gerade: Der Mensch muss den Maschinen noch etwas beibringen. Glauben Sie, dass es in absehbarer Zeit Maschinen beziehungsweise Algorithmen geben wird, die sich selbst verbessern?
Ohne Zweifel. In der Finanzwelt werden durch künstliche Intelligenz die menschlichen Fähigkeiten erweitert.

Was könnte das für Folgen haben?
Wir sehen es im Moment noch aus unserer menschlichen Perspektive, dass es unmenschlich wirkt. Aber die künstliche Intelligenz ist auch eine Form der menschlichen Intelligenz. Alles, was daraus entsteht ist als logische Konsequenz auch menschlich. Die Angst ist, dass wir es nicht als menschlich ansehen, doch es ist lediglich eine Erweiterung der menschlichen Intelligenz und keine unterschiedliche Intelligenz. Die Angst ist somit unnötig. Wir müssen KI als ein Instrument für uns sehen.

Der Computer ist der bessere Trader?
Ohne Zweifel. Der Computer weiß mehr als der Trader. Die Maschine kann mehr Daten analysieren.

Wie könnte Börse aussehen, wenn viele ganz schlaue Computer gegeneinander antreten?
Die Volatilität nimmt zu. Innerhalb einer Sekunde geht es nach unten und wieder nach oben … Sie bekommen das gar nicht mit. Es wird auch zunehmend schwerer zu erklären, warum sich der Markt so bewegt hat. Big Data in der Finanzwelt ist aus dem Gedanken geboren die Zukunft besser vorhersagen zu können, aber Big Data wird dazu führen, dass die Zukunft immer weniger vorhersagbar ist, weil es immer komplizierter wird.

Welche Auswirkungen könnte das auf Renditen haben? Lohnt es sich noch in Aktien anzulegen? Löst sich die Branche selbst auf?
Keiner sollte versuchen innerhalb einer Sekunde Rendite zu machen. Das sollten man der Maschine überlassen. Anleger sollten sich ein diversifiziertes Portfolio zusammenstellen – und liegen lassen.

Auf lange Sicht kann man sich noch ein paar Aktien hinlegen …?
Ja, daran hat sich nicht geändert. Ein breit gestreutes Aktienportfolio wird sich in aller Regel nach fünf oder zehn Jahren gut entwickelt haben.

Wir wird sich die Finanzwelt in den kommen entwickeln? Wird es noch Menschen, ein paar Berater vielleicht, geben?
Sogar die Beratung könnte virtuell sein. Das gesamte Geschäft wird sich virtualisieren. Sehr wichtig wird Kontrolle werden. Daten müssen kontrolliert werden. Meist sind es Unternehmen mit einem wirtschaftlichen Interesse, die unsere Daten wollen und weniger der Staat. Die große Frage ist nun: Wie werden unsere Daten kontrolliert und von wem?

Werden wir wieder die Kontrolle über unsere Daten zurückerlangen?
Nein, leider nicht. Die Tendenz ist: Es wird keine Geheimnisse mehr geben. Sie werden in der Badewanne sein – und ihre Nachbarn werden das sehen können, wenn sie wollen.

… wenn es den Nachbarn denn interessiert … Herr Goncalves, vielen Dank für dieses hochinteressante Gespräch.
Vielen Dank auch.

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