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FinTech Group Frank Niehage Interview // Wie in Jeff Bezos Ökosystem für Amazon

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Bildquelle: FinTech Group AG, bearbeitet

Time is Money // Schnell ein paar Fragen an den CEO der FinTech Group, Frank Niehage, über die Bankenbranche und deren Wandel, Wertschöpfungsketten, Gewinnziele, Ähnlichkeiten mit Jeff Bezos Amazon und, ob die FinTech Group in naher Zukunft eine Dividende zahlen wird.

Was halten Sie von Negativzinsen? Warum sollen Sparer/Anleger ihr Geld bei Negativzinsen noch auf die Bank bringen?
Es wird Sie nicht überraschen, dass ich selbst kein großer Freund von Negativzinsen bin. Sie belasten die deutschen Sparer und innovative Geschäftsmodelle wie das unsere. Wir können die Geldpolitik der unabhängigen EZB aber nicht ändern. Da wir bei flatex keine Konto- und Depotgebühren haben und seit elf Jahren konstant höchstens 5,90 Euro pro Trade – außerbörslich – verlangen, leiten wir den Negativzins der EZB jetzt an unsere Kunden weiter. Sobald sich die Geldpolitik ändert, gehen wir mit. Wir sind ehrlich und transparent – andere arbeiten mit versteckten Gebühren. Wichtig ist: Es fallen nur Bareinlagen, nicht aber Anlagen in Wertpapieren oder Festgeld unter den Negativzins. Unsere Kunden haben also Alternativen. Wer zu flatex kommt, will Rendite und kein Sparbuch. Ich kann nur jedem empfehlen, sein Geld für sich arbeiten zu lassen, indem man Aktien oder andere Wertpapiere kauft. Sparen bedeutet in der in der aktuellen Niedrigzinsphase realer Kapitalverzehr.

Interessieren sich Trader für Negativzinsen? Bei Ihrem Broker flatex haben Sie Negativzinsen eingeführt. Was sagen oder besser gesagt tun die Kunden?
Flatex-Kunden sind Selbstentscheider und gehören zu den aktivsten Tradern in Deutschland. Deshalb wissen sie auch, dass sie keinen Negativzins zahlen, wenn das Geld angelegt ist. Seit wir den EZB-Negativzins bei flatex eingeführt haben, ist ein kleiner dreistelliger Millionen-Euro-Betrag abgeflossen – wir haben aber nur wenige hundert Konto-Kündigungen erhalten. Es war unser Ziel, die Bareinlagen zu reduzieren, damit unsere Gruppe weniger Geld bei der EZB anlegen muss. Wir rechnen mit einem Ergebnisbeitrag in Höhe eines einstelligen Millionen-Euro-Betrages im Jahr 2017.

Wenn man den Wandel in der Bankenwelt in den kommenden zehn Jahren auf einer Skala von eins bis zehn beschreiben sollte … Wo steht die Branche derzeit?
Wir gehen davon aus, dass wir uns erst am Anfang der Disruption des traditionellen Bankengeschäfts befinden und diese Entwicklung noch Jahre anhalten wird. Die Großbanken kämpfen aktuell so mit ihrer Vergangenheit, dass sie kaum nach vorne schauen können. Unfassbar hohe Sach- und Personalkosten belasten sie. Ich denke auch, dass die Hälfte des Filialnetzes in den kommenden zehn Jahren wegbrechen wird, weil sich alle standardisierten Bankgeschäfte online abspielen. Gleichzeitig ist die IT der Banken ein Puzzle und wenigen der digitalen Anwendungen massenkompatibel – hier wurde der Zeitpunkt, rechtzeitig zu investieren, oft verschlafen.

Wie will die FinTech Group von diesem Wandel profitieren?
Das vergangene Jahr 2016 war das beste Jahr der Unternehmenshistorie, was wir neben der starken Perfomance von flatex auch der ungebrochen hohen Nachfrage für unsere FinTech-Expertise verdanken. Wir helfen bereits vielen Banken bei der Neugestaltung ihrer IT-Landschaft, aber auch jungen neuen Playern, in den Markt einzutreten. Beispiel Retail Banking: Wir verkaufen unseren B2B-Kunden Leistungen, damit sie ein funktionierendes Online-Banking anbieten können. Wir sind damit das System hinter dem System. Auch die Pipeline für 2017 sieht bereits sehr positiv aus und wir gehen davon aus, dass die Nachfrage mehrere Jahre anhalten wird.

Wie könnte sich das auf die Gewinne der FinTech Group in den kommenden Jahren auswirken?
Wir haben gerade die Gewinnprognose für 2017 erhöht: Wir erwarten einen Jahresüberschuss von 17,0 Millionen Euro, nach zuvor 15,1 Millionen Euro. Das entspricht einem Gewinn pro Aktie von mehr als einem Euro, nach zuvor 90 Cent. Als Management sind wir übrigens sehr stolz, dass wir unsere Guidance bislang immer erfüllt oder sogar übererfüllt haben. Der Jahresüberschuss für das Jahr 2016 lag mit 12,3 Millionen Euro – Vorjahr minus 2,2 Millionen Euro – auch deutlich oberhalb der Analystenschätzungen [mehr dazu hier]. Nachdem wir in den vergangenen Jahren den Turnaround geschafft haben, uns auf Wachstum ausrichten und alte Kostenfaktoren nicht länger zu Buche schlagen, sind wir auf Gewinn programmiert. Eine Guidance für 2018 haben wir aber noch nicht herausgegeben. Mittelfristig wollen wir einen Umsatz von 150 Millionen Euro, einen Betriebsgewinn Ebitda von 50 Millionen Euro und 30 Millionen Euro Jahresüberschuss erwirtschaften.

Was ist Ihnen lieber: organisches Wachstum oder Firmenzukäufe?
Ich will vor allem profitables Wachstum für unsere Firma. Das anhaltende Wachstum von flatex ist da ein schönes Beispiel für organisches Wachstum, das wir weiter ausbauen werden. Dieses Jahr werden wir unseren 200.000. flatex-Kunden begrüßen. Ich habe aber auch immer gesagt, dass Zukäufe für uns infrage kommen, wenn sie Sinn machen. So haben wir etwa bei OnVista mitgeboten, fanden das aber letztlich zu teuer. Grundsätzlich schauen wir uns alles an, mit dem wir unsere Wertschöpfungskette erweitern. Sowohl Startups als auch Unternehmen wie Xcom kommen infrage.

Wo sehen Sie für die FinTech Group die schönere Zukunft, im Geschäftskundenbereich – B2B – oder im Privatkundensegment – B2C – also bei Ihrem Broker flatex?
Beides sind attraktive Geschäftsbereiche. Im historischen Mittel ist der B2C-Bereich von einer höheren Volatilität gekennzeichnet. Der B2B-Bereich zeichnet sich durch langfristige Verträge aus und ist daher weniger von Schwankungen betroffen. Wie in Jeff Bezos Ökosystem für Amazon, befruchten sich die Bereiche gegenseitig.

Honoriert die Börse die Perspektiven der FinTech Group ausreichend? Was sagen Sie: Die Börse hat immer recht oder nie recht? Haben Sie noch Ziele für den Börsenwert der FinTech Group?
Weder, noch. Mit Blick auf unseren seitwärts tendierenden Kurs kann ich nur sagen, dass es wohl manchmal etwas dauert, bis sich die faire Bewertung findet. Wir sind aktuell unterbewertet. Ein konkretes Kursziel haben wir nicht. Wenn man uns allerdings mit unseren Peers vergleicht, haben wir ein geringeres Multiple, daher gibt es für unseren Kurs Luft nach oben.

Was halten Sie von Dividenden? Ist es unverschämt als Aktionär eine solche zu fordern? Wann wird die FinTech Group eine Dividende zahlen?
Wir haben immer gesagt, dass wir eine Growth Story sind. Das heißt wir reinvestieren unsere Gewinne und planen daher keine Dividenden.

Die FinTech-Group-Aktie wird beispielsweise an der Stuttgarter Börse unter der WKN FTG111 gehandelt.

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Bildquelle: FinTech Group [bearbeitet]
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