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Interview Sebastian-Justus Schmidt – Enapter // Grüner Wasserstoff für jedermann

Enapter

Bildquelle: Enapter

Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Sebastian-Justus Schmidt, Gründer und Vorstand von Enapter (A255G0). Er erklärt, was die Gesellschaft macht, warum Lego beim Erklären hilft, wo die Produkte bereits zum Einsatz kommen und warum eher kurz- als mittelfristig auch eine Massenproduktion machbar ist.

Herr Schmidt, seit gut einem Jahr ist Enapter inzwischen börsennotiert, nachdem Ihre Gesellschaft in einen bereits gelisteten Börsenmantel geschlüpft ist. Was machen sie genau?
Enapter entwickelt und produziert Elektrolyseure. Unsere AEM-Elektrolyseure sind sehr kompakt und skalierbar. Mit ihnen kann praktisch jedermann an jedem Ort der Welt aus regenerativen Energiequellen grünen Wasserstoff herstellen und zum Beispiel als Energiespeicher für vielfältige Anwendungen nutzen.

Wasserstoff für jedermann klingt ja schon sehr vielversprechend. Aber was muss man sich darunter vorstellen?
Unsere Elektrolyseure haben ein standardisiertes, modulares Design. Man kann das mit Computern vergleichen. In den 1980er Jahren gab es Großrechner, die extra für eine Anwendung konstruiert wurden. Ebenso gibt es heute Elektrolyseure, die von Ingenieuren gebaut und dann von Ingenieuren für einen bestimmten Zweck betrieben werden. Wenn man heute in die modernen Rechenzentren sieht, stehen dort tausende in Reihe geschaltete Standardrechner, die zusammen die nötige Rechenleistung produzieren.

Und genau denselben Weg gehen wir. Unsere AEM-Elektrolyseure können einfach betrieben und je nach Bedarf gekoppelt werden. Dafür braucht es lediglich einen „Installateur“, der die Anlage aufbaut. Ähnlich wie ein Heizungsmonteur, der bei Ihnen im Keller einen neuen Kessel montiert oder dem Elektriker, der eine Solaranlage auf dem Dach montiert. Unser Design und die verwendete Software machen die Wasserstoffgewinnung einfach und völlig unabhängig von der jeweiligen Anwendung.

Also ein wenig wie ein Legosystem?
(lacht) Unsere Elektrolyseure haben alle die gleiche Farbe, aber das Bild passt ganz gut. Egal wofür Sie den Wasserstoff erzeugen wollen, unsere Technik ist modular integrierbar. Sie können damit jede Wasserstoff-Anwendung bauen.

Wo kommen denn Ihre Elektrolyseure aktuell zum Einsatz?
Unsere Kunden kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen aus über 40 Ländern. Unternehmen wie Hyperion Motors und ZeroAvia nutzen unsere Elektrolyseure zur Betankung von Fahrzeugen und Flugzeugen. In den Niederlanden wird ein Blockkraftwerk einer Wohnanlage damit betrieben. In Japan dienen sie für ein Stadion als Notstromaggregat. In der Schweiz wird eine Berghütte des Alpenvereins damit betrieben. Es spielt faktisch keine Rolle wo, unter welchen klimatischen Bedingungen und wofür die gespeicherte Energie genutzt werden soll. Wir können jede Anwendung ablösen, in der aktuell noch fossile Brennstoffe zum Einsatz kommen. Die Massenproduktion der AEM-Elektrolyseure wird uns weiteres Potential erschließen.

Mit dem dieses Jahr geplanten Umsatz sind Sie aber noch weit von einer Massenproduktion entfernt. Dazu kommt, dass Wasserstoff noch wesentlich teurer ist als herkömmliche Energieträger.
Wir setzen mit unserer Plattform-Strategie konsequent auf eine massive Kostenreduktion durch Massenfertigung. Es ist geplant, dass Ende 2022 unser Enapter-Campus in Saerbeck (NRW) in die Produktion einsteigt und ab 2023 von dort aus Kunden beliefert werden können. Dann können wir zusammen mit unserem bestehenden Werk in Pisa perspektivisch 10.000 AEM-Elektrolyseure pro Monat fertigen und so den Herstellungspreis von fossilen Energiequellen wahrscheinlich unterbieten. Denn faktisch wird mit der Massenproduktion der Preis des AEM-Elektrolyseurs massiv sinken. Dann wird unsere Vision des Wasserstoffs für jedermann Realität.

Die Konkurrenz schläft ja bekanntlich nicht und errichtet Großanlagen im Megawattbereich. Wie wollen Sie sich hier mit ihren kleinen Gräten durchsetzen?
Im April kündigten wir an, mit unserem AEM Multicore in die Megawatt-Klasse in der Wasserstoffproduktion vorzustoßen. Noch nicht einmal ein halbes Jahr später erhielten wir Ende Oktober, die erste verbindliche Bestellung vom renommierten Steinbeis Institut. Beim Multicore kombinieren wir 420 in Masse gefertigte Kernmodule, die AEM Stacks, zu einem komplett redundanten Gesamtsystem.

Die in Reihe geschalteten Module können rund 450 Kilogramm Wasserstoff pro Tag produzieren. Das entspricht dem Energieäquivalent von 9,5 Barrel Rohöl (rund 1.500 Liter). Das ist genau die Umsetzung, die ich vorher am Beispiel der Rechenzentren erläuterte. Das macht unsere Anwendung extrem flexibel und ermöglicht uns, alle Marktsegmente kosteneffizient, wartungsarm und flexibel zu bedienen.

In den letzten Wochen hat Ihr Aktienkurs nachgegeben. Heißt das, dass ihre Vision noch nicht geteilt wird?
Unsere Vision kommt gut an. Kürzlich haben wir den von der Royal Foundation verliehenen Earthshot-Preis, der mit einer Million Pfund dotiert ist, gewonnen. Das ist so etwas wie der Umwelt-Oscar. Natürlich war das eine starke Motivation für uns. Tatsächlich traut man uns zu, einen signifikanten Beitrag zur Dekarbonisierung der Energieerzeugung beizutragen. Wir haben Ende Oktober eine Kapitalmaßnahme mit institutionellen Anlegern durchgeführt und dabei 30 Millionen Euro von internationalen Investoren eingesammelt.

Es wird offensichtlich verstanden, wo wir uns hin entwickeln wollen. Diese Kapitalmaßnahme zu 23 Euro pro Aktie hat den Kurs temporär belastet. Analysten sehen uns bei einem Aktienkurs nach einem aktuellen Update bei 46 Euro fair bewertet. Die entsprechenden Studien können auf unserer Website im IR-Bereich [HIER klicken] heruntergeladen werden. Mit dem darin prognostizierten Wachstum fühlen wir uns komfortabel. Wichtiger als der kurzfristige Blick auf den Aktienkurs ist für uns aber das operative Geschäft. Wir setzen unsere Strategie weiter Schritt für Schritt um, denn wir haben keine Zeit zu verlieren, um unseren Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten.

Herr Schmidt, vielen Dank für das schnelle Interview!

Bildquelle: Enapter
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