Plusvisionen

Börsen im Abwärtstrend // Crash oder Kurskorrektur?

Für Aktionäre startet der Oktober wenig erfreulich. Statt der erhofften Herbstrally gibt es fallende Kurse auf breiter Front. So verlor der deutsche Leitindex DAX in den ersten zwei Wochen zeitweise über sechs Prozent an Wert. Die Verluste bei einzelnen Werten, besonders bei amerikanischen Internettiteln, waren noch deutlich größer. Anleger fragen sich jetzt: Ist das der Beginn eines lang andauernden Börsencrash oder eine zwar ärgerliche aber auch notwendige Kurskorrektur nach einer erfolgreichen Börsen-Rally?

Auf Ursachensuche: Wie in den meisten Fällen gab es nicht den einen, konkreten Auslöser für den Kurseinbruch. Vielmehr summierte sich bereits in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Faktoren zu einer sehr komplexen Gemengelage. Eine große Rolle spielten natürlich die Unberechenbarkeit der amerikanischen Wirtschaftspolitik und der nach wie vor ungeregelte Brexit. Ein weiterer Grund war sicherlich auch, dass die amerikanische Notenbank Fed Stück für Stück die Zinsen erhöht hat und damit kontinuierlich dem Aktienmarkt Geld entzieht.

Der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war wahrscheinlich die Warnung des IWF. Die weltweite Wirtschaft soll in den nächsten Jahren deutlich weniger stark wachsen, als bisher angenommen. Diese Warnung ist durchaus berechtigt. Schon heute stecken besonders Entwicklungs- und Schwellenländer in ernsthaften Schwierigkeiten. Durch die Zinserhöhungen in den USA werden mehr und mehr Gelder aus diesen Ländern abgezogen. Gleichzeitig steigen die Schulden, die meistens in Dollar aufgenommen wurden. Oft kommen noch hausgemachte Probleme hinzu. Eine hohe Inflation und die Abwertung der eigenen Währung sind die Folge. Betroffen davon sind Länder wie Argentinien, Pakistan oder die Türkei.

In der Summe überwiegt deshalb heute bei vielen Analysten und professionellen Investoren die Skepsis, ob die hohe Bewertung vieler Aktien – vor allem in Amerika – noch gerechtfertigt ist. Gewinne werden realisiert und Risikopositionen geschlossen. Dieses eher kurzfristig ausgerichtete Handeln führte zu starken Verkäufen und damit den hohen Kursverlusten.

Ein Ausblick: Sollten nun auch, eher langfristig orientierte, Privatanleger, sich komplett vom Aktienmarkt verabschieden? Sicher nicht! Betrachtet man die letzten 20 Börsenjahre, stellt man mehrere Punkte fest.

Erstens, die größten Kursverluste in einer Korrekturphase erfolgten häufig binnen weniger Tage, danach war „das Schlimmste“ vorbei und die Kurse schwankten nur noch moderat. Zweitens verlor der DAX, von den Höchstständen gerechnet, in der Regel nicht mehr als 30 Prozent. Aktuell liegt der DAX rund 15 Prozent unter dem Höchststand vom Anfang des Jahres. Die Hälfte der Strecke ist also schon zurück gelegt. Ausnahmen gab es nach der Dotcom-Blase und der Lehmann-Pleite. Drittens waren Kurskorrekturen, langfristig betrachtet, immer gute Zeitpunkte zum Einstieg. Bisher wurden alte Höchststände immer übertroffen.

Das heißt nicht, dass es in den nächsten zwöft Monaten nicht zu weiteren Kurseinbrüchen kommen kann. Durch den Kursrutsch sind die Ursachen für das Stottern der Weltwirtschaft noch nicht beseitigt. Kommt es zu keiner Lösung beim Brexit oder im Handelsstreit zwischen den USA und China, werden sich die Probleme weiter verschärfen. Dann sind weitere Verluste sogar wahrscheinlich.

Trotzdem bringt die Kurskorrektur neue Chancen am Aktienmarkt mit sich. Die Bewertung der Unternehmen im Verhältnis zum Kursgewinn hat sich besonders bei deutschen Aktien deutlich verbessert. Auf Unternehmensseite sprechen eine hohe Auslastung und Auftragslage sowie weiter gute Gewinnerwartungen für eine Erholung der Kurse. Hinzu kommt, dass nach wie vor Alternativen fehlen. Denn Zinsen für Tagesgeld und Co. wird es in Europa mindestens bis Mitte nächsten Jahres nicht geben.

Konsequenzen für Anleger: Jeder Kurseinbruch ist für Anleger eine besondere Herausforderung. Es ist wichtig, einen kühlen Kopf zu behalten. Mehr denn je ist es notwendig, bei der Auswahl der Anlagen auf das richtige Risikoprofil zu achten. Überprüfen Sie, ob bisherige Anlagen zu Ihrem persönlichen Risikobudget passen. Häufig gibt es geeignetere Alternativen.

Außerdem liegen nach wie vor viele Anlagen von langfristigen orientierten Anlegern immer noch deutlich im Gewinn. Diese Gewinne gehören abgesichert. Dabei ist der vollständige Verkauf nur eine – und nicht immer die beste – Lösung. Oft helfen schon weniger bekannte Varianten der Limit-Order, um sich effektiv vor Verlusten zu schützen. Ihr Anlageberater weiß hier mehr.

Wer jetzt Vermögen neu anlegt, kommt natürlich nicht um eine direkte oder indirekte Anlage in Aktien herum. Allerdings sollte keinesfalls der gesamte Anlagebetrag investiert werden, aber ein gut auf die Risikobereitschaft abgestimmter Teil. Verteilen Sie die Anlagetermine auf die nächsten vier Quartale, statt alles in einer Summe zu investieren. Fallen die Kurse weiter, erreichen Sie so einen günstigeren Einstiegskurs. Steigen die Kurse, profitiert zumindest schon ein Teil Ihrer Anlage von den Kursgewinnen.

Der Autor

Patrice Kaiser, Merkur Bank, Vermögensverwaltung, Sparen,

Patrice Kaiser, Vertriebs- und Produktmanager für Vermögensanlagen
Patrice Kaiser, 39 Jahre alt, Bankbetriebswirt, verantwortet seit 2011 die fachliche Seite des Anlagegeschäfts in der MERKUR BANK. Im Vordergrund seiner Arbeit steht, die Komplexität einer Vielzahl von Anlageformen und -strategien für den Kunden aufzulösen. Um die individuell beste Lösung bieten zu können, trifft er die Wertpapierauswahl an Hand quantitativer und qualitativer Kriterien. Sein Ziel: die Anlagen zu finden, die langfristig überdurchschnittlich gut abschneiden.
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Bildquelle (Titelbild): Rosel Eckstein / pixelio.de; Portrait: Merkur Bank
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