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Interview Mark Becks – Masterflex // Es sieht gut bei uns aus

Masterflex

Bildquelle: Masterflex

Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Mark Becks, Vorstand bei Masterflex (549293), zu den Rekordergebnissen im ersten Halbjahr 2022. Bei einem Umsatzplus um gut 26 Prozent auf 49,1 Millionen Euro verzeichnete der Spezialist für innovative Schlauchsysteme einen Sprung um 82 Prozent beim Betriebsgewinn (operatives Ebit) auf einen Spitzenwert von 6,7 Millionen Euro. Der Gewinn je Aktie lag mit 0,49 Euro sogar 91 Prozent über Vorjahr. Bemerkenswert: Zum Halbjahr hat Masterflex somit bereits 90 Prozent der durchschnittlichen Gewinnerwartungen der Analysten für 2022 eingetütet.

Herr Becks, plus 26 Prozent beim Umsatz auf 49 Millionen Euro und ein Sprung beim Ebit auf 6,7 Millionen Euro zum Halbjahr – einmal Hand aufs Herz, wie sehr sind Sie selbst vom starken Halbjahresergebnis überrascht?
Mark Becks: Es wäre ein schlechtes Zeichen, wenn der CFO von den Ergebnissen überrascht worden wäre. Es ist aber durchaus erfreulich – und vielleicht dann doch in der Stringenz über die letzten 1,5 Jahre überraschend – wie wir Quartal für Quartal wirklich gut performen. Das ist eine Entwicklung, die wir mit dem Back-to-Double-Digit-Programm – B2DD – begonnen haben und die wir seitdem kontinuierlich verfolgen.

Das zweite Quartal war isoliert betrachtet mit einem Umsatz von gut 25 Millionen Euro und einem Wachstum von fast 30 Prozent außergewöhnlich stark. Woher kommt diese gute Entwicklung?
Die Basis ist wie gesagt mit dem B2DD-Programm in 2019 gelegt worden. Speziell auf das zweite Quartal bezogen zeigt sich, dass wir den hohen Auftragsbestand gut abarbeiten konnten. Die kapazitativen Fesseln im Luftfahrtbereich konnten wir durch die Wiedereröffnung der Produktion in Tschechien etwas lösen. Die inflationären Effekte auf dem Rohstoff- und Energiesektor können wir in den Markt zumindest absolut weitergeben. Dieses Thema hat auch immer eine zeitliche Komponente, die dann auch das sehr starke zweite Quartal mit erklärt. Durch das Wachstum im Medizingeschäft haben wir zudem auch noch einen positiven Mixeffekt.

Obwohl Sie wie angesprochen im zweiten Quartal einen Teil des Auftragsstaus gut abarbeiten konnten, hat der Auftragsbestand nicht abgenommen. Welche Bereiche bzw. Branchen stechen hier besonders hervor?
Unsere Auftragspipeline ist weiterhin gut gefüllt. Auf den Luftfahrtbereich bin ich schon eingegangen, aber auch die anderen Werke laufen auf Hochtouren. Sicherlich sind die großen deutschen Werke und Nordamerika hervorzuheben. Einzelne Branchen eher nicht, die positive Entwicklung durchzieht sämtliche von uns belieferten Industrien.

Hat sich diese positive Entwicklung beim Auftragseingang im bisherigen Verlauf des dritten Quartals fortgesetzt? Oder spüren Sie hier angesichts der konjunkturellen und geopolitischen Umstände eine Verlangsamung oder gar eine schwächere Entwicklung beziehungsweise gibt es Kunden-Branchen oder Sektoren, wo Sie eine nachlassende Dynamik sehen?
Das dritte Quartal ist erst gut einen Monat alt. Und der Juli ist auch ein Ferienmonat. Insofern wäre es verfrüht, hieraus bereits Aussagen abzuleiten. Den Juli werden wir auch wieder mit mehr als acht Millionen Euro Umsatz abschließen. Und wenn ich mir die letzte Juliwoche mit 2,2 Millionen Euro Umsatz und einem leicht höheren Auftragseingang anschaue, dann blicke ich durchaus positiv auf die nächsten Monate.

Wie sieht es auf der Seite der Lieferanten aus? Merken Sie hier zumindest den Ansatz einer Entspannung bei der Liefersituation bezüglich Verfügbarkeit und Pricing oder ist das Umfeld weiterhin angespannt?
Es ist eher noch angespannt. Eine Entspannung auf der Pricing-Seite sehen wir nicht, die Preise sind weiterhin hoch. Bei der Verfügbarkeit sehen wir Bereiche, in denen es besser geworden ist, aber auch Bereiche, die weiterhin angespannt sind.

Wie sieht es mit dem Working Capital aus? Werden Vorräte und Lager weiter aufgebaut – zur Sicherheit?
Aufgrund der guten Auftragslage ist ähnlich wie in den ersten beiden Quartalen ein weiterer Working-Capital-Aufbau geplant und auch notwendig, um das Wachstum abbilden zu können und den punktuellen Rohstoffknappheiten auch Rechnung zu tragen. Insbesondere bei den kritischen Rohstoffen werden wir versuchen weiterhin verstärkt Vorräte aufzubauen.

Wie weit ist das möglich?
Bisher ist es uns gut gelungen, in allen Belangen lieferfähig zu bleiben. Davon gehen wir Stand jetzt auch weiterhin aus. Wenn es nicht zu einer Verschlechterung der Liefersituation kommt, wird das auch so bleiben. Was nicht sinnvoll ist, ist das Lager für die gesamte Umsatzplanung des Jahres vollzumachen. Das ist aufgrund der Verfügbarkeiten nicht machbar und macht auch strategisch im Supply-Chain-Management und aufgrund der Kapitalbindung keinen Sinn.

Bei einem Ausfall von Lieferanten: Wie lange kann Masterflex noch produzieren oder verkaufen?
Unser Vorratshaltung ist so organisiert, dass wir für einige Wochen bis Monate lieferfähig sind. Das hängt immer vom Material ab. Wir sprechen regelmäßig mit unseren Lieferanten und haben insofern eine gute Visibilität. Bei einem Ausfall einzelner Lieferanten haben wir zudem die Möglichkeit, auf entsprechende Alternativen auszuweichen, soweit das aufgrund von Zertifizierungsthemen bei den Kunden auch möglich ist. Sollte natürlich im Zuge der Energiekrise oder eines kompletten Gasembargos ein Lieferant wie BASF ausfallen, hätte das schon einen großen Einfluss auf die gesamte Branche, nicht nur auf Masterflex. Das wirkt sich auf sämtliche nachgelagerten Bereiche aus. Um ein Beispiel zu geben: Wenn der Gasverbrauch rationiert wird, wird in Krankenhäusern sicherlich noch das Licht brennen, ob allerdings Schläuche für Operationen verfügbar sein werden, lässt sich schlichtweg nicht verlässlich kalkulieren.

Masterflex hat sich bei der Personalproduktivität verbessert. Besteht kapazitätsmäßig noch Spielraum, um weiteres Wachstum ohne Kapazitätsausbau zu stemmen, oder müssten Sie im Zweifel neue Kapazitäten schaffen?
Ab einem gewissen Punkt muss man immer neue Kapazitäten schaffen. Wir sind auch dabei, unsere Produktionskapazitäten auszuweiten. So haben wir die Reinraumkapazitäten am Standort Halberstadt für die Medizintechnik erweitert. Unsere Tochtergesellschaft APT wird in einen neuen, größeren Standort umziehen. Zwei neue Extruder sind schon beschafft. Insofern geht es stetig weiter mit dem Kapazitätsaufbau.

Wie schnell lässt sich ein unter Umständen nötiger Personalaufbau angesichts des leergefegten Arbeitsmarktes bewerkstelligen?
Das ist für alle Unternehmen aktuell eine große Herausforderung in den nächsten Jahren – und trifft damit auch uns. Das ist Standort für Standort etwas unterschiedlich und hängt stark von der regionalen Arbeitslosenquote ab. Aber mit der Perspektive, was uns die nächsten Jahre erwartet – die Baby-Boomer-Jahrgänge gehen in Rente, wenig gut Ausgebildete kommen nach –, ist das eines der zentralen Themen, mit dem sich Geschäftsführung und Vorstand intensiv befassen. Die Antworten darauf sind vielfältig und berühren Themen wie Produktionserweiterung im Ausland, Automatisierung, noch stärker selbst auszubilden und auch Akquisitionen et cetera.

Ihr B2DD-Ziel einer zweistelligen Marge haben Sie im ersten Halbjahr erreicht. Wie nachhaltig ist diese Entwicklung und was kommt danach, sehen Sie weiteres Margenpotenzial?
Ziel ist es natürlich, die Marge schrittweise weiter zu verbessern. Der Umsatz soll also stärker steigen als das Personal, um somit Skaleneffekte zu erzielen. Für uns ist damit das Ziel einer zweistelligen Ebit-Marge weiterhin gültig. Das Projekt B2DD sehen wir als abgeschlossen an, das damit verbundene Ziel aber natürlich nicht. Wir wollen Masterflex nun in die nächste Wachstumsphase überführen, in der wir organisches und anorganisches Wachstum bündeln. Einen konkreten Namen für diese neue Phase beziehungsweise dieses Projekt haben wir allerdings noch nicht.

Sie haben einen Auftragsbestand von 27 Millionen Euro. Wenn Sie diesen lediglich abarbeiten, sind Sie bereits bei 76 Millionen Euro Jahresumsatz. Bis zum Jahresziel fehlt da nicht viel und selbst bei einem Nullwachstum im zweiten Halbjahr könnten Sie das Ziel übertreffen. Warum doch die Vorsicht bei der Jahresprognose?
Ich denke, wir wären mit dem sprichwörtlichen Klammerbeutel gepudert, jetzt die Prognose anzuheben. Denn es gibt so viele Unwägbarkeiten derzeit, niemand kann im Detail vorhersagen, was in den nächsten Monaten passieren wird. Der zentrale Punkt ist dabei sicherlich das Thema Gas und Gasversorgung, da insbesondere unsere Lieferanten davon stark abhängig sind. Zudem weiß man auch nicht, was Corona im Herbst für Überraschungen mit sich bringt. Und bei beiden Themen hat natürlich die Politik ein gewichtiges Wort dabei mitzureden, wie wir mit den Krisenherden umgehen. Es sieht gut bei uns aus, wir sind auch positiv gestimmt für die nächsten Monate, aber viele Themen liegen einfach nicht in unserer Hand.

Analystenseitig wird für das laufende Jahr eine Dividende von 13 Cent je Aktie erwartet. Angenommen der Super-GAU bei der Gasversorgung bleibt uns erspart und es gibt auch sonst keine weitere Verschlechterung im geopolitischen Umfeld – vor diesem Hintergrund sollte doch deutlich mehr drin sein?
Man sollte das Fell des Bären verteilen, wenn er erlegt ist. Unsere Dividenden-Strategie ist klar kommuniziert: mindestens so viel wie im Vorjahr. Ob da im Vergleich zum Vorjahr noch eine Schippe draufkommt, werden wir in Vorstand und Aufsichtsrat zu gegebener Zeit, voraussichtlich im ersten Quartal 2023, entscheiden.

Herr Becks, vielen Dank für das Interview!

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