Plusvisionen

Capsensixx-Aktie // IPO mit angenehmer Zurückhaltung

Der Nächste bitte! Noch im Juni dürfte der nächste Börsengang im Prime Standard stattfinden: Die Capsensixx AG. Dabei weht ein Hauch von Understatement im Vorfeld des Capsensixx IPOs über das Börsenparkett. Das Tochterunternehmen der PEH Wertpapier AG (620140) wird den Investoren nämlich als Finanzdienstleister offeriert. Viele Kapitalmarkt-Berater hätten die unter dem Capsensixx-Dach zusammengefassten Unternehmen als Fintech Perlen positioniert.

Das wäre nicht vollständig falsch gewesen – aber eben auch nicht vollständig richtig. „Financial Administration as a Service“ ist das Schlagwort, das stattdessen der Aktie angeheftet wird und das scheint es auch zu treffen, denn Capsensixx hat auf verschiedene Art und Weise entlang der Wertschöpfungskette ein Thema: Kunden im Finanzbereich als Dienstleister zu entlasten.

Von den drei Tochterunternehmen ist Axxion die bekannteste und größte. Axxion ist so etwas wie eine Rundum-Sorglos-Plattform für Fonds, sie ermöglicht es Fondsmanagern sich auf das zu konzentrieren, was sie am besten können: Fonds managen. Die Capsensixx-Tochter stellt die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) als formales Vehikel, kümmert sich um rechtliche und regulatorische Fragen und macht nicht zuletzt die gesamten Abrechnungen. Dafür gibt es ein Honorar, eine wiederkehrende Einnahmequelle.

Die oben zitierten Kapitalmarkt-Berater nennen so etwas „Abo-Modell“ und sorgen bei Investoren damit für glänzende Augen. Als Dienstleister für die Fondsadministration adressiert Axxion vor allem kleinere Fonds aber auch der deutsche Value-Papst Frank Fischer hat seinen Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen (A0M8HD) dort angedockt. Insgesamt wurde das administrierte Volumen von Axxion in den vergangenen Jahren auf aktuell über 9 Milliarden Euro gesteigert. Dass IT (also „Tech“) bei diesem Geschäftsmodell eine immer größere Rolle spielt und einen Wettbewerbsvorteil darstellt, ist unstrittig – ob das in Verbindung mit Financial Administration dann schon zum Fintech reicht?

Die Positionierung von Oaklet, Capsensixx Tochtergesellschaft Nummer zwei, ist schnell erzählt: Auch „Financial Administration as a Service“, nur nicht bei Fonds, sondern bei alternativen Assets. Richtig spannend wird es dann wieder bei „Financial Administration as a Service“ bei der dritten Tochtergesellschaft: Coraixx. Software zur Belegverarbeitung im Finanzbereich, selbstlernend mittels künstlicher Intelligenz, erfolgreicher Markteintritt bereits vollzogen – eine Equity Story, mit der heutzutage an der Börse exorbitante Bewertungen zu erzielen wären.

Es ehrt die Beteiligten, Unternehmen, Bank und PR-Berater, dass sie der Versuchung offenkundig widerstehen, allein aus der Coraixx am Reißbrett einen Softwarehighflyer mit Milliardenpotenzial zu erschaffen. Gleichwohl könnte – und der Konjunktiv ist hier extrem wichtig – die Story erhebliches Potenzial in der Praxis haben. Die mit dem Fraunhofer Institut und dem Datenspezialisten Inquence entwickelte Lösung kann unstrukturierte Papierbelege in strukturierte, digitale Daten überführen.

Coraixx gibt an, dass die Verarbeitungszeit der Belege dabei massiv reduziert und die Kosten deutlich gesenkt werden können. Bei rund 32 Milliarden Papierbelegen pro Jahr allein in Deutschland und 450 Milliarden Euro an damit verbundenen Prozesskosten könnte sich ein enormer Markt für das Start Up eröffnen. Neben Belegverarbeitung im Finanzbereich ist die Softwarelösung für alle größeren Unternehmen mit vielen Rechnungen und Belegen interessant. Nicht umsonst wurde mit der TUI gleich der erste Kunde außerhalb des Finanzbereichs gewonnen.

Zur Findung eines fairen Preises für den IPO-Kandidaten ist, unabhängig von künstlicher Intelligenz und „Financial Administration as a Service“, ein Blick auf die Zahlen unverzichtbar. Der Umsatz in der Gruppe lag im vergangenen Jahr bei rund 116 Millionen Euro. Darin dürften zwar auch signifikante Performance Fees der Axxion Fonds enthalten sein, die an die Fondsmanager direkt weitergeleitet werden, dennoch ist das Umsatzplus von 77 Prozent gegenüber dem Vorjahr recht beeindruckend. Und im 1. Quartal 2018 ging es noch mal um ca. 66 Prozent nach oben.

Was bleibt davon als Gewinn hängen? So genau hat sich der IPO-Aspirant noch nicht in die Karten schauen lassen, aber am Finanzmarkt wird über eine Vorsteuermarge von 6 bis 7 Prozent spekuliert. Das würde im Mittel ein Ergebnis vor Steuern von etwa 7 Mio. Euro für 2017 bedeuten, wovon nach Steuern und den Anteilen der in den Tochtergesellschaften investierten Unternehmensgründer wahrscheinlich grob 2,5 Millionen Euro in der Capsensixx Kasse verbleiben.

Die Zusammenstellung einer Vergleichsgruppe zur Bewertung wird dann aber schwierig, denn etwas wirklich Vergleichbares lässt sich kaum finden. Taugt eine JDC Group (A0B9N3) dazu? Halb so viele Assets under Administration, immer noch nicht profitabel und an der Börse mit gut 90 Mio. Euro dazu? Oder die Fintech Group (FTG111) mit ähnlichem Umsatz wie Capsensixx aber deutlich profitabler, die mit einem 2017er-KGV von gut 30 bewertet wird? Das würde bei Capsensixx einer Marktkapitalisierung von etwa 75 Millionen Euro entsprechen? Oder sind doch eher klassische Asset Manager als Peer Group geeignet, die merklich niedrigere Kurs/Gewinn-Relationen haben? Und vor allem, was ist die IT-Schmiede Coraixx wert? Manchmal sind Banker und Unternehmen bei der Preisfindung nicht zu beneiden. Wir sind gespannt…

Bildquelle: RainerSturm / pixelio.de

 

Exit mobile version