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Carry Trades // Hohe Zinsen einfach mitnehmen

Es ist eine Spekulation, die es so – theoretisch – nicht geben dürfte: der Carry Trade. Das Prinzip dabei ist recht einfach: Ein Investor, ein Hedgefonds, leiht sich Geld beispielsweise in Euro. Geld in Euro auszuleihen ist derzeit sehr günstig und darauf kommt es an beim Carry Trade. Der Zins beträgt annähernd null Prozent, da die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen, aufgrund allerlei Krisen und drohenden Deflationsgefahren, drastisch gesenkt hat. Ähnlich ist das beim Dollar oder beim Yen – auch die Federal Reserve (Fed) und die Bank of Japan (BoJ) verfolgen eine extreme Niedrigzinspolitik. So zahlt der Hedgefonds, es ist ein besonders guter Kunde, und er pumpt sich auch eine sehr hohe Summen fast keine Schuldzinsen, er bekommt das Geld sozusagen umsonst. Dieses billige Geld nimmt er dann und trägt es (carry) in ein anderes Land, wo es mehr Zinsen gibt, zum Beispiel in eines der aufstrebenden Schwellenländer. Dort bekommt er für sein Euro-umsonst-Geld womöglich 4 oder 5 oder 6 oder 7 Prozent Zins. Schon mal ein guter Schnitt.

Nun wartet er bis sich ordentlich Zinsen auf dem Konto angesammelt hat und zahlt dann seinen Kredit wieder zurück. Der Profit: Zinserträge und möglichweise auch noch Währungsgewinne. Diese streicht er in dem Fall ein, wenn der Euro gegenüber der Schwellenland-Währung gefallen ist. Der Hedgefonds muss in dieser Konstellation weniger Euros aufbringen, um seinen Kredit zu tilgen. Eine schöne Sache, zumal er selber den Euro tendenziell durch den Carry Trade unter Druck bringt, schließlich nimmt er die geliehen Euros und tauscht diese in eine Schwellenland-Währung um. Dadurch kommen mehr Euros auf den Markt und die Schwellenland-Währung wird verstärkt nachgefragt.

Sehr beliebt war bei Carry Tradern jahrelang der Yen im Verhältnis zum Dollar. Japan verfolgt zu Bekämpfung seiner hartnäckigen Deflation schon sehr lange eine Niedrigzinspolitik. Ab 2007 allerdings wertete der Yen gegenüber dem Dollar deutlich auf und die USA senkten nach und nach ihre Zinsen. Damit war der Yen-Dollar-Carry-Trade dahin. Außerdem schlägt das Pendel zurück: Wenn die Carry Trade aufgelöst werden, wertet die Niedrigzinswährung, in diesem Fall der Yen, auf, da zurückgetauscht wird – und der Trend verstärkt sich somit.

Nicht geben dürfte es Carry Trades laut Wechselkurstheorie deswegen, weil eigentlich die Wechselkurse die Zinsdifferenzen zwischen den Ländern ausgleichen sollten. Das tun sie aber meist nicht, ganz besonders dann nicht, wenn Zinsen und Währungen von Notenbanken gesteuert werden, aus welchen Gründen auch immer. In einem effizienten (freien) Markt müsste ein Zinsunterschied von einem Prozent hier und fünf Prozent im Schwellenland über eine vierprozentige Abwertung der Schwellenland-Währung ausgeglichen werden. Aber, kurios, durch den Carry Trade gerät die Schwellenland-Währung zunächst sogar noch unter Aufwertungsdruck.

Beliebte Carry Trades könnten derzeit der Tausch von US-Dollar zum australischen Dollar oder vom US-Dollar zum neuseeländischen Dollar sein. Der Bloomberg Treasury Bond Index rentiert aktuell mit 1,6 Prozent und der Bloomberg Australia Sovereign Bond Index mit 3,1 und der Bloomberg New Zealand Sovereign Bond Index mit 4,3 Prozent. Gleichzeitig haben der australische Dollar und neuseeländische Dollar rund 6 Prozent im vergangenen Jahr gegenüber dem Dollar zugelegt, war zur Carry-Trade-Praxis perfekt passen würd.

Wer bezahlt die Gewinne des Hedgefonds? Spekulationen wie Carry Trades sind Nullsummenspiele, bei denen der Gewinn des einen, der Verlust des anderen ist. Im Wesentlichen ist die Bevölkerung in den Nullzins-Ländern gefordert. Dort werden Ersparnisse durch die Niedrigzinspolitik entwertet oder nur gering verzinst. Mit Währungsabwertungen steigen außerdem die Preise für im Ausland gekaufte Waren. Inflation wird importiert, weshalb den Notenbanken, die deflationäre Tendenzen bekämpfen wollen, diese Art von Währungsgeschäften nicht unrecht ist.

Der Killer eines jeden Carry Traders: starke Währungsschwankungen. Carry Trader mögen es ruhig. Steigen die Risiken (Volatilität) werden die Carry Trades schnell glattgestellt. Aktuell könnte das deswegen sein, weil in den USA die Zinsen steigen oder die Währungen in den Hochzinsländern als nicht mehr günstig gelten.

Auch Privatanlegern stehen Carry Trades offen, zumindest in einer Ultralight-Variant. Der db x-trackers Currency Return ETF bildet die Wertentwicklung des Basiswerts, des Deutsche Bank Currency Returns Index, ab. Der Deutsche Bank Currency Returns Index ist ein Devisenindex, der die Wertentwicklung des Deutsche Bank Carry Index, des Deutsche Bank Momentum Index und des Deutsche Bank Valuation Index nachvollzieht. Die jährliche Gebühr beträgt 0,30 Prozent. Die Performance ist allerdings dürftig: 2013 betrug das Plus 1,95 Prozent und in den zurückliegenden zwölf Monaten -0,39 Prozent.

 

Bildquelle: Peter Smola / pixelio.de [bearbeitet]

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