Plusvisionen

Rendite, Risiko und das dicke Ende kommt am Schluss

Es sind die Klassiker des Geldanlagefrusts: keine Lust, keine Zeit, kaum Wissen, wenig Vertrauen, Angst vor Fehlentscheidungen und das „allerletzte, was ein Anleger will, ist persönliche Beratung“, analysiert Stefan Mittnik, Experte für quantitative Risikoanalyse an der Uni München auf der Jahrestagung 2014 des Münchner Finance Forums. Was noch hinzukomme, sei ein schlechtes Image der Branche, diese sei oft zu teuer und liefere nur mäßige Performance, einmal abgesehen von einer zeitgeistfernen Kommunikation. Geldanlage bleibt daher ein Reizthema, für uns alle und wenn, so wie derzeit, am Markt für das Ersparte nur Zinsen in homöopathischer Dosis gezahlt werden, dann wird Investieren sogar zum Verzweifeln.

Dabei ist alles so einfach, zumindest theoretisch. Drei Dinge braucht der findige Anleger: eine Renditeerwartung, eine Risikoeinschätzung und ein Gefühl dafür, wie sich die verschiedenen Anlagen zueinander bewegen, wie sie korreliert sind, also steigt beispielsweise Gold, wenn die Aktienmärkte fallen. Hat man diese Faktoren beisammen, kann man herangehen und sich sein Depot zusammenstellen. Ein bisschen davon, ein wenig hiervon … Aber wie soll eigentlich gemischt werden? Nobelpreisträger Harry Markowitz hat dafür 1952 seine berühmte Portfoliotheorie entwickelt (später zum Capital Asset Pricing Model, kurz CAPM weiterentwickelt).Vereinfacht ausgedrückt bedeutet diese, unterschiedliche Investments in einem Portfolio so auszuwählen und zu gewichten, damit das Risiko sinkt, ohne dass darunter die Rendite leidet. Schön.

Die Grundprämisse bei diesem Modell ist, dass sich die möglichen erzielbaren Renditen um einen Mittelwert herum gleichmäßig verteilen (Normalverteilung). Die Abweichung von diesem Mittelwert ist das Risiko, welches der Anleger eingeht (Standardabweichung). Doch gerade diese Annahmen seien das Problem an den Finanzmärkten, weiß Mittnik. Es gebe sogenannte Fat Tails, also extreme Kursausschläge und es komme zu Asymmetrien, was bedeutet, das negative Ausschläge häufig extremer sind als positive. Schon 1997 nannte der frühere amerikanische Notenbankchef Alan Greenspan das Fat-Tail-Problem das größte Problem bei der Risikoeinschätzung. Der Laie würde sagen: Unverhofft kommt (leider) doch oft. Oder: Es gibt mehr schwarze Schwäne (Karl Popper/Nassim Nicholas Taleb) als man gemeinhin annehmen würde.

Auf der Basis der Dow-Jones-Tagesrenditen seit 1896 hat Finanzstatistiker Mittnik nachgerechnet. Ergebnis: Tagesverluste von mehr als 2 Prozent kommen im Dow Jones alle 1,4 Monate vor. Laut der Theorie (Normalverteilung) sollen es 1,5 Monate sein. Tagesverluste von 4 und mehr Prozent sollten eigentlich nur alle 277 Monate vorkommen, tatsächlich aber treten sie alle 8,5 Monate ein. Verluste von mehr als 5 Prozent billigt die Theorie nur alle 964 Jahre zu – sie passieren aber alle 1,5 Jahre. Und Verluste von mehr als 10 Prozent hätte es seit dem Urknall nicht geben dürfen, sie brechen aber im Schnitt alle 23,3 Jahre über uns herein. So viel zur NORMALverteilung (siehe auch Grafiken unten).

Das Schlimme: Wenn es nach unten geht, dann häufig unisono. So war es bei der vergangenen Finanzkrise, gefallen ist fast alles, Aktien, Anleihe und Rohstoffe – mit Streuung (Diversifikation) war da nicht mehr viel, es bildeten sich Risikoklumpen (siehe Grafiken). Dennoch komme an Risiko- und Diversifikationsstrategien nicht vorbei, allerdings nicht auf dem klassischen Weg, so Mittnik. Ein Patentrezept habe auch die Wissenschaft derzeit nicht, noch nicht, aber es gebe durchaus verbesserte Ansätze.

Bis dahin könnte ein Portfolio aus passiven Fonds/Investments eine Lösung sein. Mit ihnen lassen sich zumindest die Kosten reduzieren und schlechter als aktive Fonds schneiden diese auf lange Sicht auch nicht ab, hat Mittnik errechnet. Nach 10 Jahren war von 168 aktiven Aktienfonds mit Schwerpunkt Europa keiner besser als der Stoxx 600 Index und nach 3 Jahren waren es nur knapp 10 Prozent, die den Index übertreffen konnten.

 

[highlight]Grafikstrecke zum Durchklicken[/highlight][divider_flat]

 

Quelle Grafiken: Stefan Mittnik
Bildquelle: Deutsche Bundesbank

 

Exit mobile version