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Interview Drotleff / Pech – Mensch und Maschine // Hohe Rendite als Motivation

Mensch und Maschine

Bildquelle: Mensch und Maschine, bearbeitet

Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Adi Drotleff (im Bild oben, rechts), Chairman von Mensch und Maschine (MuM) und CFO Markus Pech über neue Rekorde im ersten Halbjahr 2023, die Bedeutung des Schlussquartals, die Auswirkungen von Lohn-Inflation und Fachkräftemangel sowie das Ergebnisziel von drei Euro je Aktie für 2026/2027: „Unser Geschäft ist nicht sehr konjunktursensibel.“

Herr Drotleff, bei Mensch und Maschine folgte auf das Rekord-Q1 mit einem Umsatzplus von 21 Prozent ein „solides“ Q2, das umsatzseitig annähernd auf Vorjahresniveau lag. Wer Ihren Call zu den Q1-Zahlen verfolgt hat, dürfte über diese Entwicklung nicht überrascht sein, oder?
Adi Drotleff: Das stimmt, aber man sollte bei den MuM-Zahlen generell nicht zuerst auf den Umsatz schauen, sondern auf den Rohertrag, also die Wertschöpfung nach Abzug des Materialaufwands. Im Moment gilt das besonders, weil unser Hauptlieferant Autodesk per Ende Januar die vorher vier Jahre lang gewährten Rabatte auf Drei-Jahresverträge beendet und damit den Endspurt in unserem Q1 befeuert hatte. Dass danach vier Quartale lang ein negativer Basiseffekt im Umsatz folgt, weil sich Ein-Jahres-Rechnungen mit Drei-Jahres-Rechnungen im Vorjahr vergleichen, ist also keine Überraschung.

Kommt nach der „Sonderkonjunktur“ aus Q1 durch die angesprochene Autodesk-Rabattaktion als Folge auch eine Sonderkonjunktur im MuM-eigenen Geschäft?
Drotleff: Das konnte man schon im Q2 sehen, wo der Rohertrag mit 7,3 Prozent weit überproportional zum mit 0,2 Prozent praktisch flachen Umsatz hereinkam, weil nicht nur unser von Autodesk völlig unabhängiges Software-Segment gut performt hat, sondern auch die MuM-eigene Wertschöpfung im Systemhaus-Segment, nachdem die Vertriebskapazitäten nicht mehr von der Abwicklung des Autodesk-Geschäfts gebunden waren, sondern sich wieder auf die margenstarke Eigen-Software und -Dienstleistung fokussieren konnten.

Welche Auswirkung hat die schwache Konjunktur auf MuM, mit Fokus auf den Maschinenbau und die Baukonjunktur, die immer mehr zum Erliegen kommt?
Drotleff: Unser Geschäft ist nicht sehr konjunktursensibel, weil wir mit unseren Software- und Digitalisierungslösungen den Kunden Verbesserungen ihrer Produktivität bieten, wofür gerade in schwächeren Phasen generell mehr Bewusstsein und auch zeitliche Kapazität vorhanden ist als bei Vollauslastung.

Bitte erlauben Sie mir auch noch zwei Anmerkungen zu Ihrer Aussage vom Erliegen der Baukonjunktur: Erstens kommt dieser Markt ja aus einer langen Überhitzungsphase und zweitens betrifft die Abkühlung praktisch nur den Hochbau. Deshalb können die meisten unserer Kunden ihren Fokus auf Tief- und Infrastrukturbau verlagern, wo allein bei der Erneuerung von Bahn- und Autobahn-Brücken, Trassen und Tunnelbauten ein riesiger Auftragsstau abgearbeitet werden muss.

Welche Erwartungen haben Sie generell an das laufende Q3 und das Schlussquartal Q4? Was würde es für Ihre Gesamtjahresprognose 2023 bedeuten, wenn diese beiden Quartal einen ähnlich „flachen“ Verlauf wie in Q2 zeigen würden?
Drotleff: Q3 ist wegen der Urlaubszeit immer das schwächste Quartal, da reicht uns auch heuer wie im Q2 das Prädikat „solide“ – wohlgemerkt lediglich auf Rohertrag und Ergebnis bezogen, während der Umsatz durch die oben geschilderten Basiseffekte sogar unter Vorjahr hereinkommen dürfte. Das Schlussquartal wird wie jedes Jahr entscheidend dafür, wo wir innerhalb unseres Prognosekorridors von 164 bis 181 Cent beim Gewinn pro Aktie landen werden. Dass wir zum Halbjahr eher in der oberen Hälfte der Wachstumsspanne lagen, ist zwar ein positives Indiz, aber entschieden wird die Schlacht wie üblich erst im Q4.

Herr Pech, der Betriebsgewinn – Ebit – steigt kräftiger als der Umsatz. Sehen Sie noch Raum für weitere Kostenoptimierungen und einen überproportional steigenden Betriebsgewinn?
Markus Pech: Unsere Methode ist hier ja denkbar einfach, denn wir steuern die Kosten immer bei etwa zwei Dritteln der Rohertragsentwicklung aus und zwar auf der Ebene unserer etwa 100 Profitcenter. Konkret sah das in den vergangenen neun Jahren seit 2014 so aus, dass der Rohertrag mit zehn Prozent pro Jahr stieg, die Kosten plus Abschreibungen mit sieben Prozent pro Jahr, und daraus resultierten plus 26 Prozent pro Jahr bei Ebit und Nettoergebnis.

Die zehn Prozent beim Rohertrag und die sieben Prozent bei den Kosten sind also recht gut extrapolierbar, natürlich mit kurzfristiger Schwankungsbreite, und im Moment errechnet sich daraus das von uns prognostizierte Gewinnwachstum von 14 bis 20 Prozent für die Jahre bis 2024 sowie eine Gewinnverdopplung in vier bis fünf Jahren, also mehr als 300 Cent Gewinn pro Aktie bis 2026 oder 2027.

Welchen Einfluss hat die Lohn-Inflation? Und wie wollen Sie es auch künftig schaffen, den Rohertrag nachhaltig stärker als die Kosten zu steigern?
Pech: Die Lohninflation geht natürlich auch an MuM nicht ganz spurlos vorbei, aber wir haben schon 2022 die sehr gute Geschäftsentwicklung genutzt und den Mitarbeitern im Q4 Sonderzahlungen gewährt, was zum Beispiel in Deutschland ja sogar steuerfrei möglich war. Deshalb sind die Personalkosten 2022 um satte zwölf Prozent zu 2021 gestiegen. Parallel sind wir bei der Mitarbeiterzahl vom Gas gegangen, was man mittlerweile an den von Quartal zu Quartal sinkenden Zuwächsen bei den Personalkosten ablesen kann, mit nur noch plus sechs Prozent im Q2.

Stichwort Fachkräftemangel: Für MuM eher Chance oder eher Risiko?
Pech: Natürlich betrifft uns der Fachkräftemangel auch, wir suchen in manchen Bereichen durchaus noch mehr Spezialisten und bekommen sie nicht. Aber generell ist bei unserem eher gemütlichen Wachstumstempo der Mitarbeiterzahl von gut drei Prozent pro Jahr der Leidensdruck nicht sehr hoch und niedrigere Kapazitäten bedeuten im Umkehrschluss ja auch, dass wir bei der Preissetzung gut positioniert sind.

Und wenn Sie sich unser Portfolio anschauen, dann sehen Sie durchgängig Lösungen zur Linderung des Fachkräftemangels durch Steigerung des Automatisierungsgrades bei unseren Kunden, zum Beispiel per Variantenkonstruktions-Software customX oder die automatische Baggersteuerung im Garten- und Landschaftsbau, die den „Arbeiter mit der Messlatte“ obsolet macht.

Für das Geschäftsjahr 2024 haben Sie sich vorgenommen, das Ergebnis je Aktie um 14 bis 20 Prozent beziehungsweise 24 bis 34 Cent zu steigern. Welches Konjunkturszenario liegt dieser Prognose zugrunde?
Pech: Gar keines. Das basiert einfach auf der obengenannten Formel von zwei Dritteln Kosten zu Rohertrag und es ist zusätzlich gestützt von der Tatsache, dass ab Q2/2024 die von Herrn Drotleff geschilderte technische Gegenbewegung im Autodesk-Bereich ausgestanden ist und dann fast alle Verträge jährlich zur Verlängerung anstehen.

Das klingt stark danach, dass MuM-Aktionäre im Jahr 2025 mit der zehnten Dividenden-Erhöhung in Folge rechnen dürfen?
Pech: Davon gehen wir aus. MuM kann einfach deshalb seinen Gewinn weitgehend ausschütten, weil wir unsere Haupt-Investition in die Zukunft, die Weiterentwicklung unserer eigenen Software, betriebswirtschaftlich nicht als Investition buchen und später abschreiben, sondern sofort als laufende Kosten. 2022 waren das über 23,0 Millionen Euro, während die Investitionen laut Kapitalflussrechnung nur 6,1 Millionen Euro betrugen.

Herr Drotleff, nach der jüngsten Aktiendividende halten Sie mittlerweile 46,5 Prozent der MuM-Anteile. Wollen Sie weiter aufstocken und noch näher an die 50-Prozent-Marke heranrücken?
Drotleff: Meine Motivation war und ist die hohe Rendite, die die MuM-Aktie abwirft. Die MuM-Aktiendividende wird immer zum gewichteten Mittelkurs einer Xetra-Handelswoche gefixt, dieses Jahr mit 51,11 Euro. Bezogen auf unsere mittlere Dividenden-Prognose für 2023 von 160 Cent liegt also die Anfangsrendite schon bei gut 3,1 Prozent und steigt dann von Jahr zu Jahr, weil MuM ja, wie unser CFO gerade erklärt hat, praktisch Vollausschüttung praktiziert. Wie stark dieser Anstieg ist, kann man im Rückblick auf frühere Aktiendividenden gut sehen. Im Ausschüttungsjahr 2018, also vor fünf Jahren, wurde der Kurs bei 24,70 Euro gefixt, hier beträgt die Rendite nächstes Jahr schon 6,5 Prozent. Ich habe also wieder einen Großteil meiner Dividendenrechte in MuM-Aktien getauscht, diesmal den Rekordbetrag von über 7,0 Millionen Euro, weil das aus meiner Sicht ein optimales Investment ist.

Die prozentuale Höhe meiner Beteiligung als Gründer und Ankeraktionär spielt dagegen schon deshalb eine untergeordnete Rolle, weil ich bereits mehr als das eineinhalbfache der nach deutschem Aktienrecht bei 30 Prozent definierten „Hauptversammlungs-Mehrheit“ halte.

Herr Drotleff, Herr Pech, vielen Dank für das Interview.

Bildquelle: Mensch und Maschine, bearbeitet
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