Plusvisionen

Four Horesmen // Reiter der Apokalypse

Es war eine Befreiung. Ein Aufbruch. Anfang der 1990er. Der Ostblock ist zusammengebrochen; wirtschaftlich und politisch. Beide lies sich nicht trennen. Jahrzehntelang war es ein Wettstreit der Systeme: Kapitalismus vs. Planwirtschaft. Nun, der Kapitalismus hatte gesiegt, so schien es, um Längen. Warenvielfalt, Wohlstand und Versorgungssicherheit. Dieser kapitalistische Dreiklang war es, der die Menschen hinter dem eisernen Vorhang frustriere. Entnervt wurden die alten Regime weggefegt. Aber es hat gedauert. „Alle Erfahrung hat gezeigt, dass die Menschen eher geneigt sind zu leiden, solange das Übel noch erträglich ist, als sich durch Abschaffung der Formen, an die sie gewöhnt sind, ihr Recht zu verschaffen.“

Mit diesem Satz, der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung entnommen, beginnt der Film „Four Horsemen“, der auf YouTube inzwischen 2,3 Millionen Mal angeklickt wurde. Markus Koch hat davon nun eine deutsche Version unter dem Titel die „Reiter der Apokalypse“ produziert.

Die Menschen seien viel zu nachsichtig, weil sie nicht verstünden, was ihnen angetan werde, heißt es im Film. „Das Verhalten der Banken war nicht in Ordnung, der Grund für die Empörung war ihre Gier, wir haben ihnen Geld gegeben, damit sie es an andere weiterverleihen, stattdessen haben sie es für sich behalten und damit ihre Boni bezahlt. Wofür eigentlich, für Rekordverluste?“, fragt Autor Ross Ashcroft. Es gehe im Film aber nicht um Verschwörungstheorien oder Schuldzuweisungen, sondern es gehe um ein System, das wir selbst geschaffen haben und um Ideen es zu verbessern, weil System oft genug korrumpiert würden, um kleinen Gruppen Vorteile zu verschaffen. Das ist die Einstimmung.

Reiter der Apokalypse wagt eine Bestandsaufnahme des Kapitalismus, von der Nachkriegszeit bis zur Bankenkrise, häufig in einem kritischen Ton. Hat der Kapitalismus wirklich gesiegt? Oder wird der Kapitalismus ebenso scheitern wie der Sozialismus, nur mit Verzögerung? Der großartige Autobauer Henry Ford sagte einmal: „Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh.“

Fiat-Geld. Es wird durch die Banken aus dem Nichts geschaffen. Massenhaft. Cui Bono – wer profitiere davon? Die Antwort Ashcrofts: Alle jene, die dieses Geld produzieren und dann Firmen und Personen, die als erste an dieses Geld kommen und kaufen können, bevor die Preise anziehen. Letztlich entstünden Blasen, die irgendwann bersten. 2009 stand das Finanzsystem am Rand des totalen Zusammenbruchs. Aber die Banken mussten gerettet werden, sie waren systemrelevant. „Sozialismus für die Reich, Kapitalismus für die Armen“, geißelt der ehemalige Wall-Street-Händler Max Keiser im Film die Bankenrettung. Und Ha-Joon Chang von der Universität in Cambridge provoziert: „Das System habe mit Kapitalismus nichts mehr zu tun. Die Fehler der Reichen bleiben folgenlos, wären die kleine Leute dafür bestraft werden, schlimmer noch, die kleinen Leute machen überhaupt keine Fehler.“

Es sind notwendige – auch düstere – Denkanstöße, die der Film gibt. Wollen und können wir so weitermachen wie bislang? Soll der Kapitalismus, der mit seiner Innovationskraft auch breiten Wohlstand gebracht hat, der Finanzbranche überlassen werden? Kapitalismus steht auch für individuelle Freiheit, die aber gefährdet ist, wenn nicht alle Verantwortung übernehmen. Das heißt auch, sich für Wirtschaft interessieren. Dazu kann der Film beitragen.

 

Bildquelle: Four Horseman

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