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Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Klaus Martini von Plückthun AM zu DAX, Fed und Welt-Wirtschaft

Klaus Martini

Quelle: Klaus Martini

China in der Krise? Die Weltwirtschaft strauchelt? Steht demnächst eine Leitzinserhöhung in den USA an? Können wir uns diese angesichts der hohen Verschuldung in den Industriestaaten überhaupt leisten? Wie werden die Börsen darauf reagieren? Plusvisionen.de hat bei Klaus Martini, dem ehemaligen globalen Chef-Strategen der Deutschen Bank und nun einer der Gesellschafter der Vermögensverwaltung Plückthun Asset Management, nachgefragt wie es um die Welt-Wirtschaft steht und wie es mit dem DAX weitergehen könnte.

Time is Money. Effiziente Antworten sind gefragt, schließlich geht es um Wirtschaft und Geld.

Wie ist es um die Weltwirtschaft bestellt?
Es gibt große Umbrüche, die das aktuelle Weltwirtschaftssystem wahrscheinlich nach und nach verändern werden. Einer davon ist sicherlich China, das sich von einer exportorientierten Wirtschaft zu einer stärker innovations- und binnenwirtschaftlich getriebenen Wirtschaft entwickeln wird. Wir sehen gerade, dass so ein Prozess nicht ohne Probleme abläuft. Die USA werden eher früher als später die Zinswende einleiten. Wie die Märkte darauf reagieren werden, kann momentan niemand wirklich einschätzen. Auch Europa scheint aktuell kaum etwas zum Weltwirtschaftswachstum beitragen zu können. Interessanter ist da schon ein Blick nach Indien, das in den nächsten Jahren eventuell das verlorengegangene Wachstum in China ausgleichen kann.

Erleben wir gerade eine für chinesische Verhältnisse harte Landung der Konjunktur in der Volksrepublik? Zumindest Rohstoffe scheinen dort immer weniger gebraucht zu werden?

Die Exportseite Chinas wird jetzt nicht mehr so befeuert wie in den letzten Jahren. Insgesamt sehen wir natürlich auch eine gewisse Sättigung am Markt. Dass diese positive Entwicklung mit teils zweistelligen Wachstumsraten nicht ewig so weiter gehen konnte, sollte allen klar sein. Viel wichtiger ist aber, dass Premierminister Li die Devise ausgegeben hat, dass China ein Land der Unternehmer und Innovation werden soll. Damit gibt es auch einen großen Umbruch innerhalb des Landes und die Wertschöpfung verschiebt sich entsprechend vom produzierenden Sektor hin zum Dienstleistungssektor.

Wie könnte es weitergehen in China mit der Wirtschaft und der Börse?
Natürlich erzeugte der Börsen-Crash gewisse Verwirrungen und wirtschaftliche Konsequenzen. Doch die chinesische Börse ist immer noch 50 Prozent oder mehr über dem Stand von letztem Jahr. Die Börse hat also in etwa die Hälfte der Gewinne wieder abgegeben. Wir halten das durchaus für eine vernünftige Korrektur, sonst wäre die Blase und somit der Schaden noch größer geworden. Börsen sind nun mal keine Einbahnstraßen. Aus unserer Sicht ist es jetzt wichtig, dass die chinesische Regierung auf dieses negative Momentum reagiert und die Reformbemühungen weiter vorantreibt. Zwar deuten einige Indikatoren auf eine Abkühlung der chinesischen Konjunktur, doch eine Wachstumsrate von mindestens 6,0 Prozent ist bei weitem nicht so schlecht, wie so von manchen Marktteilnehmern empfunden wird. Wir müssen akzeptieren, dass China nun in ein gemäßigteres Wachstum übergehen wird.

Ist die US-Konjunktur stark genug für eine Leitzinserhöhung beziehungsweise hat die Niedrigzinspolitik der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) einen robusten Aufschwung gebracht?
Robust ist der Aufschwung sicherlich nicht. Allerdings glauben wir, dass die Fed es einfach ausprobieren muss. Sie gewinnt dadurch auch wieder mehr Spielraum. Dass diese kommen wird, bezweifeln wir jedoch nicht. Jedoch gibt es am Markt extrem viel Unsicherheit darüber, was bei einer Zinswende passieren wird.

Seltsam, aber der DAX scheint sich auf eine US-Leitzinserhöhung zu freuen …
Das können wir momentan nicht bestätigen. Was wir jedoch sehen, ist eine extreme Unsicherheit und Volatilität. Das liegt auch zum Teil an der schwammigen Kommunikation der Fed. Umso wichtiger wird es sein, dass die US-Notenbank diesen Schritt gut vorbereitet und klar kommuniziert.

Welche Bedeutung hat die Situation in China für die Fed?
Aus unserer Sicht hatte in der Vergangenheit die Situation in China grundsätzlich kaum eine Bedeutung für die Fed, da diese in erster Linie primär auf den US-Markt schaut. Dennoch sollten wir die psychologische Wirkung eines Börsen-Crashs, der an einem Tag mehr als drei Billionen Dollar vernichtet hat, nicht unterschätzen. Die US-Notenbank wird sich die Tür für eine baldige Zinsanhebung sicherlich offenhalten. Ob dies wirklich schon im September passiert, bleibt abzuwarten.

Stehen die USA (und die Welt) wirklich vor einer Zinswende? Können wir uns steigende Zinsen – angesichts der Schuldenberge in den Industrienationen – überhaupt leisten?
Die Fed weiß nicht genau, was passieren wird, wenn sie die Zinsen anhebt. Deswegen wird sie dies bestimmt erst in kleinen Schritten probieren. Prinzipiell können wir uns gar keine steigenden Zinsen leisten, da der Verschuldungsgrad einfach zu hoch ist – egal wo man hinschaut. Ein Patentrezept ist jedoch weit und breit nicht zu sehen.

Woraus könnte der DAX künftig seine Motivation für steigende Kurse beziehen?
Die deutsche Wirtschaft läuft nach wie vor gut. Auch auf der technologischen Seite passiert einiges. Andererseits sind die Gewinne und Umsätze relativ hoch und es schließt sich die Frage an, wo es auf Unternehmensseite noch Steigerungen geben soll. Wenn die Zinsen allerdings so niedrig bleiben, gibt es weiterhin keine Alternative zu Aktien. Und das sollte den DAX zumindest beim Status quo halten.

Der Euro scheint bei rund 1,10 Dollar seine Heimat gefunden zu haben – oder?
Währungsvorhersagen sind eine Königsdisziplin. Nicht wenige haben vor sechs Monaten dem Euro eine Parität zum Dollar prophezeit. Jetzt hat sich der Euro jedoch deutlich erholt und mit 1,10 bis 1,15 Dollar ein Niveau erreicht, mit dem alle gut leben können. Die Amerikaner wollen auch keine massive Aufwertung, da der Export weiterhin eine Rolle für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung spielt.

Müssen die Gold-Optimisten noch länger leiden?
Wir fürchten ja. Sollte sich der Goldpreis entsprechend seiner alten Muster verhalten, dann wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einmal einknicken, sobald die Fed die Zinsen anhebt. Mittelfristig sind wir ziemlich bullish für Gold, sehen dies aber mehr als Versicherungsprämie für größere Ereignisse an den anderen Märkten.

Bildquelle: Plückthun Asset Management [bearbeitet]
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