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Interview Marcus Lingel – Merkur Bank // Raus aus der Sippenhaft

Bildquelle: Marcus Lingel, Merkur Bank, bearbeitet

Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Marcus Lingel von der Merkur Bank zur Konjunktur, zur Bankenbranche und warum er die Aktie der Merkur Bank für deutlich zu niedrig bewertet hält.

Herr Lingel, kurz zur Konjunktur. Wie könnte die wirtschaftliche Entwicklung 2019 verlaufen?
Wir haben nach wie vor ein sehr positiv geprägtes konjunkturelles Umfeld, aber es gibt auch viele Unsicherheitsfaktoren, zum Beispiel in der Automobilindustrie. Ich kann nur sagen, die Unternehmen, die wir betreuen, haben volle Auftragsbücher. Ich sehe das kommende Jahr somit positiv. Auch gehe ich davon aus, dass der Mittelstand weiter investieren will.

Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund die Entwicklung des Immobilienmarkts ein? Gibt es in den großen Metropolen Überhitzungstendenzen?
Auf der einen Seite haben wir einen steigenden Bedarf in den großen Ballungsräumen. Auf der anderen Seite wird zu wenig produziert, um den Bedarf zu decken und die Flächen sind in den Städten begrenzt. Dadurch waren die vergangenen neun Jahre von massiv steigenden Grundstückspreisen geprägt. Zugleich haben die Baukosten spürbar zugelegt. Daran wird sich im Wesentlichen nichts ändern. Negative Preiseffekte sind deshalb nahezu ausgeschlossen. Ziehen die Zinsen im langfristigen Bereich an, könnte das aber bedeuten, dass künftig nicht jeder, der eine Immobilie kaufen möchte, diese auch finanzieren kann. Letztlich bleibt die Immobilienbranche stabil, die Preise dürften weiter steigen, doch die Umsätze könnten zurückgehen.

Die Merkur Bank ist auch Baufinanzierer. Wie könnte sich vor diesem Hintergrund die Geschäfte in diesem Bereich entwickeln?
Die Merkur Bank ist kein klassischer Baufinanzierer, der die Erwerber finanziert, sondern wir finanzieren ausschließlich Bauträger. Das heißt, bei uns liegen die Durchlaufzeiten zwischen 15 und 18 Monaten. Deshalb passen wir uns mit unserem Bestand spätestens nach anderthalb bis zwei Jahren dem Markt an. Für uns sehe ich keine großen Risiken, weil die Preisentwicklung nicht zurückgehen wird. Die Entwickler haben eher das Risiko, dass sie länger brauchen, um die Wohnungen zu verkaufen. Kreditbeanspruchung könnte damit sogar eher steigen. Unser Risiko besteht darin, dass die Umsätze beim Neugeschäft zurückgehen könnten.

Sie hatten gerade schon die Zinsentwicklung anklingen lassen. Können Sie darauf näher eingehen?
Die Europäische Zentralbank wird aus dem Anleihekaufprogramm aussteigen. Ich glaube aber nicht, dass dies sofort zu stark steigenden Zinsen führen wird, allerdings dürfte es eine leichte Tendenz nach oben geben.

Wie könnte sich dieses Szenario auf Ihr Geschäft auswirken? Sie sprechen von Margen-Druck aufgrund der Niedrigzinsen.
Unser Geschäft ist vom Zinsniveau unabhängig und zwar deshalb, weil wir keine Fristentransformationen betreiben. Für uns ist der Wettbewerb der ausschlaggebende Punkt. Die Margen sind in den vergangenen zehn Jahren wegen des Konkurrenzverhaltens der Banken zurückgegangen. Daran wird sich auch bei steigenden Zinsen zunächst wenig ändern.

Wie ist Ihre Strategie für die kommenden Jahre in diesem anspruchsvollen Marktumfeld zu bestehen?
Wir wollen unsere Geschäftsfelder weiter ausbauen. Im Bereich Vermögensanlage sind wir in den vergangenen fünf Jahren um jährlich 20 Prozent gewachsen, das wollen wir fortsetzen. Im Leasingbereich sind wir sehr gut aufgestellt; hier wollen wir den hohen Bestand verteidigen und weiter zulegen. Im Mittelstandsbereich wollen wir unsere regionale Stärke ausweiten und im Bauträgerbereich das Niveau halten. Unsere große Chance ist die Digitalisierung. Wir haben hier zwei zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, da wir glauben, Wachstumspotenziale heben zu können. Ziel ist es, unsere Kunden noch stärker an uns zu binden und gleichzeitig die Effizienz im Haus zu verbessern.

Sehen Sie sich als Spezialbank oder als Universalbank?
Wir sind zwar eine Universalbank, aber dennoch spezialisiert. Das bedeutet, wir könnten theoretisch alles, aber wir wollen gar nicht alles machen. Wir machen nur das, was wir richtig gut können und was wir nicht so gut können, überlassen wir lieber einem Wettbewerber. Das ist für uns der authentischere Weg. Deswegen fahren wir einen ganz klaren Spezialisierungskurs.

Sie sind so mutig Ihren Kunden zu sagen: „Geh doch bitte zum Nachbarn, der macht das besser“?
Das fördert Glaubwürdigkeit – und der Kunde macht es ohnehin. Ich habe mehr verloren als gewonnen, wenn der Kunde merkt, dass ich eine Sache nicht richtig gut kann.

Für das laufende Geschäftsjahr peilen Sie einen Gewinn je Aktie von 64 Cent an. Bleiben Sie bei dieser Aussage und wie sieht es im kommenden Jahr aus?
Dieses Jahr war für uns sehr spannend. Wir konnten Chancen wahrnehmen und unser Kreditvolumen um mehr als 200 Millionen Euro erhöhen. Das war eine Ausnahme. Wir liegen in allen Bereichen über Plan. Das geplante Ergebnis werden wir schaffen. Was das kommende Jahr angeht, betrachtet man dies in der Vorausschau immer skeptischer. Unser Ziel ist es, dass Niveau zu halten. Der Wettbewerb bleibt intensiv und gleichzeitig müssen wir als Bank kräftig investieren.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Merkur-Bank-Aktie beträgt derzeit ungefähr 13. Halten Sie das für gerechtfertigt?
Wir haben derzeit einen Aktienkurs von 8,80 Euro. In den vergangenen Jahren haben wir extrem viel thesauriert. Wir mussten das tun, um den regulatorischen Vorschriften zu genügen und um wachsen zu können. Das hat dazu geführt, dass unser Substanzwert ungefähr bei elf Euro liegt. Wir kommen jetzt nochmals in eine Thesaurierung, das heißt, die Differenz wird noch größer. Unsere Eigenkapitalrendite liegt vor Steuern deutlich im zweistelligen Bereich.

Woran könnte es liegen, dass der Markt keinen höheren Preis für die Merkur-Bank-Aktie bezahlen möchte?
Viele Investoren sagen: Ihr habt eine tolle Geschichte, ihr habt eine tolle Entwicklung, aber ihr seid eine Bank. Wir werden im Bankbereich immer wieder in Sippenhaft genommen mit unseren großen Marktteilnehmern, die wir, unter anderem letzte Woche, absolut sogar im Kurs geschlagen haben. Bei vielen großen Banken ist nicht abschätzbar, welche Risiken sie in den Büchern und welche Zukunftsprognosen sie haben. Wir sind dagegen sehr transparent: unsere Risiken sind ausschließlich Adressausfallrisiken in den Segmenten Immobilien, Leasing und Mittelstand. Andere Risiken haben wir nicht.

Die Risiken in den angesprochen Bereichen halten Sie für überschaubar?
Wir haben in all diesen Bereichen jahrzehntelange Erfahrung. Wir können die Risiken beurteilen.

Sie haben eine Dividende von 30 Cent angekündigt. Bleiben Sie dabei?
Ich bleibe bei der Aussage, dass wir immer das Ziel haben, 50 Prozent des Gewinns auszuschütten, immer unter dem Vorbehalt, dass die regulatorischen Anforderungen erfüllt sind. Im zurückliegenden Jahr haben wir zum ersten Mal die 50 Prozent ausgeschüttet und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das auch im laufenden Jahr schaffen. Aber wie heißt es so schön: Jetzt erlegen wir zuerst den Bären und verteilen dann sein Fell.

Zusammenfassend, welche Argumente gibt es die Merkur-Bank-Aktie zu kaufen?
Es gibt keine dagegen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Podcast zum Interview:

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Merkur-Bank-Aktie: solide Unterstützung, massiver Widerstand

Merkur Bank, Aktie

Bildquelle: Merkur Bank
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