Plusvisionen

Interview Marcus Lingel – Merkur Privatbank // Neue Dividenden-Politik

Marcus Lingel, Merkur Privatbank

Merkur Bank, Copyright Quirin Leppert

Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Marcus Lingel, persönlich haftender Gesellschafter der Merkur Privatbank. Durch die Teilübernahme der Bank Schilling und die Verwerfungen der Pandemie war er als Bankier sehr gefordert. Dennoch hat er das Bankhaus auf Wachstumskurs gehalten. Nach der Pandemie möchte Marcus Lingel die Dividenden-Politik des Hauses überdenken. Plusvisionen fragt nach wie es weitergeht.

Herr Lingel, die Merkur Privatbank hat inzwischen eine Bilanzsumme von 2,7 Milliarden Euro und eine Kreditbeanspruchung von 2,2 Milliarden Euro. Das harte Eigenkapital der Bank beträgt 140 Millionen Euro. Gleichzeitig bestehen aufgrund der Pandemie Risiken für die Konjunktur. Können Sie noch ruhig schlafen?
Immer besser. Wobei beim Eigenkapital noch das sonstige Kernkapital in Höhe von rund 42,9 Millionen Euro hinzugerechnet werden sollte.

Aber es sollte gar nicht um die letzte Million gehen, sondern generell um die Relation.
Wir messen unsere Risiken indem wir unsere Kredite mit Ausfallwahrscheinlichkeiten bewerten. Danach beziffern wir aktuell unsere Risiken auf rund 6,5 Millionen Euro. Dagegen stand auf der Ertragsseite 2020 ein Ergebnis von 19,3 Millionen, eine Risikovorsorge in Höhe von 5,6 Millionen Euro und eine Zuführung in 340g-Rücklagen von 2,8 Millionen Euro – allein aus dem Ertrag erwirtschaftete die Bank ein Risikovolumen von knapp 28 Millionen Euro. Das ist als Deckungsmasse da, bevor überhaupt Kapital angegriffen werden muss. Ja, wir als Bank haben die Aufgabe mit dem Eigenkapital zu wirtschaften – und ich würde sagen: Das Haus steht risikotechnisch so gut da wie noch nie.

Wie sehen Sie die konjunkturelle Entwicklung und welche Auswirkungen könnte das auf die Merkur Privatbank haben?
Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass es nach der Pandemie einen konjunkturellen Aufschwung geben wird. Schwierig könnte es im Hotel- und Gaststättengewerbe bleiben. Allerdings ist die Merkur Privatbank in diesen Segmenten kaum investiert. Wir sind nach wie vor spezialisiert auf den Wohnungsbau; der Gewerbebereich macht bei uns rund zehn Prozent aus. Letztlich sehe ich eine gute Chance, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen und ein verlässlicher Finanzierungspartner bleiben.

Der Wohnungsbau boom nach wie vor. Wie geht es aus Ihrer Sicht weiter?
Der Bedarf in Ballungsräumen ist noch immer gewaltig und dadurch bleibt Bauen eine brisante sozialpolitische Frage. Letztlich hilft nur bauen diese zu lösen. Wir überlegen deshalb sogar unser Geschäft in diesem Bereich geografisch zu erweitern. Beispielsweise ist das Rhein-Main-Gebiet für uns sehr interessant.

Jüngst sind die Zinsen etwas angestiegen. Haben Zinssteigerungen auch einen positiven Effekt auf die Merkur Privatbank?
Ja, allerdings ist unser Zinsänderungsrisiko eher gering. Wir gehen zudem davon aus, dass die Zinssteigerungen begrenzt bleiben werden, weil die Notenbanken ihre expansive Politik fortführen müssen. So bleiben als Anlagemöglichkeiten oft nur Aktien und Immobilien – von beiden Assets können wir profitierten.

Sie haben die Risikovorsorge erhöht. Warum?
Aktuell stehen in unseren Büchern kaum Risiken, die hätten abgedeckt werden müssen, aber wir wollten für Eventualitäten der Zukunft gewappnet sein.

Welche Strategie haben Sie für die Merkur Privatbank für die kommenden zwei bis drei Jahre? Wachstum oder Konsolidierung?
In der innerbetrieblichen Prozesswelt, gerade mit Blick auf die erfolgte Übernahme der Bank Schilling, setzen wir die Konsolidierung fort, aber insgesamt wollen wir wachsen. Wir haben insbesondere in der Vermögensanlage noch einen großen Hebel zum Zulegen.

Haben Sie Zielzahlen für die Vermögensverwaltung?
Wir streben, um mal eine Zahl zu nennen, in diesem Jahr ein Netto-Volumen von mindestens 100 Millionen Euro an. In den ersten zwei Monaten hatten wir schon 30 Millionen Euro und es wurden 160 neue Depots eröffnet, was auch auf unser erweitertes Filialnetz und unser verstärktes Marketing zurückzuführen ist. Wir haben mit unserem unternehmerischen Banking ein Alleinstellungsmerkmal. Das wollen wir verkaufen.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Bank?
In regulatorischen Veränderungen wie das anstehende Basel IV. Ein Spezialinstitut können solche neuen Regelungen immer extrem treffen oder beflügeln.

Die Regulatoren sehen es aktuell nicht sonderlich gerne, wenn Banken Dividenden ausschütten. Die Merkur Privatbank hat für das Geschäftsjahr 2019 dennoch 32 Cent je Aktie ausgezahlt. Wie sieht es für das abgelaufene Geschäftsjahr 2020 aus?
Der Aufsichtsbehörde habe ich im vergangenen Jahr signalisiert, dass wir unsere Kapitalquote und unsere Risiken im Griff haben. Da kann es nicht sein, dass der Aktionär leer ausgeht. Ich werde auch in diesem Jahr wieder für eine Dividende kämpfen. Wir wollen in diesem Jahr eine Dividende ausschütten, über die Höhe muss noch entschieden werden.

Generell wollen Sie eine neue Dividenden-Politik entwerfen. Konkret?
Die Dividenden-Politik kommt aus einer Zeit vor der Übernahme. Wir wollen nach der Pandemie eine Anpassung der Mindestdividende und der Ausschüttungsquote vornehmen, schließlich haben wir eine sehr viel höhere Anzahl von Aktien nach der Kapitalerhöhung. Ich möchte das neu kalibrieren, aber nicht zum Nachteil unserer Aktionäre.

Ausblick für 2021?
Wir sind die ersten beiden Monate sehr gut gestartet. Ich erwarte ein gutes erstes Quartal und bin optimistisch für das Jahr.

Zahlen wollen Sie nicht nennen?
Nein, dafür ist mir die Welt zu unsicher. Es wird nicht schlechter werden als 2020.

Herr Lingel, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.

 

Bildquelle: Merkur Privatbank, Copyright Quirin Leppert
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