Plusvisionen

Besser Value-Aktien finden

Welcher Aktionär sucht nicht danach: Unternehmen mit einem hohen Wert, der sich aber (noch) nicht im Aktienkurs niederschlägt. Ein Euro Unternehmenswert an der Börse für 50 Cent kaufen, so wie es uns Warren Buffett, der legendäre Value-Investor vorgemacht hat. Ein probates Mittel dieses Value-Aktien aus dem gewaltigen Aktienuniversum herauszufiltern ist (bislang) das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Beispiel: Der Buchwert einer Aktie beträgt 100 Euro. An der Börse notiert sie aber nur zu 70 Euro. Das KBV wäre demnach 0,7. Jeder Euro Buchwert würde am Markt lediglich 70 Cent kosten – ein Schnäppchen. Doch gibt es besser Methoden Value-Aktien zu finden?

Eine aktuelle Studie präsentiert die erste umfassende Langzeit-Untersuchung von 1981 bis 2010 der Prognosefähigkeit des sogenannten Enterprise Multiple (EM) und seiner Qualität hinsichtlich der Analyse von Aktienrenditen. Das zentrale Ergebnis: Der Enterprise Multiple-Ansatz übertrifft den traditionellen Value-Ansatz auf Basis des Buch-zu-Marktwert-Verhältnis (Kehrwert des KBV) in jeder Hinsicht und stellt somit ein robusteres Maß dar, welches nachhaltig imstande ist, das bislang gängige Maß abzulösen.

Die Studie „The Enterprise Multiple Investment Strategy: International Evidence“ von Sebastian Lobe von der WHL Wissenschaftliche Hochschule Lahr und Christian Walkshäusl von der Universität Regensburg zeigt, dass der Enterprise Multiple (EM) – das ist der Wert der Stammaktien plus Fremdkapital und Wert der Vorzugsaktien abzüglich liquider Mittel und kurzfristiger Finanzanlagen geteilt durch den Erfolg vor Zinsen, Steuern und Abschreibung – ein genaueres und robusteres Value-Bewertungsmaß darstellt. EM hat beste Chancen einen Paradigmenwechsel in der Wissenschaft herbeizuführen.

Plusvisionen hat bei Sebastian Lobe, Inhaber des Lehrstuhls Finance and Banking II an der WHL Graduate Scholl of Business an Economics, nachgefragt:

Was genau ist der Vorteil der EM-Methode (EMM)?
Die mit der EM-Strategie erzielbaren Aktienrenditen sind sehr hoch, sind bis zu fünf Jahre andauernd, treten in Industrie- und Schwellenländern auf, und sind gleichermaßen bei großen und kleinen Firmen vorhanden. Der Enterprise Multiple-Ansatz übertrifft den traditionellen Value-Ansatz auf Basis des Buch-zu-Marktwert-Verhältnis in jeder Hinsicht und stellt somit ein robusteres Maß dar.

Warum ergeben sich Vorteile gegenüber KBV oder Tobin Q?
Die Studie analysiert die EM-Strategie im Vergleich zu der klassischen Strategie basierend auf dem Buch-zu-Marktwert-Verhältnis (Kehrwert von KBV). Ein wesentlicher Vorteil ist, dass die EM-Strategie eine höhere Rendite als die KBV-Strategie bei geringerem Risiko liefert.

Was macht EMM überlegen gegenüber dem KBV?
Die EM-Strategie kann zudem weitere Kapitalmarktanomalien besser erklären als die KBV-Strategie. Letztlich gibt es Hinweise, dass die EM-Strategie gepreistes Kapitalmarktrisiko darstellt im Gegensatz zu der KBV-Strategie.

Warum ist die EMM leicht anzuwenden als das KBV?
Der Vorteil ist, dass die EM-Strategie mit kleinen und großen Firmen funktioniert, während die KBV-Strategie ihre Überrendite vor allem durch kleine Firmen erzielt. In kleine Firmen zu investieren ist aber relativ teuer, da diese Titel in der Regel illiquide sind und beim Handel hohe Transaktionskosten verursachen.

Was sagt der EM konkret aus?
Für wie viele Jahre muss der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) verdient werden, um den Unternehmensgesamtwert (Enterprise Value) zu rechtfertigen?

Was konkret sind die Ergebnisse der Studie in Zahlen, also welche Renditeunterschiede ergeben sich bei den beiden Methoden?
Die EM-Strategie liefert 11,64 Prozent pro Jahr im Gegensatz zur KBV-Strategie mit 8,64 Prozent pro Jahr – international, über die vergangenen 30 Jahre. Die Differenz beträgt somit drei Prozentpunkte. Das Sharpe Ratio beträgt 0,22 gegenüber 0,10.

Noch eine allgemeine Frage: Um wie viel höher ist die durchschnittliche Rendite von Value-Aktien gegenüber Growth-Aktien?
Value kommt auf 14,88 Prozent pro Jahr im Vergleich zu Growth mit 3,24 Prozent pro Jahr – international, über die vergangenen 30 Jahre. Eine satte Differenz von 11,64 Prozentpunkten.

 

Die Studie „The Enterprise Multiple Investment Strategy: International Evidence“ von Sebastian Lobe von der WHL Wissenschaftliche Hochschule Lahr und Christian Walkshäusl von der Universität Regensburg ist vom Journal of Financial and Quantitative Analysis (JFQA) nach einem mehrstufigen über zwei Jahre dauernden Begutachtungsprozess angenommen worden: http://depts.washington.edu/jfqa/forthcoming.html. Das Journal zählt zu den vier besten Financial Economics-Journalen weltweit und belegt somit die wissenschaftliche Exzellenz dieser Forschung auf international höchstem Niveau. Es erhält im Jahr etwa 1.000 Einreichungen und hat eine Ablehnungsquote von rund 95 Prozent.

 

Bildquelle: Andrea Damm  / pixelio.de [bearbeitet]

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