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Interview Arne Dehn – Stemmer Imaging // Wir spielen in der Champions League

STEMMER IMAGING Arne Dehn

Bildquelle: STEMMER IMAGING Arne Dehn

Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Arne Dehn, den CEO des Bildverarbeitungsspezialisten STEMMER IMAGING, über den Schub durch die Elektromobilität, zweistellige Wachstumsraten im Bereich Artificial Vision, die globale Liefersituation und das Mittelfristziel von 20 Millionen Euro beim operativen Ergebnis (Ebitda). Das Unternehmen ist mit einem deutlichen Anstieg bei Auftragseingang, Umsatz und Profitabilität ins Geschäftsjahr 2021 gestartet.

Herr Dehn, industrielle Bildverarbeitung, was ist das überhaupt?
Industrielle Bildverarbeitung unterstützt, mittels geeigneter Hard- und Software mit intelligenten Bilddaten, sogenannter Smart Data, industrielle Prozesse und hilft Geschäftsmodelle zu verbessern und nicht-industrielle Geschäftsmodelle überhaupt erst zu ermöglichen. In der Industrie sprechen wir beispielsweise von Qualitätssicherungsprozessen im Rahmen vom Industrial Internet of Things, im nicht-industriellen Bereich von bilddatenbasierter Analytik wie beispielhaft in der Verkehrssteuerung oder der Sportanalyse. Industrielle Bildverarbeitung hat in einer zunehmenden digitalen und automatisierten Welt nahezu unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten und ist sowohl für industrielle als auch für nicht-industrielle Anwendungen zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil geworden.

Ihr Industrie-Segment entwickelte sich im ersten Quartal besonders stark. Was verbirgt sich konkret dahinter?
In der Tat, wir haben im ersten Quartal ein überdurchschnittliches Wachstum mit unseren industriellen Kunden gesehen – und das über die gesamte Breite der Industrieanwendungen. Zum einen ist hierfür der Nachholeffekt aus dem vergangenen Jahr als Grund zu nennen, nachdem 2020 doch viele Kunden aufgrund der Unsicherheiten Investitionsentscheidungen verzögert haben. Mit der deutlichen Verbesserung des Wirtschaftsklimas werden aufgeschobene Projekte nun umgesetzt. Zum anderen und das freut uns, verzeichnen wir insbesondere im Automobilsektor einen massiven Anstieg.

Durch die Elektromobilität?
Ja, sie sorgt für einen breiten Neuaufbau von modernsten Fertigungen in Europa und davon können wir als Lösungsanbieter besonders profitieren. Den Trend, dass Kunden kürzere und flexiblere Wertschöpfungsketten fordern und schnelle und kompetente Lösungen aus einer Hand haben wollen, decken wir perfekt ab.

Stemmer Imaging hat auch einen Bereich nicht-industrielle Anwendungen – Artificial Vision. Welche Dienste bietet das Unternehmen hier an?
Während wir im industriellen Bereich eine zunehmende Individualisierung von Fertigungsprozessen sehen, also nicht mehr nur Just-in-Time, sondern auch Just-in-Case und damit einen Anstieg von 3D-Anwendungen, ist die Bildverarbeitung im nicht-industriellen Bereich getrieben von technischen Innovationen im Bereich Sensorik und Software.

Ein Beispiel?
Nehmen Sie eine menschliche Zelle, die eben nicht wie ein Industrieprodukt immer gleich aussieht. Hier ist es nunmehr mittels künstlicher Intelligenz und spezieller Sensorik, die sich im Bereich des Nichtsichtbaren abspielt, möglich, innovative Lösungen im Bereich automatisierter Anwendungen mithilfe von Bildverarbeitung zu realisieren.

Weitere Bereiche?
Im Bereich Sport und Entertainment liefern wir Lösungen, bei denen sich die virtuelle Umgebung immer mehr mit der Realität vermischt. Die Unterhaltungsangebote im Bereich Sport nehmen mittlerweile einen festen Platz in unserem Alltag ein. Für uns ist der nicht-industrielle Bereich durch die hohen Wachstumsraten der letzten Jahre ein wichtiger Bestandteil unseres Geschäfts geworden, der mehr als 40 Prozent ausmacht und gleichzeitig zweistellig wächst. Wir haben sehr früh unsere Position im Bereich Artificial Vision eingenommen und spielen hier im wahrsten Sinne des Wortes in der Champions League.

Welche Rolle nimmt Stemmer Imaging bei der Digitalisierung ein?
Intelligente Bilddaten sind eine wichtige Grundlage für die derzeit laufende Digitalisierung von Prozessen in den oben beschriebenen industriellen und nicht-industriellen Anwendungsbereichen. Dezentrale Intelligenz hilft dabei, digitale Daten schon sehr früh im Prozess zu erfassen und somit die gesamte Wertschöpfungskette zu optimieren.

In welchen Bereichen sehen Sie künftig die größten Wachstumschancen und wo könnten die höchsten Margen winken?
Wir haben fünf Wachstumssäulen definiert, die uns in absehbarer Zeit über die Umsatzmarke von 200 Millionen Euro bringen sollen – und das mit einer Ebitda-Profitabilität von mehr als zehn Prozent. Alle fünf Bereiche haben einen klaren Mehrwertansatz und liefern attraktive Margen.

Wie stark ist der Wettbewerb in Ihrer Branche und wie hoch sind die Markteintrittsbarrieren?
Das Unternehmen hat einen starken Markenkern, der in der Branche wahrgenommen und geschätzt wird. Wenn Sie heute über Bildverarbeitung nachdenken und nach Kompetenz bezüglich Know-how, Portfolio und Umsetzungsstärke suchen, sind wir in Europa die erste Adresse. Vor allem das Geschäft in Europa ist regional und dadurch komplex. Wir sehen immer wieder, dass das viele Anbieter mit ihrem durchaus interessanten Angebot vor massive Probleme beim Marktzugang stellt.

Wo hat Stemmer Imaging Wettbewerbsvorteile?
Wir glauben, dass neben unserem Angebot die Art und Weise, wie unsere Kunden mit uns Geschäft machen können, ein wichtiger Unterscheidungsfaktor ist. Darüber hinaus haben wir ein herausragendes Lösungsportfolio, was es in der Tiefe und Breite so nicht noch einmal gibt. Auch das ist Umsetzungskompetenz, die uns unterscheidet.

Im ersten Quartal 2021 ist der Umsatz von Stemmer Imaging im Jahresvergleich von 29,2 auf 31,7 Millionen Euro gestiegen. Gleichzeitig verbesserte sich der Betriebsgewinn – Ebit – von minus 0,4 auf plus 2,0 Millionen Euro. Was sind die Gründe?
Wir sind gut in das Geschäftsjahr gestartet und konnten den Aufwärtstrend aus dem zweiten Halbjahr 2020 weiter fortsetzen. Sowohl beim Auftragseingang – plus 11,9 Prozent – als auch bei der Umsatzentwicklung – plus 8,5 Prozent – im Vergleich zum Vorjahr liegen wir über dem Branchendurchschnitt – und das bei einer verbesserten Bruttomarge von mehr als 39 Prozent. Wir haben im vergangenen Jahr unser Angebot geschärft und gleichzeitig unsere Kostenbasis verbessert.

Umsatz und Ergebnis erwarten Sie im laufenden Geschäftsjahr nun am oberen Ende der Prognosebandbreite. Was lässt Sie so zuversichtlich auf den weiteren Jahresverlauf blicken?
Die industrielle Bildverarbeitung hat durch die Corona-Krise zwar temporär eine Wachstumsdelle in 2020 gesehen, aber am positiven Gesamttrend der Branchen hat sich nichts geändert. Wir glauben sogar, dass der Trend zur Automatisierung und Digitalisierung sich dadurch verstärkt hat. Die positive Wirtschaftsstimmung hat die Investitionsbereitschaft wieder belebt und das erste Quartal hat bewiesen, dass die Nachfrage nachhaltig anzieht. Wir sind optimistisch, dass wir in 2021 eine vollständige Erholung sehen werden.

Fürchten Sie um Ihre Lieferkette? Bei Ford stehen derzeit die Bänder still, weil Halbleiter fehlen.
In der Tat ist das Thema der globalen Liefersituation ein Unsicherheitsfaktor, der sich nachteilig auf das nächste und übernächste Quartal auswirken kann. Unsere enge Partnerschaft mit unseren Kunden und Lieferanten hilft uns, das Angebot mit dem Bedarf zu priorisieren. Das ist ein weiteres gutes Beispiel dafür, wie Unternehmensgröße und Stabilität zu einem Wettbewerbsvorteil werden. Nach dem zweiten Quartal normalisiert sich die Situation hoffentlich.

Wie sind die mittelfristigen Aussichten?
Wir haben unsere Mittelfrist-Strategie in 2019 festgelegt und sehen uns in der Umsetzung auf Kurs. Vergangenes Jahr haben wir – durch die externen Umstände – gesehen, dass wir mit unserer Strategie richtig liegen und haben uns nicht von den kurzfristigen Themen ablenken oder gar abbringen lassen. Wir sind überzeugt, dass wir als Mittelfristziel die Ebitda-Marke von 20 Millionen Euro erreichen werden.

Herr Dehn, besten Dank für das Interview.

Bildquelle: STEMMER IMAGING
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