Plusvisionen

Ich investiere in …

Auch in diesem Jahr vergibt die comdirekt auf der re:publica den Finanzblog Award für den auch Plusvisionen nominiert ist. In der Blogparade kann man sagen, welche Bedeutung Geld für einen persönlich hat, was zählt, wie man investiert – und man soll den Halbsatz „Ich investiere in …“ ergänzen.

Es gibt ja diese schöne Idee von Fritz Roth mit dem „Koffer für die letzte Reise“, woraus ein Buch und Ausstellungen entstanden sind. Es gilt eben, diesen Koffer für die allerletzte Reise zu packen. Was wäre darin? Was würde man mitnehmen wollen von dieser Welt?

Meist sind es wohl eher die schönen Erinnerungen, die uns fesseln und auch zu dem machen, was wir sind. Der erste Liebesbrief, Bücher, Teddybär, Bilder, das Lieblingsshirt … Geld? – Sieht man in den Koffern eher weniger oder gar nicht. Wenn uns Geld so wichtig wäre, könnte man ja annehmen, dass jeder Koffer voller Geld wäre? Oder ist Geld (im Jenseits) peinlich?

Mein Vater litt in seinen letzten Jahren an Demenz. Er war immer ein begeisterter Börsianer, mathematisch begabt, wirtschaftlichen und politischen Dingern sehr zugetan. Aber am Ende waren selbst einfachste Rechenaufgaben zu viel für ihn. Was blieb beim Rückzug aus dieser Welt, war sein Umfeld, das Jetzt, weil auch die Erinnerungen schwanden. Aber er brauchte sich um seine Finanzen keine Sorgen machen – was er ohnehin nicht mehr konnte – er hatte sich durch Investments vor allem in Aktien und Anleihen ein finanzielles Poster geschaffen, das ihn in seinem bescheidenen Lebensstandard absicherte. Seine Investitionen hatten sich somit gelohnt, finde ich.

Geld ist für mich Mittel zum Zweck. Mit Geld kann man sich Wünsche erfüllen und einen gewissen Grad an Freiheit und Unabhängigkeit erreichen. Luxus ist schön, muss aber für mich nicht sein. Ich mag schöne Dinge, die nicht unbedingt teuer sein müssen. Geld kann aber auch Unfreiheit bedeuten, wenn das Geldmehren zu fixen Idee wird. Geld muss dienen, wie der neue Pontifex sagt – und ich möchte nicht dem Geld dienen.

Ich mag die Idee des Post-Materialismus, auch wenn ich dem Geld längst nicht abgeschworen habe. Ich stehe im Leben. Geld ist als kompatibles Zahlung(Tausch)mittel und Wertaufbewahrungsmittel wichtig und notwendig – aber ich will nicht ausschließen, dass der Menschheit irgendwann einmal vielleicht noch etwas anderes einfällt als Geld. Heute brauchen wir es, weil wir nichts Besseres haben.

Mit Geld lassen sich wunderbare Innovationen finanzieren und vorantreiben. Spekulationsblasen sind meist hervorragende Innovationstreiber, man denke nur an die Eisenbahnblase, die Radioblase, die PC-Blase, die Biotech-Blase, die Internet-Blase … Ich finde es deshalb seltsam, wenn sich die Menschheit damit beschäftig, beispielsweise mit viel Aufwand und Umweltverschmutzung Gold aus dem Boden zu holen, dieses einzuschmelzen und dann wieder in Kellern verschwinden zu lassen. Wozu das? Nur weil Gold ein rares Gut ist. Gold als Anlage definiert sich nur über seine physische Knappheit, nicht jeder kann es haben und das macht es, irgendwie, unsympathisch, auch wenn es als Schmuck schön anzusehen ist.

Mir gefällt deshalb grundsätzlich auch unser Fiat-Geldsystem, bei dem Geld quasi aus dem Nichts geschaffen wird, durch Kreditvergabe, um vielleicht etwas Neues zu finanzieren. Sehr schön. Und alles basiert auf Vertrauen. Wenn wir uns nicht mehr vertrauen – man denke an die Finanzkrise 2008 – dann bricht alles zusammen. So werden wir zu einer verschworenen Vertrauensgemeinschaft. Bei Gold-Geld ist das nicht notwendig, es braucht kein Vertrauen, sein hinterlegter Glanz ist sein Wert, was es aber dennoch ein wenig emotionslos macht. Spannend finde ich auch Kryptowährungen wie Bitcoins, die durch Algorithmen entstehen, das könnte die nächste Evolutionsstufe des Geldes sein.

Die wichtigsten Investition sind sicher die in Gesundheit, Kinder und Bildung – und auch dafür ist Geld notwendig, ohne Zweifel. Ohne Gesundheit wird sehr schnell alles andere unwichtig. Kinder sind einfach Zukunft. Wissen ist die Voraussetzung, um durch die Welt zu kommen.

Mein Vermögensaufbau? Ich habe mir vor einigen Jahren eine Wohnung in München gekauft. Aus heutiger Sicht war das eine grandiose Investition. Ich lebe mit einer Familie quasi mietfrei plus Wertsteigerung in dieser Stadt – und bei Nullguthabenzinsen gibt es auch keine Opportunitätskosten. Ansonsten: Aktien und ETFs. Meiner Tochter habe ich zur Geburt ein diversifiziertes ETF-Depot eingerichtet und seitdem nicht mehr verändert. Ich finde, Geldanlage sollte kein Hobby sein, weil Hobbys in der Regel teuer sind; wer ständig an seinem Depot rumfummelt, macht es vermutlich (muss nicht sein) zu seinem Hobby.

Und was käme in meinen Koffer? Wenig. Sehr wenig. Ich mag möglichst unbeschwert durchs und aus dem Leben gehen.

 

Bildquelle: Dieter Schütz  / pixelio.de
Exit mobile version