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Interview Frank Niehage – FlatexDegiro // Deutliches Wachstumspotenzial

FlatexDegiro Frank Niehage

Bildquelle: FlatexDegiro

Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Frank Niehage, CEO beim Online-Broker FlatexDegiro. Durch die Übernahme von Degiro im vergangenen Jahr ist das Unternehmen zu einer europäischen Brokerage-Größe herangewachsen. Der Expansionskurs ist damit aber noch nicht beendet. Niehage sieht noch weiteres Wachstumspotenzial und auch das Potenzial für einen Aufstieg in den DAX-40.

Die EZB verfolgt weiter eine Politik des billigen Geldes und der DAX steigt kräftig. Zufrieden?
Natürlich ist es so, dass die Nullzinspolitik den ein oder anderen überlegen lässt, ob er nicht doch besser in Aktien investieren sollte. Das kommt zweifellos auch FlatexDegiro zugute. Allein im Januar haben wir mehr als 130.000 Kunden gewonnen und es wurden über unsere Plattform gut elf Millionen Trades abgewickelt. Mit diesem Trend sind wir sehr zufrieden.

Wie wichtig sind Schwankungen an den Börsen – Volatilität – für das FlatexDegiro-Geschäftsmodell?
Wir hatten bis März 2020 lange eine recht niedrige Volatilität. Mit Verschärfung der Pandemie nahmen die Schwankungen an den Börsen rasant zu. Und ja, so tragisch die Pandemie ist, sie ist ein Katalysator für die Volatilität – und diese ist gut für unser Geschäft. Die spannende Frage ist nun: Wird die Volatilität nach der Pandemie wieder sinken? Voraussichtlich ja. Es bleiben aber die Megatrends Home Office und Online-Affinität, was auch zu einer Zunahme des Online-Bankings und des Online-Tradings führt. Diese Trends und das Niedrigzinsumfeld sind wesentliche Treiber unseres Kundenwachstums. Deshalb werden wir auch Wachstum haben, wenn die Volatilität wieder zurückgeht.

FlatexDegiro hat eine Vision 2025. Welche Ziele sind damit verbunden?
Wir haben das Ziel von über drei Millionen Kunden bis spätestens 2025 ausgegeben. Dann wickeln wir selbst in Jahren mit niedriger Volatilität mindestens 100 Millionen Trades ab.

Ist das Unternehmen auf einem guten Weg?
Nach den guten Januar-Zahlen haben wir unsere Guidance für dieses Jahr angehoben: Wir wollen in diesem Jahr 75 bis 90 Millionen Trades abwickeln und 550.000 bis 750.000 Neukunden gewinnen. Voraussichtlich können wir unseren Kundenstamm auf 1,8 bis 2,0 Millionen Kunden steigern. Würden die zwei Millionen Kunden nur 50 Trades abwickeln – wir rechnen derzeit mit durchschnittlich 50 bis 55 Trades – wären schon 100 Millionen Trades erreicht. Das könnte auch ein Grund für das kürzlich angehobene Kursziel von 118 Euro des Analysehauses Jefferies sein.

Sie haben die App Flatex-next auf den Markt gebracht. Wen wollen Sie damit ansprechen?
Flatex startete vor 16 Jahren für sehr tradingaffine Anleger. Davon gibt es in Deutschland etwa 1,5 bis 2,0 Millionen. In diesem Segment waren wir bekannt und hatten einen Marktanteil von 20 bis 25 Prozent, je nach Betrachtung. Irgendwann wollten wir auch die Kundenschicht darüber haben, die vielleicht nur 20 oder 30 Mal im Jahr handelt. Diese Investoren sind im Durchschnitt aber nicht ganz so versiert wie die ursprünglichen Flatex-Trader, weshalb wir ein Produkt auf den Markt bringen wollten, das es auch dem nicht so erfahrenen Anleger erlaubt, einfach und intuitiv an der Börse zu investieren.

Hat dieses neue Produkt Ihre Erwartungen erfüllt?
Wir wollen Flatex in die nächste Generation und Dimension bringen. Die App Flatex-next war der erste Schritt: Sie soll der wachsenden Mobilität der Anleger Rechnung tragen. Mit der App gibt es nun eine komplett digitale Antragsstrecke. Wir wollen ein Community Chat Board einführen, auf dem sich Kunden untereinander austauschen können, um Fragen beantwortet zu bekommen, was das Call Center entlasten würde, sodass sich die Mitarbeiter anderen Themen widmen könnten. In den nächsten Quartalen werden noch einige Dinge im Zusammenhang mit der App kommen. Ja, ich bin sehr zufrieden mit den Anfängen. Und grundsätzlich wollen wir die App auch in anderen Ländern ausrollen.

Wo sehen Sie weiteres Wachstumspotenzial für das Unternehmen?
Wir legen sehr viel Wert darauf, dass wir fokussiert bleiben. Das heißt für die kommenden Monate: Wir werden die Übernahme von Degiro konsolidieren und Synergien heben. Wir rechnen mit mehr als 30 Millionen Ebitda-Potenzial im Jahr. Aber natürlich denken wir auch über Produktergänzungen wie beispielsweise Digitalwährungen nach, doch diese Themen haben sicher erst im zweiten Halbjahr 2021 eine höhere Priorität. Das größte Wachstumspotenzial sehen wir jedoch in den, wie wir es nennen, unterentwickelten G7-Ländern: Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Spanien, Portugal und Frankreich. Dort liegt die Online-Brokerage-Durchdringung im Schnitt gerade erst bei acht Prozent.

Derzeit beträgt die operative Marge von FlatexDegiro rund 40 Prozent. Ist da noch eine Steigerung möglich?
Ja, unsere Ebitda-Marge wird noch besser, sie dürfte künftig eher bei 50 Prozent liegen. Der wichtigste Hebel ist dabei die Skalierbarkeit unserer Plattform.

Und ein neues Gebührenmodell?
Das steht derzeit nicht an. Aber wenn beispielsweise Degiro in manchen Ländern nur einen Euro mehr pro Trade nehmen würde – in fast allen Ländern sind wir mit Degiro der mit Abstand günstigste Online-Broker – würde das bei 30 Millionen Trades auch 30 Millionen Euro Mehreinnahmen bedeuten.

Wer sind die Wettbewerber?
Was in der jüngsten Vergangenheit deutlich geworden ist: Neben dem Preis spielt auch die Qualität eine sehr wichtige Rolle. Wir haben in den vergangenen Jahren rund 30 Millionen Euro in unsere Plattform investiert, was zu einer hohen Stabilität geführt hat. Qualität bedeutet auch: mehrere Börsenplätze im Angebot. Letztlich kommt es auf ein gutes Paket aus Preis, Produkt und Plattform an, das wir sowohl mit Flatex als auch mit Degiro bieten. Zudem macht es einen Unterschied, ob Anleger bei einem Broker Kunde sind, der in einem Land unterwegs ist und über wenig Eigenkapital verfügen oder, wie wir, in 18 Ländern agiert und über ein Eigenkapital von 450 Millionen Euro verfügt. Wir nehmen den Wettbewerb ernst, sehen uns aber gegenüber etablierten Konkurrenten oder den sogenannten Neo-Brokern gut gewappnet.

FlatexDegiro hat an der Börsen inzwischen einen Wert von 2,5 Milliarden Euro. Haben Sie schon die 3,0-Milliarden-Marke im Visier? [A.d.R.: Als wir zum ersten Mal mit Frank Niehage sprachen – hier – lag die Marktkapitalisierung bei gut 400 Millionen Euro und FlatexDegiro hieß noch FinTech Group.]
Das nächste Ziel ist vom SDAX in den MDAX aufzusteigen. Wenn sich unsere Marktkapitalisierung und der Freefloat weiter so entwickeln, dann könnte das in diesem Jahr passen. In den kommenden drei bis fünf Jahren könnte FlatexDegiro sogar ein DAX-40-Unternehmen werden. Das Potenzial ist da. Wir haben auf der letzten Hauptversammlung alle Kapitalmaßnahmen von den Aktionären genehmigt bekommen, sodass wir jederzeit in der Lage wären, eine vernünftige Übernahme zu stemmen. Wir verfügen aktuell über rund eine Milliarde Euro Feuerkraft, um auch anorganisch zu wachsen.

 

Bildquelle: FlatexDegiro
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