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Ehrlich Frage // Hat Thomas Piketty mit seiner Kapitalismus-Kritik recht?

Er scheint den Nerv der Zeit getroffen zu haben. Thomas Piketty, französischer Ökonom und Autor des 796-Seiten-Werks „Le capital au XXle siècle“ – „Das Kapital im 21. Jahrhundert“. Bislang ist das Buch in französischer und englischer Sprache erschienen. Im kommenden Frühjahr soll es auch auf Deutsch herauskommen. In der Amazon-Bestseller-Liste befindet es sich seit Wochen ganz oben. Es wurde in den USA auch schon als „Wirtschaftsbuch des Jahres, wenn nicht Jahrzehnts“ bezeichnet.

Doch wo so überschwänglich gelobt wird, gibt es auch Verrisse. Was auch nicht wundert, denn Piketty legt den Finger in die immer offene Wunde des Kapitalismus. Kapitalismus trägt ja immer das Versprechen in sich, dass es jeder schaffen kann, jeder kann nach oben kommen. Zumindest soll jeder (bescheidenen) Wohlstand erreichen können – die saturierte Mittelschicht. Ohne dieses Versprechen kann Kapitalismus nicht funktionieren, weil es der innere Antrieb ist. Zugleich beinhaltet jenes Versprechen auch Freiheit und Demokratie. Ohne Durchlässigkeit wird beides auf Dauer keinen Bestand haben. Nur wenn der Aufstieg gelingen kann, ist die Motivation zum Mitgestalten da. Verkrustung lähmt, siehe DDR.

Nun kommt Piketty und sagt: Leistung lohnt sich doch nicht. Das Versprechen vom Aufstieg sei eine Illusion. Die Vermögenden werden immer vermögender, während die breite Masse nicht an den Wohlstandszuwächsen teilnimmt. Vugo: Der Teufel scheißt auf keinen kleinen Stein. Und Teufel, da schwingt etwas Ungutes mit. Doch es gibt ja auch: Den Seien gibt’s der Herr im Schlaf.

Tatsächlich haben wir derzeit zumindest das Gefühl, dass mit dem guten alten Kapitalismus etwas nicht stimmt. Immobilienkrise, Bankkrise, Bankenrettung, Staatsschuldenkrise. Zweifellos sind viele Banken pleite gegangen und die Anteilseigner haben somit gebüßt, aber es bleibt auch der Eindruck, dass viele davongekommen sind, auf Staatskosten und nun mehr haben als je zuvor. Wurde von unten nach oben umverteilt?

Die 400 reichsten Amerikaner besitzen so viel wie die 150 Millionen ganz unten. Die reichsten 0,1 Prozent in den USA verdienen den Großteil ihre Einkommen aus ihrem Kapital. 1978 hatte ein Durchschnittsamerikaner 48.078 Dollar in der Lohntüte und dein Top-Verdiener 390.000 Dollar. Heute sind es 33.000 Dollar zu 1.100.000 Dollar. Früher Faktor 8, heute Faktor 33.

Wer in den vergangenen 300 Jahren gearbeitet hat, hatte davon im Schnitt und inflationsbereinigt ein bis eineinhalb Prozent Verzinsung im Jahr. Wer dagegen als Besitzer von Grund, Boden, Immobilien oder Maschinen arbeiten ließ, kam auf vier bis fünf Prozent jährlich. Und da ist sie wieder die alte Diskussion, des anderen Kapital-Autoren, Karl Marx, was mehr wert sei, Arbeit oder Kapital?

[highlight]Welche Fragen sollte sich eine moderne Wirtschaftsgesellschaft derzeit stellen?[/highlight]

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Bildquelle: Sven L.  / pixelio.de

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