Plusvisionen

Endlich liberal

Ich empfinde es als Geschenk des Souveräns, als Geschenk der Geschichte. Die FDP, die Partei, die sich als liberal bezeichnet, wird nicht mehr in den Bundestag einziehen. Vielleicht hat der Liberalismus nun in Deutschland wieder eine Chance. Es wäre so notwendig. Ich mag das Liberale und sogar das Libertäre. Tun, was man will. Gibt es etwas Schöneres? Kein Staat mischt sich ein. Keiner Beschnüffelt mich, keiner macht mir Vorschriften, wie ich zu leben habe, was ich zu denken habe, was ich zu essen habe, wie ich mich zu verhalten habe. Wunderbar.

Konsequentialismus und Utilitarismus. Handle so, dass du sehr glücklich wirst! Es gibt bestimmte Bereiche im menschlichen Leben, über die nur das Individuum entscheiden sollte. John Stuart Mill hat im 19. Jahrhundert darüber nachgedacht. Rational ist, wenn das Ergebnis optimal ist. Das Handeln des Einzelnen ist moralisch, gesellschaftlich richtig, wenn die Folgen dieses Handelns für das Wohl aller optimal sind. Adam Smith: Wir handeln oft nicht altruistisch. Wir versuchen unser persönliches Glück zu mehren, frei, aber gerade dadurch werde auch das allgemeine, gesellschaftliche Glück gemehrt. Es sei somit legitim frei sein Glück zu suchen.

Vilfredo Pareto hat das später präzisiert: Ein Pareto-Optimum stelle sich dann ein, wenn es nicht mehr möglich ist, etwas zu verbessern, ohne gleichzeitig etwas anderes zu verschlechtern. Hier geht es um die Balance von Individuum, Gesellschaft und Effizienz.

Der Nobelpreisträger Amartya Sen führt das Paradox des Liberalismus (mit dem Beispiel des Lady Chatterley’s Lover) ein, wonach Liberalismus und ein Pareto-Optimum nicht vereinbar seien. Sen geht es außerdem nicht um die Verteilung von Gütern (Einkommen), sondern von Verwirklichungschancen, die über die Qualität des Lebens, über die Zufriedenheit entscheiden. Auch Menschen mit hohem Einkommen können unzufrieden und unglücklich sein. In seiner ökonomischen Gedankenwelt wird der Mensch eben nicht nur von egoistischen Interessen getrieben, sondern auch andere Werte für Handeln maßgeblich sind.

Sind Freiheit und Ordnung überhaupt vereinbar, fragte einst Walter Eucken, der Vordenker der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland? „Freiheit und Ordnung sind kein Gegensatz. Sie bedingen einander.“ Der Markt sei nicht moralfrei, erklärt der Philosoph Julian Nida-Rümelin kürzlich auf der Jahrestagung des Finance Forum München.

Freiheit, Ordnung und ein gesellschaftliches Miteinander schließen sich somit grundsätzlich nicht aus. In den vergangenen Jahren wurde Liberalität allerdings viel zu häufig mit bloßem Gewinnstreben gleichgesetzt – Neoliberalität – dazu hat die FDP sicher auch beigetragen. Der liberale Gedanke wurde ausgehöhlt, vielleicht sogar zweckentfremdet. Liberalität ist mehr. Deutschland braucht das. Die Chance ist nun da.

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