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Guido von Schemm: Aktive ETFs – Genmanipulation in der Finanzindustrie

Eine Außenvision von Guido von Schemm, Geschäftsführer der Vermögensverwaltungsboutique Merito Asset Management. Er beschäftigt sich mit der individuellen Verwaltung von Vermögen und der optimalen Produkte dafür.

Während viele Exchange Traded Funds (ETFs) Aktien- und Anleiheindizes abbilden, hat sich die Fondsbranche etwas Neues einfallen lassen. Mithilfe von aktiven Indexfonds sollen die zugrunde liegenden Fonds übertroffen werden. Doch Profis lassen oftmals die Finger von dem noch jungen Produkt. Aus gutem Grund.

ETFs in ihrer Reinform sind Indexfonds, die ständig an der Börse gehandelt werden. In genau dieser einfachen, transparenten Konstruktion begründete sich der Erfolg der Anlageklasse. Der ETF stellte in der komplexen Fondsbranche eine transparente Anlageform dar, über die sich Anleger schnell und effektiv am Markt positionieren konnten. Daraus leiten sich die zwei wesentlichen Erfolgsfaktoren der Anlageklasse ab. Zum einen sind die Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Fonds geringer: Statt eines hohen Ausgabeaufschlags fallen bei ETFs Transaktionsgebühren wie bei Aktien an und die Verwaltungskosten sind niedriger. Außerdem erleichtert der Verzicht auf das aktive Management die Anlageentscheidung, denn es gibt keine Verzerrung durch abweichende Managementleistungen.

Die neuen ETF-Formate bilden nun nicht mehr nur Indizes ab, sondern sollen diese, genau wie herkömmliche aktive Fonds, bei der Performance übertreffen. Der Unterschied zu traditionellen aktiven Fonds liegt nur noch in der Handelbarkeit, der Erfolgsfaktor Indexorientierung wurde gemeinsam mit der Transparenz aufgegeben. Statt täglich einmaliger Kursbestimmung durch den Emittenten wird der Inventarwert wie bei bisherigen ETFs laufend bestimmt. Das ist grundsätzlich von Vorteil, denn so können auch kurzfristige Marktveränderungen für den Ein- oder Ausstieg in die Produkte genutzt werden. Informierte Investoren wissen allerdings, dass auch herkömmliche Fonds größtenteils an der Börse gehandelt werden.

Die Neueinführung der aktiv gemanagten ETFs stellt einen Rückschritt für die Investoren dar. Die gewonnene Transparenz bei ETFs wird aufgelöst, da die Selektion der Anlagealternativen für ETF-Investoren wieder komplexer wird. So ist es durchaus vorstellbar, dass ein Anleger statt eines indexorientierten ETFs versehentlich auf einen aktiv gemanagten ETF zurückgreift, ohne es zu bemerken. Eine Analyse der IVA aus diesem Jahr zeigte, dass gerade einmal 19 Prozent der Fondsmanager ihre Benchmark schlagen. Das Risiko eines bösen Erwachens ist in einem solchen Fall also groß.

Für uns gibt es daher keinen Grund, in aktiv gemanagte ETFs zu investieren. Wer kurzfristige Marktchancen nutzen will, greift besser auf passive Produkte zurück, hier würde eine falsche Positionierung des Managements mehr schaden, als sie nützt. Wer hingegen langfristig auf eine solide Managementleistung setzen will, wählt lieber renommierte Fonds, deren Manager bereits ihr Können unter Beweis gestellt haben und einen positiven Track Record vorweisen können. Bei diesem Investmentansatz ist der Timingfaktor sekundär und lässt die ständige Handelbarkeit in den Hintergrund rücken. Eine langfristige Outperformance ist ein Vielfaches mehr wert, als der kurzfristig gesparte Cent durch einen günstigen Ein- oder Ausstieg.

Die geringen Kosten wie bei Indexfonds werden kaum zu halten sein, ein gutes Management will bezahlt werden. Damit wird langfristig auch dieser Faktor in den Hintergrund treten und zu einer Angleichung der Verwaltungskosten an vergleichbare aktiv gemanagte Fonds führen. Ob die neuen Fonds mit der beschnittenen Transparenz und Alleinstellungsmerkmalen genug Investorengelder einwerben können, um für die Emittenten lukrativ zu sein, bleibt daher abzuwarten.

 

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