Time is Money // Schnell ein paar Fragen an Wolfgang Trier, Vorstandschef bei Softing (517800). Dabei geht es um die Aktualisierung der Jahresziele für 2024, Auftragsverschiebungen ins nächste Geschäftsjahr, die positive Entwicklung im Segment Automotive und das Effizienz- und Fokusprogramm „Core“. Das frische Kapital aus der im September platzierten Kapitalerhöhung hilft Softing, „Produktentwicklungen voranzutreiben und damit das Wachstum für die Zeit vorzubereiten, wenn die Nachfrage wieder steigen wird“.
Herr Trier, bei der Präsentation der Q3-Zahlen am 12. November hatten Sie darauf verwiesen, dass die Zielerreichung der Guidance 2024 „neben dem allgemeinen Umsatzverlauf im letzten Quartal am Abschluss einzelner noch ausstehender großvolumiger und margenstarker Geschäfte“ hängt. Nun mussten Sie die Prognose korrigieren, warum haben sich Ihre Erwartungen an das Schlussquartal nicht erfüllt?
Wolfgang Trier: Das schwierige wirtschaftliche Umfeld in der produzierenden Industrie und im Bereich Automotive prägt derzeit das Investitionsverhalten unserer Kunden. Mehrere Großkunden, die ganz überwiegend langjährige Bestandskunden sind, haben erwartete Produktlieferungen und Lizenzen aus ihren bisherigen Jahresbudgets in das nächste Kalenderjahr geschoben und teils auch gestrichen. Bis vor Kurzem wurde uns noch eine Realisierung zum Ende dieses Jahres in Aussicht gestellt.
Handelt es sich demnach eher um Verschiebungen dieser Orders ins nächste Jahr oder befürchten Sie eine länger anhaltende Nachfrageflaute?
Ich sehe tatsächlich beides. Wir erwarten für den überwiegenden Teil der verschobenen Umsätze eine Beauftragung im kommenden Jahr. Wann genau diese eintreffen, lässt sich derzeit aber noch kaum seriös abschätzen. Gleichzeitig ist die Stimmung sowohl bei der europäischen wie auch bei der nordamerikanischen Industrie derart mau, dass wir Stand jetzt keine relevanten Wachstumsimpulse für die nächsten Monate sehen.
Positiv entwickelte sich in den ersten neun Monaten die Nachfrage und damit die Umsatzentwicklung im Segment Automotive. Wie hat Softing es geschafft, gerade in diesem kriselnden Umfeld ein organisches Wachstum von 16 Prozent zu erzielen?
Wir haben im Bereich Automotive Bestandkunden, bei denen unsere Softwarewerkzeuge exklusiv eingesetzt werden. Dort sind die Umsätze über mehrere Jahre vertraglich gesichert. Darüber hinaus arbeiten wir an einem Großauftrag eines deutschen Premium-Herstellers. Für diesen Hersteller liefern wir die Geräte zur Bedatung der Steuergeräte in den Fahrzeugen während der Fertigung. Die Werke werden nächstes Jahr weiter ausgestattet und hochlaufen. Durch diese Konstellation werden wir komplett gegen den Trend im Markt bei Softing Automotive Electronics im kommenden Jahr ein weiteres Wachstum erleben.
Wie zufrieden sind Sie aktuell mit der Entwicklung des US-Geschäfts? Und erwarten Sie für das kommende Jahr positive Impulse durch den neuen US-Präsidenten Donald Trump?
Die Stimmung bei Industriekunden und Mitbewerbern im US-Raum ist sehr verhalten. Großunternehmen führen auf breiter Basis und in mehreren Wellen Entlassungen durch. Dieser Teil des Geschäfts wird vorerst stagnieren und sogar noch etwas rückläufig sein. Welche Impulse mit echter Wirkung statt nur mit Versprechungen Trump bringen wird, ist mir nicht bekannt. Es fällt mir ohnehin schwer, das Adjektiv „positiv“ mit dem Namen Trump zu verknüpfen. Dennoch: Die USA reagieren im Abschwung wie auch im Aufschwung schneller als alle anderen. Überraschungen sind immer denkbar, zumal durch die Schrumpfungen im laufenden Jahr erste Basiseffekte greifen werden.
Softing ist in den ersten neun Monaten 2024 beim Betriebsergebnis – operatives Ebit – in den negativen Bereich gerutscht. War der ausgefallene Umsatz der alleinige Grund dafür? Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um dem entgegenzusteuern?
Nach einem wirklich guten ersten Quartal im Anschluss an ein Rekordjahr 2023 hatten wir noch auf Wachstum und Ausbau der Mitarbeiter gesetzt, wurden aber konjunkturell auf dem falschen Fuß erwischt. Seit dem Herbst läuft unserer Effizienz- und Fokusprogramm Core. Damit haben wir zunächst über Fluktuationseffekte Mitarbeiter abgebaut und durch striktes Beschaffungsmanagement die nach Covid viel zu reichlich gefüllten Lager ins Visier genommen hat. Bezogen auf Ganzjahreszahlen wird dies in 2025 die Kosten und das gebundene Kapital um mehrere Millionen Euro senken.
Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf 2025?
Das Motto für 2025 scheint mir mehr „durchhalten und konsolidieren“ zu heißen. In unserer gesamten Branche wird bestenfalls im Verlauf der zweiten Jahreshälfte 2025 mit einer Verbesserung der Lage bei unseren Kunden und damit mit einem Anziehen der Nachfrage gerechnet. Bis dahin bleibt nur, über die Kosten zu steuern und sich richtig zu positionieren.
Im September hat Softing eine 10-prozentige Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts im Volumen von 3,8 Millionen Euro zu 4,60 Euro je Aktie platziert. Wer hat die Kapitalerhöhung gezeichnet und wie ist Softing aktuell finanziell aufgestellt?
Die Kapitalerhöhung wurde von einem Schweizer Investor gezeichnet, der bereits seit einiger Zeit bei Softing engagiert ist. Da er selbst in der Industrieautomation tätig ist, bringt er ein gutes Verständnis für unsere Produkte und Dienstleistungen mit. Die zugeflossenen Mittel helfen uns, Produktentwicklungen auch bei stagnierenden Umsätzen voranzutreiben und damit das Wachstum für die Zeit vorzubereiten, wenn die Nachfrage wieder steigen wird.
Trotz des deutlichen Kursrückganges der Softing-Aktie gab es im laufenden Jahr noch keine Insiderkäufe des Managements. Warum?
Für Insiderkäufe gibt es strikte Vorgaben. Gerade bei starken Veränderungen führt das Insiderwissen des Managements schnell zu rechtlichen Konflikten. Daher besteht für regelkonforme Insiderkäufe nur ein recht enges Zeitfenster. Im Übrigen ist das Jahr noch nicht vorbei.
Herr Trier, vielen Dank für das schnelle Interview!