Es klang für uns zunächst ziemlich verrückt, was die börsennotierte Nakiki SE (WNDL30) jüngst ankündigte: Das Unternehmen will eine Anleihe begeben, um mit dem Geld anschließend Bitcoins zu kaufen. Damit ist das Geschäftsmodell schon weitgehend beschrieben: Fremd- und/oder Eigenkapital einsammeln, davon Bitcoin kaufen, und das immer wieder, fertig. Bitcoin-Treasury heißt das. In Deutschland gibt es so etwas noch nicht – im Ausland schon. Und da sind Bitcoin-Treasury-Unternehmen teilweise extrem erfolgreich.
Globales Paradebeispiel für Bitcoin-Treasury ist das ehemalige Softwareunternehmen Strategy (früher MicroStrategy, 722713). Seit das Unternehmen vor rund fünf Jahren begann voll auf Bitcoin zu setzen, avancierte es zum größten börsennotierten Besitzer der Kryptowährung weltweit und bescherte seinen Aktionären ein sagenhaftes Kursplus von mehreren Tausend Prozent. Die Marktkapitalisierung von Strategy liegt bei rd. 90 Milliarden US-Dollar. Der Börsenwert liegt damit um fast 30 Prozent höher als der aktuelle Wert der Bitcoin-Bestände. Eine ähnliche Erfolgsstory legten die Aktien der japanische Metaplanet (A0DNH7) und der französischen Capital B (A1JG36) hin, auch wenn die genannten Papiere seit Sommer wieder massiv unter ihre Höchstkurse gefallen sind.
Nun also Nakiki in Deutschland. Andreas Wegerich, Kapitalmarktprofi und vor Jahren einer der Regenmacher am deutschen Markt für Mittelstandsanleihen, hat den Börsenmantel der ehemaligen Windeln.de gekauft und will jetzt ganz in Bitcoin machen. Dazwischen lag eine kurze operative Irrung und Wirrung im Bereich der Prozessfinanzierung, die aber schnell ad acta gelegt wurde.
Solche radikalen Änderungen im Geschäftsmodell sind für Bitcoin-Treasurer nichts Ungewöhnliches: Metaplanet agierte jahrelang als Hotelbetreiber, bevor das Unternehmen zu einem Platzhirsch der asiatischen Bitcoin-Halter wurde. Dass Wegerich bei Nakiki an seiner Seite den Bitcoin-Youtuber Marc Guillard hat, der als Betreiber von Deutschlands erstem Bitcoin-Hotel Prominenz in der Szene erlangte, dürfte aber nur eine zufällige Koinzidenz sein.
Für die Aktionäre von Nakiki ist die Logik bei einem Investment klar: Grundsätzlich gehen sie natürlich davon aus, dass der Bitcoin langfristig steigt, nur dann ergibt das Geschäftsmodell überhaupt einen Sinn. Zusätzlich müssen Aktionäre darauf spekulieren, dass auch diese Aktie künftig stabil mit einem Aufgeld zum Wert der gehaltenen Bitcoins gehandelt wird, was eine stetige Abfolge aus weiteren Kapitalmaßnahmen und Bitcoin-Käufen ermöglicht. Der Börsenaufschlag auf den Bitcoin-NAV wird übrigens mit regulatorischen und steuerlichen Gründen erklärt, die es für institutionelle Investoren teilweise vorteilhafter machen können, in eine Bitcoin-Treasury-Aktie zu investieren als direkt in Bitcoin.
In eine Nakiki-Anleihe zu investieren, scheint erst einmal merklich weniger Charme zu haben, partizipieren die Gläubiger doch nicht an möglichen Höhenflügen des Bitcoins. Bei näherer Betrachtung kann ein Investment in einen Bitcoin-Bond jedoch für einige Anleger durchaus sinnvoll sein. Eingefleischte Anleihe-Investoren dürften es nämlich zu goutieren wissen, dass ein solcher Bond mit festem Zins fast vollständig bilanziell quasi mit Bitcoins unterlegt sein wird. Bitcoin als Asset ist hochliquide und unterscheidet sich damit u.a. von Immobilien, die bei Anleiheinvestoren als Aktivposten in der Bilanz eines Emittenten durchaus geschätzt werden.
Das größte Risiko für Bond-Investoren besteht mithin in einer nachhaltigen Schwächephase des Bitcoins. Bislang dauerte es noch nie länger als rd. drei Jahre, bis nach einem heftigen Kursrückgang ein neues Allzeithoch des Kryptoassets erreicht wurde. Als Puffer für potenzielle Gläubiger eines Nakiki-Bitcoin-Bonds wäre eine Laufzeit von fünf Jahren deshalb sicher angebracht und selbst der schützt letztlich nicht davor, dass die nächste Abwärtsbewegung deutlich länger dauern könnte.
Wir gehen davon aus, dass dieses Risiko mit einem entsprechenden Zinskupon wird. Unter 9,5 Prozent Zinsen pro Jahr dürfte Nakiki es schwerlich, Anleger gewinnen. Bei einem Zins darüber klingt die Bitcoin-Bond-Idee dann allerdings doch gar nicht mehr so verrückt. Ein Witwen- und Waisenpapier wird das sicher nicht, sondern bleibt spekulativ, und spannend als Firstmover am deutschen Anleihemarkt ist es allemal.


